Rezension/Kritik - Online seit 01.04.2015. Dieser Artikel wurde 9611 mal aufgerufen.

Panamax

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Autor: Gil d´Orey
Nuno Bizarro Sentieiro
Paulo Soledade
Illustration: Gil d´Orey
Filipe Alves
Verlag: MESAboardgames
Rezension: Michael Timpe
Spieler: 2 - 4
Dauer: 100 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2014
Bewertung: 4,2 4,2 H@LL9000
5,2 5,2 Leser
Ranking: Platz 1111
Panamax
Auszeichnungen:2014, Golden Geek Besest Strategiespiel Nominierung2014, Golden Geek innovativstes Spiel Nominierung2014, Golden Geek Spiel des Jahres Nominierung

Spielziel

Schiffe duch die Schleusen des Panamakanals schieben, Waren ein- und ausladen und damit Geld verdienen. Wer sich statt Schiffen Eisenbahnen vorstellt, denkt sofort an ein 18XX-Spiel, und wer eher an kleine Gummilastwagen auf einer Deutschlandkarte denkt, hat sofort Auf Achse vor Augen. Irgendwo dazwischen bewegt sich Panamax, wobei Spieldauer und Komplexität eher Richtung 18XX gehen.

Ablauf

„Ein Schiff wird kommen, und das bringt mir den Einen …“ trällert es am Spieltisch, den einen Container, „den ich so lieb wie keinen, und der mich glücklich macht“. Bringt immerhin 3 Geld für meine Reederei. So etwa sieht der Start aus bei Panamax, kleine Schiffe, nur ein Container, wenig Geld. Möglichst schnell will ich also größere Schiffe, mehr Container transportieren und viel mehr Geld verdienen. Wobei, Geld verdient erst mal hauptsächlich meine Reederei, reich werden will ich aber persönlich, weil das meiste Privatgeld am Schluss den Sieger ausmacht. Wie stell' ich das also an?

Die verfügbaren Aktionen werden zentral im Spielfeld durch Würfel angezeigt. 16 Würfel werden am Anfang jeder Runde geworfen und nach Augenzahl in sechs Spalten aufgeteilt. Alle Würfel von 1 bis 3 sind Schiffsbewegungen (unterschiedlich viele je nach Position, aber sonst identisch), die Würfel von 4 bis 6 sind jeweils Auftrags- und Verladeaktionen.
In meinem Zug darf ich mir einen Würfel aus einer Spalte nehmen und dann die entsprechende Aktion durchführen.

Eine 1 bis 3 erlaubt mir, ein bis drei Schleusenbewegungen sowie, je nach Lage des Würfels innerhalb seiner Reihe, 1 bis 3 Schiffsbewegungen. Diese Bewegungen sind ein besonderes Moment im Spiel, weswegen ich das hier etwas genauer erläutern will:
Schiffe haben 1 bis 4 Container Ladekapazität und eine entsprechende Größe. Mit einer einzigen Schiffsbewegung kann ich Schiffe mit einer Ladekapazität von zusammen maximal 4 zusammenfassen und bewegen. Schiffsbewegungen führen dabei meistens in Schleusen hinein. Von einer Schleuse zur nächsten oder wieder hinaus kostet Schleusenbewegungen. Auch hier können wieder mehrere Schiffe zusammengefasst werden oder bewegen sich Schiffe in einer Schleusenkammer gemeinsam weiter. Für überraschendes Tempo in der Schifffahrt sorgt der Effekt, dass wenn eine Schiffsgruppe in eine besetzte Schleuse einfahren will, die dort bereits befindlichen Schiffe einfach weitergeschoben werden. Dadurch können sich längere Kettenbewegungen ergeben, die sich nur in den zwischen den Schleusen liegenden Binnengewässern wieder auflösen. Hier können die Schiffe auch wieder neu gruppiert und weiter geschifft werden.
Erreicht ein Schiff das offene Meer, wird die Ladung gelöscht, die Reederei erhält eine Auszahlung in Höhe des Wertes des Containers, woraufhin das Schiff wieder für die nächste Fahrt zur Verfügung steht.

