Rezension/Kritik - Online seit 26.02.2017. Dieser Artikel wurde 7989 mal aufgerufen.

Tiefe Taschen

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Autor: Fabian Zimmermann
Illustration: Christian Opperer
Verlag: Fobs Games
Rezension: Hardy Jackson
Spieler: 4 - 8
Dauer: 20 - 50 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2016
Bewertung: 5,0 5,0 H@LL9000
5,0 5,0 Leser
Ranking: Platz 780
Tiefe Taschen

Spielziel

Geld ist bekanntlich Macht, und genau darum geht es in diesem Spiel: Jeder Spieler verkörpert einen korrupten Politiker, der nur ein Ziel verfolgt: sich mit aller Macht die Taschen vollzustopfen, und das möglichst geschickter als die Mitspieler. Dazu darf geblufft, getrickst, erpresst, hintergangen und veruntreut werden, bis der Arzt kommt.

Ablauf

Zu Beginn wird ein Präsident bestimmt, der vom verdeckten Geldstapel eine Anzahl an Gelscheinen aufdeckt, die Werte zwischen 1 und 5 Millionen aufweisen können. Der Präsident muss nun eine Verteilung dieser Gelder vorschlagen - dabei sind seiner Willkür keinerlei Grenzen gesetzt: So dürfen auch Spieler komplett übergangen werden, und der Präsident darf sich soviel Geld selbst zuteilen, wie es ihm beliebt. Bevor die Moneten tatsächlich ausgehändigt werden, muss über den Haushalt noch abgestimmt werden. Dazu legen die Spieler simultan jeweils eine Abstimmungskarte verdeckt aus. Dann wird reihum aufgedeckt: Liegen mindestens so viele "Ja"- wie "Nein"-Stimmen aus, ist der Verteilungsvorschlag angenommen, und alle bekommen das ihnen zugewiesene Geld. Dann beginnt eine neue Runde, der Präsident deckt neue Gelder auf ...

Treten aber in der Abstimmungsphase mehr "Nein"- als "Ja"-Stimmen zutage, wird das Geld nicht ausgehändigt. Stattdessen wird der Präsident abgesetzt, einer der Widersacher wird neuer Präsident und schlägt eine neue Verteilung vor. Der alte Präsident wird dabei nicht mehr berücksichtigt und darf auch nicht mit abstimmen.

Manch ein Spieler hat während der Abstimmungsphase aber krumme Geschäfte im Sinn: Statt sich an der Abstimmmung zu beteiligen, kann der Spieler auch eine Aktionskarte legen, mit der entweder

  • in die Staatskasse greifen kann (sich die oberste Karte vom Geldstapel nehmen),
  • einen anderen Spieler erpressen oder
  • eine Erpressung vereiteln kann.

Vor der Abstimmung hat jeder Spieler daher noch die Möglichkeit, seine Spielfigur vor einen anderen Spieler zu legen. Spielt er anschließend die Erpressungskarte, darf er sich einen Geldschein von diesem Spieler klauen. Es sei denn, dieser hat die Abwehr-Karte gelegt: Dann dreht sich der Spieß um.

Natürlich darf auch verhandelt werden. Es ist sogar erlaubt, Spieler zu bestechen, indem man ihnen dafür einen (geheimen) Geldbetrag anbietet, dass sie in der gewünschten Art und Weise abstimmen. Die Spieler müssen sich so jede Runde entscheiden, ob sie die Abstimmung in ihrem Sinne beeinflussen oder sich lieber um Nebengeschäfte kümmern wollen.

Am Ende wird das Geld gezählt, und der Spieler mit dem dicksten Portemonnaie gewinnt.

Fazit

Das Grundprinzip von Tiefe Taschen dürfte dem einen oder anderen bekannt vorkommen: Schon im Klassiker Junta durfte der Präsident die erhaltenen Entwicklungshilfegelder seiner Bananenrepublk nach Belieben unter den Mitspielern und sich aufteilen. Langwierige Putschversuche und andere Details müssen bei Tiefe Taschen aber nicht ausgespielt werden. Das kleinformatige Kartenspiel dauert daher auch nicht mehrere Stunden, sondern nur etwa eine halbe. Tiefe Taschen nimmt somit quasi die Grundidee von Junta, befreit sie von allem Ballast und reichert sie dafür mit Bluff-Elementen an. So entsteht ein Spiel, das die Thematik nur oberflächlich ankratzt, sich dafür aber sehr flott und fast ohne Wartezeiten spielt.

