Spielziel
ZÈRTZ ist das dritte Spiel im Project GIPF, einer Serie abstrakter Brettspiele von Kris Burm.
Beide Spieler versuchen aus einem anfänglich gemeinsamen Kugel-Vorrat die Mehrheit in einer Farbe oder eine Kombination aus allen drei Farben zu sammeln.
Ablauf
Das Spielfeld besteht aus Ringen, die zunächst zu einem Sechseck zusammengelegt werden; je nach Variante benutzt man dafür 37 oder 48 Ringe (in der 2. Auflage sind die für das größere Spielfeld benötigten zusätzlichen Ringe schon enthalten, wer die 1. Auflage besitzt kann das GIPF Set 2 hinzunehmen). Außerdem besteht der gemeinsame Kugel-Vorrat entweder aus 6 weißen, 8 grauen und 10 schwarzen Kugeln oder jeweils einer Kugel weniger pro Farbe (für die Blitz-Variante).
Beginnend mit dem beliebig bestimmten Startspieler wird abwechselnd gezogen.
Ein (freier) Spielzug besteht aus 2 Schritten:
- Eine beliebige Kugel aus dem gemeinsamen Vorrat auswählen und auf einen freien Ring des Spielfeldes setzen,
- und danach einen (nicht von einer Kugel besetzten) Ring vom Spielfeldrand entfernen.
Sollte nach einem solchen Zug eine Situation entstehen, in der mindestens zwei Kugeln auf benachbarten Ringen sitzen und mindestens eine dieser Kugeln die Möglichkeit hat, über die andere Kugel auf einen freien Ring zu springen, so besteht Schlagzwang. Der (erzwungene) Spielzug des dann aktiven Spieler sieht nun folgendermaßen aus:
- Eine der an der Schlagsituation beteiligten Kugeln auswählen,
- und mit dieser Kugel über benachbarte Kugeln springen, um die übersprungenen Kugeln zu schlagen und in den eigenen Vorrat zu nehmen.
- Wenn die springende Kugel keine weitere Kugel mehr schlagen kann, endet der Zug und es wird kein Ring vom Spielfeldrand entfernt.
Aufgabe der Spieler ist es, genau diesen Schlagzwang auszunutzen, um die Positionen der Kugeln auf dem Spielfeld im eigenen Interesse zu kontrollieren.
Außer durch (indirektes) Schlagen von Kugeln kann man aber auch durch Isolieren den eigenen Kugel-Vorrat vergrößern. Wenn am Ende eines (freien) Spielzuges ein Teil des Spielfeldes eine Insel ist, die komplett mit Kugeln besetzt ist, so darf man diese Kugeln sofort dem eigenen Vorrat hinzufügen und die Ringe entfernen.
Sobald ein Spieler die Mehrheit der Kugeln einer Farbe oder 2 bzw. 3 Kugeln jeder Farbe im eigenen Vorrat gesammelt hat, gewinnt er das Spiel. Falls der allgemeine Vorrat aufgebraucht wird, ohne dass einer der Spieler gewinnt, wird mit den Kugeln des jeweils eigenen Vorrats weitergespielt, bis jemand gewonnen hat.
Fazit
Das Material: Das Spielmaterial von ZÈRTZ ist von sehr guter Qualität und optisch sehr ansprechend; die Kugeln sind aus Bakelit, haben ein schönes Gewicht und sehen ein bißchen aus wie Marmor. ZÈRTZ hat übrigens für die Project GIPF Serie bzgl. Material und Ausstattung den Standard gesetzt, denn alle folgenden Spiele (inkl. der zweiten Auflage von GIPF) wurden mit Spielsteinen aus Bakelit und im gleichen Schachtelformat produziert (mit Ausnahme von TAMSK).
Die Regeln: Die Spielregeln sind kurz und gut verständlich - wie bei allen Project GIPF Spielen und vielen abstrakten Brettspielen im Allgemeinen. Ein paar taktische Tipps bzw. eine Beschreibung grundlegender Strategien ist in der Spielregel leider nicht enthalten. Leider, denn bei ZÈRTZ findet man nämlich kaum intuitiv heraus wie man es "richtig" spielt. Andererseits stellt sich natürlich die Frage, ob so etwas überhaupt in eine Spielregel gehört? Wie auch immer, auf der ZÈRTZ-Webseite wird der interessierte Spieler schon seit ein paar Jahren fündig (siehe unten).
Das Spiel: ZÈRTZ überrascht mit erstaunlichen strategischen Möglichkeiten, die man auf den ersten Blick nicht erahnt. Da beide Spieler mit Kugeln aus dem gleichen Vorrat spielen und die jeweilige Spielsituation auf dem schrumpfenden Spielbrett sich nur darin unterscheidet, wer gerade aktiver Spieler ist, kann man den Spielverlauf nur durch Ausnutzung des Schlagzwangs zum eigenen Vorteil beeinflussen. Dabei versucht man durch Isolieren oder indirektes Schlagen wertvollere Kugeln zu sammeln als die, die man dem Gegner dabei opfert. Der momentane Wert der jeweiligen Kugelfarbe ändert sich immer wieder und hängt davon ab, welche Kugeln die Spieler schon gesammelt haben.
Je nach Erfahrung der Spieler spielt sich ZÈRTZ sehr unterschiedlich - Anfänger setzen meistens das Spielbrett voll bis die erste Schlagsituation nicht mehr vermeidbar ist, während "Profis" minutenlang über Spielsituationen grübeln, bei denen sich selten mehr als 3 oder 4 Kugeln auf dem Spielbrett befinden. Der Spielspaß ist deshalb kaum objektiv bewertbar; zumindest macht ZÈRTZ auf Dauer nur dann Spaß, wenn sich die Spielstärken der Kontrahenten nicht zu stark unterscheiden.
Mit einer Spieldauer von ca. 30 Minuten ist ZÈRTZ eine Empfehlung für alle Spieler, die sich für anspruchsvolle, abstrakte Brettpiele mit überschaubarer Spieldauer interessieren. Im Project GIPF ist ZÈRTZ das berechenbarste (und dadurch vielleicht auch das anspruchsvollste) Spiel. Auf jeden Fall ist es ein sehr interessantes Zwei-Personenspiel, das sich perfekt in das Project GIPF einreiht.
Rezension Michael Reitz
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Links
Stephen Tavener's Strategie-Artikel (siehe Link auf http://www.gipf.com/zertz/strategy/strategy.html) ist jedem zu empfehlen, der herausfinden möchte welche strategischen Möglichkeiten sich in ZÈRTZ bieten.