Nehme ich einen Würfel mit 4 bis 6 Punkten, darf ich mir die danebenliegende Auftragskarte nehmen und habe, je nach Position des Würfels in seiner Spalte, 1 bis 3 Verladeaktionen. Mit den Verladeaktionen kann ich von den Auftragskarten Container auf Schiffe in den Hafen verladen, zu dem die Auftragskarte gehört. Dabei kann ich eigene und/oder fremde Schiffe beladen, wie es gerade passt.
Habe ich eine Auftragskarte vollständig verladen, erhalte ich einen Chip derjenigen Nation, deren Auftrag ich erfüllt habe. Im Spiel wird zwischen vier Nationen mit jeweils eigenen Häfen unterschieden, wobei zwei im Pazifik und zwei im Atlantik jeweils nebeneinander liegen.
Die Chips werden auf das Spielertableau gelegt und können dort verschiedene Zusatzaktionen aktivieren. Eine der Wesentlichsten: Aktien kaufen.

Sein Privatgeld kann man im Spiel in Aktien der eigenen Reederei oder auch in die der Mitspieler investieren, dabei kommt das Geld für den Aktienkauf jeweils in die Kasse der Reederei, nutzt also, um weitere Investitionen tätigen zu können.
Immer am Ende der nur drei Spielrunden werden dann, so denn gut gewirtschaftet wurde, von den Gesellschaften an alle beteiligten Spieler Dividenden ausgezahlt, eine der Haupt-Einnahmequellen im Spiel.

Als letzten wichtigen Punkt im Spiel will ich noch ganz kurz auf die Phase am Ende einer Runde eingehen: Hier wird durch die von mir nicht weiter erklärte Eisenbahn die Spielreihenfolge für die nächste Runde festgelegt. Anschließend müssen alle Gesellschaften Frachtgebühren für ihre Container bezahlen, die noch auf Schiffen unterwegs sind oder im Hafen liegen. Dies kann je nach Position der Container (im Hafen, in einer Schleuse, auf Binnengewässern) zwischen 1 und 5 Geld pro Container kosten, was bei schlechtem Timing die Einnahmen einer Runde weit übersteigen kann. Die Reedereien, die anschließend noch genügend Bargeld haben, müssen dann ihren Aktionären eine Dividende zahlen, abhängig vom aktuellen Aktienwert. Reedereien, die ihre Dividende nicht zahlen können, sinken im Aktienwert.
Der Inhaber der dann am höchsten bewerteten Reederei (die Dividende zahlen konnte) erhält schließlich noch eine Direktorenprämie.

Fazit

Wenn Sie die Spielbeschreibung nicht gelesen haben, sei Ihnen das dieses Mal verziehen (dass das aber bitte nicht zur Regel wird, wofür machen wir uns sonst die Arbeit?). Was von der Länge her so aussehen mag, als hätte ich die Regeln einfach abgeschrieben, ist tatsächlich nur die Essenz und lässt tatsächlich viele, auch wichtige Elemente, einfach unbeachtet.
Es reicht aber, um deutlich zu machen: Wir haben es hier mit einem ausgesprochenen Spielerspiel zu tun. Panamax gehört zu den Spielen, die mit recht viel Regeln und Details, aus vordergründig nur sehr wenigen Optionen (Schiffe bewegen oder Container verladen) und fast noch weniger Aktionen (3 Runden mit je 4 Aktionen pro Spieler) sehr viel Spiel entwickeln. Dass dies auch eine entsprechende Spieldauer mit sich bringt, versteht sich von selbst: Zu viert sind 2 Stunden realistisch, wenn alle die Regeln kennen und normal zügig spielen.

Die Regeln, das möchte ich gleich am Anfang erwähnen, sind für ein Spiel dieses Kalibers aber noch halbwegs kurz (7 Seiten), ziemlich umfassend, und auch nur halbwegs unübersichtlich (oder halbwegs übersichtlich, wenn sich das besser anhört).

Am Spielmaterial habe ich nichts auszusetzen: Ordentlicher Standard.
Standard ist auch die Spielerzahl: 2 bis 4, wobei zu zweit die Spieler 50% mehr Aktionen haben als im Spiel mit drei oder vier Spielern (6 statt 4 Aktionen pro Runde). Panamax spielt sich zu zweit also deutlich anders als in größerer Runde, funktioniert aber tatsächlich etwa gleichgut, allenfalls ein klein wenig einfacher als mit mehr Spielern.