Die Entscheidungen, die dabei in der Abstimmungsphase zu treffen sind, gestalten sich durchaus knifflig: Stimme ich mit "Nein", wenn der Präsident mich bei der Verteilung vernachlässigt hat und hoffe, dass andere dies ebenso tun? Muss ich gar mit etwas Bestechung nachhelfen, um einen Umsturz herbeizuführen? Oder versuche ich, einem der Begünstigten per Erpressung etwas von seinem Geld zu klauen, in der Hoffnung, dass die derzeitige Koalition von alleine bricht und ich in der nächsten Runde besser bedacht werde? Natürlich kann ich aber auch einem Spieler meine Figur zuordnen, um ihn dazu zu bringen, aus Angst vor der Erpressung die Abwehr zu spielen: Somit wäre schon mal ein Spieler weniger übrig, der sonst womöglich entgegen meinem Interesse abgestimmt hätte.
So ist das Aufdecken der Karten immer mit Spannung verbunden: Ist mein Plan aufgegangen oder wurde ich aufs Kreuz gelegt?

Tiefe Taschen kam in unseren Runden mit 5 oder 6 Spielern noch unterhaltsamer rüber als zu viert, wo die Abstimmung doch teilweise etwas zu leicht auszurechnen ist, insbesondere wenn der Präsident scheitert und anschließend nur noch 3 Spieler für die laufende Runde verbleiben. Testrunden mit 7 oder 8 Spielern kamen leider nicht zustande, es sollte aber auch mit diesen Zahlen ohne größere Probleme funktionieren.
Das Spielmaterial ist etwas reichhaltiger als die kleine Schachtel vermuten lässt: Neben den übersichtlich gestalteten Karten sind auch hölzerne Spielfiguren und Bestechungsmarker enthalten.

Tiefe Taschen ist ein gelungenes kleines Spiel mit solidem Material, leichtem Einstieg und kurzer Spieldauer, das als Absacker oder Aufwärmer für kurzweiligen Spielspaß sorgt. Die Intensität ist dabei natürlich in gewissem Masse davon abhängig, inwiefern die Mitspieler Verhandlungs- und Bluffspiele mögen.

Rezension Hardy Jackson

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Tiefe Taschen: 5,0 5,0, 4 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.02.17 von Hardy Jackson - Tiefe Taschen erinnert von Thematik und Grundidee an den Klassiker Junta, aber auf das wesentlich gekürzt und mit Bluff-Elementen angereichert. So entsteht - in den richtigen Spielrunde - ein sehr kurzweiliges und amüsantes Verhandlungs-, Bluff- und Ärgerspiel, was bestens als Absacker geeignet ist.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 05.08.17 von Mike Keller - Je nach Runde ist es ein wahrer Leckerbissen und macht Spass ohne Ende!
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.11.17 von Michael Andersch - Sehr nettes Bluffspiel und trotz recht ähnlichem Grundfeeling um Klassen besser als das total unplanbare und chaotische "Junta: Las Cartas".
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 19.07.20 von Michael Kahrmann

Leserbewertungen

Leserwertung Tiefe Taschen: 5,0 5.0, 3 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 26.11.16 von Achim Nieder-Vahrenholz - Fünfer Runde, großartig: Bestechung, Erpressung, Bluffen und Mitfiebern auf höchstem (Spass-)Niveau ohne viel Schnickschnack drumherum.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.03.17 von Udo Möller - Tiefe Taschen hat mich sofort überzeugt. Mindestens fünf Spieler sollten es allerdings schon sein, damit es so schön lustig und durcheinander wird. Klappt auch zu siebt ganz prima und kann nur empfohlen werden. Unsere Spielerunden hatten immer viel Spaß mit diesem Spiel.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.08.17 von Dencer - Zwischen 4 und 5 Punkten, nettes Bluffspiel mit Spaßfaktor. Für mich einen Tick zu unberechenbar, eine Drehung zu viel, der 2. Zusatzstein läßt dann zu viele Optionen offen.

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