Rezension/Kritik - Online seit 20.06.2015. Dieser Artikel wurde 6068 mal aufgerufen.

Scheffeln

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Autor: Reiner Stockhausen
Illustration: Christian Opperer
Verlag: dlp games
Rezension: Wieland Herold
Spieler: 2 - 7
Dauer: 20 Minuten
Alter: ab 10 Jahren
Jahr: 2014
Bewertung: 4,0 4,0 H@LL9000
2,0 2,0 Leser
Ranking: Platz 5253
Scheffeln

Spielerei-Rezension

Reiner Stockhausen, der im Augenblick zu Recht für sein Orléans viel Lob erhält, hatte in Essen ein zweites Spiel mit, das – untypisch für ihn – als eher einfaches Familienspiel daherkommt. Der Produktionsweg für das Spiel Scheffeln ist ebenfalls neu für Stockhausen, erstmalig hat der Autor und Verleger sich für die Finanzierung durch Crowdfunding bei der Spieleschmiede entschieden.
Scheffeln spielt in den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts jenseits des Ozeans. Prohibition, Glücksspiel, die wachsende Filmindustrie sind Einnahmequellen für zwei bis vier Spieler. Acht Geschäftsbereiche liegen für den Gelderwerb kreisförmig aus, zugeordnet sind Geldplättchen mit ansteigenden Werten von null bis 16.000 Dollar. Der aktuelle Wert des Geschäftsfelds ist jeweils einsehbar. Die Limousinen von acht Personen stehen zufällig verteilt vor den Häusern. Die Spieler erhalten vier Bewegungskarten und suchen sich danach einen Charakter aus, der hohe Einnahmen verspricht. Denn am Ende der Runde, wenn alle ihre Karten gespielt haben, erhält (fast) jeder in der Scheffelphase die Einnahmen des Hauses, vor dem das Auto seines Charakters steht.
Betrachtet man den Ablauf genauer, fällt auf, dass die erfolgreichen Kamele des letzten Jahres die Karossen der 20er grüßen. Die Huckepacklösung, die in Camel up schön kräftig an den Haaren herbeigezogen war, taucht auch in Scheffeln auf. Hier wird die einzelne Limousine zum Doppeldecker, wenn ein Fahrzeug auffährt. Die Bewegungskarten bringen die Autos in der Regel nur ein Feld voran. Da aber das Auftürmen maximal nur mit zwei Autos möglich ist, können Doppeldecker weite Sprünge machen, sie müssen nämlich auf ein unbesetztes Feld treffen. Wer seine Karte spielt, zieht entsprechend das Auto oder das Stapelfahrzeug voran, sofern die gespielte Karte die Farbe des tragenden Autos zeigt. Er hat aber auch die Möglichkeit, die Karte verdeckt abzulegen, um eine neue Personenkarte aus der Auslage einzutauschen, wenn die eigene wenig lukrative oder gar keine Einnahmen verspricht. Wer nämlich unten im Autoturm steht, geht in der Scheffelphase leer aus. Diese Option des Personenkartentauschs ist nicht in der vierten Kartenspielrunde erlaubt. Die letzte Karte muss daher zur Bewegung gespielt werden. Dabei ist natürlich die Spielreihenfolge von Bedeutung, sodass es notwendig ist, dass der Startspieler wechselt. Sobald vier Geldkarten eines Geschäftsfeldes leer sind, meist in der lukrativen Diamonds Avenue oder am Splendid Boulevard, endet das Spiel und der größte Scheffler gewinnt.
An Randolphs 1973 bei Ravensburger erschienenes Corona (auch Harun, Edition Perlhuhn oder Orbit, Kosmos) erinnert die Tempovariante von Scheffeln. Dabei werden die Geldplättchen zufällig verteilt und sieben Bewegungskarten verdeckt ausgelegt. Diese decken die Spieler in umgekehrter Zugreihenfolge auf, sodass am Ende offenliegt, wie sich die Fahrzeuge bewegen. Wer das am schnellsten im Blick hat, greift die Personenkarte mit der aus seiner Sicht lukrativsten Einnahme, alle anderen versuchen entsprechend wertig zu agieren. Das Spielende ist genau wie im Grundspiel geregelt, da es acht Personenkarten gibt, können hier natürlich auch acht Spieler beteiligt sein.
Die Umsetzung des Spiels ist für einen Kleinverlag in Ordnung, die grafische Gestaltung durch Christian Opperer gefällt mir, er versucht die Stimmung der Zwanziger recht gut einzufangen. Die Fahrzeuge sind schon mit Aufklebern versehene Holzquader, deren Farbzuordnung in den Rottönen allerdings manchen Spielern Probleme bereitet.
Das Würfelglück von Camel up korreliert mit dem Kartenglück der vier Bewegungskarten bei Scheffeln. Soviel lässt sich damit zwar nicht steuern, anderseits geht es ähnlich verrückt wie beim Spiel des Jahres zu, wenn die Doppeldecker bewegt werden. Personenkarten, die anfangs auf einträglichen Geschäftsfeldern stehen, werden meist nicht genommen, da deren Fahrzeuge schnell in die Billigsektoren geführt werden. Reizvoll wirken eher Personen, die auf dem Goldwalk oder Money Drive stehen. Es kommt aber immer wieder zu überraschenden Sprüngen von Doppeldeckern aus der Billigzone, die vom Lucre District plötzlich bis zum Splendid Boulevard springen. Da birgt Scheffeln Überraschungen, die Emotionen ins Spiel bringen. Wer nicht zu viel steuern möchte, sich dem Glück gerne aussetzen mag, Überraschungen liebt, wird Spaß an Scheffeln haben. Die Variante bietet durchaus intellektuellen Reiz, der allerdings dazu führt, dass die großen Einnahmen doch immer wieder bei denselben Spielern landen.

Rezension Wieland Herold

In Kooperation mit der Spielezeitschrift

Spielerei

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Scheffeln: 4,0 4,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 08.06.15 von Wieland Herold

Leserbewertungen

Leserwertung Scheffeln: 2,0 2.0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.07.20 von Dirk Arning - Das Spiel erschien im gleichen Jahr wie das Meisterwerk „Orleans“ desselben Spieleautors, könnte aber kaum unterschiedlicher sein. Scheffeln ist eigentlich abstrakt, die Idee des zentralen Mechanismus nicht schlecht. Insofern mag das Spiel eine „Existenzberechtigung“ haben. Aber nicht in unserem Regal, denn in unserer Runde kam es gar nicht gut an. Bei „Camel Up“ ist die Glückskomponente unterhaltsam, bei "Scheffeln" ärgerlich.

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