Spielerisch bringt Panamax keine umwerfenden Neuerungen: Für meinen Geschmack lehnt es sich entfernt an die Gruppe der 18XX-Spiele an (Unterscheidung zwischen Privat- und Company-Vermögen). Der Einsatz der Würfel zur Bestimmung der möglichen Aktionen, ohne dass Würfelglück im Spiel dann eine Rolle spielt, entspricht einem aktuellen Trend im Strategiespielbereich. Laden und transportieren von Containern war schließlich mit Auf Achse sogar schon mal Spiel des Jahres und ist ebenfalls bekannt.

Abwechslungsreich ist hingegen die Fortbewegung auf dem Kanal, die mit den Kettenzügen trotz der wenigen Aktionen bei richtiger Planung sehr schnell und effizient vonstattengehen kann. Die Mischung all dieser Elemente ergibt daher doch ein zwar nicht ganz neues, aber ausreichend „erfrischendes“ Spielgefühl.

Was aus meiner Sicht diesem Spielgefühl etwas entgegensteht, ist die schiere Menge an Regeln, vor allem Detailregeln, die dafür sorgen, dass man das Spiel nicht einfach mal so nach zwei Monaten wieder hervorholen kann.
An vielen Stellen in den Regeln wird auf den Bezug zur Realität hingewiesen. Für mich als nicht Panamakanalexperte bleibt der Bezug zum Kanal aber doch sehr abstrakt. Zwar spüre ich, dass hier viel Wert drauf gelegt wurde, nicht einfach ein beliebiges Thema zu verspielen, aber so ganz springt der Funke des Themas dann doch nicht über. Aus meiner Sicht wären etwas weniger Regeln und dafür ein etwas stringenteres Spiel besser gewesen.

Ein weiteres Problem ist für mich die Frage der Varianz im Spiel. Abgesehen von der Aktionsverteilung durch die Würfel hat sich bei mir nie das Gefühl eingestellt, beim nächsten Spiel eine andere Strategie verfolgen zu wollen. In meinen wenigen Zügen versuche ich immer möglichst viele Container aufzuladen und meinen Transport so zu optimieren, dass ich möglichst oft von den Aktionen meiner Mitspieler profitiere. Das ist zwar jede Partie ein klein wenig anders, aber inhaltlich ändert sich nur sehr wenig.

Auch habe ich den Eindruck, dass einige Siegpunktekarten je nach Spielverlauf SEHR unterschiedlich wertvoll sein können, was einen gewissen Glücksfaktor bedeutet, welche Karten man am Anfang zugelost bekommt. Ob hier die Balance ganz stimmt? Ich bin zumindest skeptisch.

Zusammengefasst bietet Panamax gehobene Komplexität mit einer ordentlichen, aber nicht innovativen Spielmechanik. Der Spaß im Spiel kommt eher aus der Optimierung im Detail, große Strategievarianz kann zumindest ich nicht erkennen. Für Vielspieler, die gerne tiefer in ein Spiel einsteigen, und die in Detailregeln das Salz in der Suppe sehen, ist Panamax sicher ein gutes Spiel. Zum gelegentlichen Spielen sind die Stolpersteine meines Erachtens aber etwas zu groß und die Varianz etwas zu klein. Daher kommt Panamax für mich über gutes Mittelmaß nicht hinaus.

Rezension Michael Timpe

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Panamax: 4,2 4,2, 5 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 04.03.15 von Michael Timpe - Leider zündet das Spiel nicht ganz so, wie ich noch nach den ersten zwei Partien gehoft hatte. Die fehlende Varianz gibt für mich den Ausschlag, nur 3 Punkte zu vergeben.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 21.11.14 von Michael Andersch - Interessantes und sehr gut umgesetztes Thema. Leider fehlt diesem Spiel (wie eigentlich immer bei Spielen dieses Verlages) noch ein wenig der Feinschliff. Nicht am Spiel als solches, sondern an den vielen kleinen Ecken und Kanten. Die Regel ist ebenfalls leicht grauselig, und es ist mir absolut schleierhaft, wie man in 90-120 Minuten durch sein soll (ich würde fast das Doppelte ansetzen). Dies ist auch mein Hauptkritikpunkt an diesem Spiel - wäre es tatsächlich in 90 Minuten durch, dann hätte ich vermutlich 5 Punkte vergeben.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 30.03.15 von Michael Dombrowski - Sehr thematisches Strategiespiel mit gewissen Regelhürden. Am besten zu viert zu spielen. Ich mag es!
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.11.15 von Edgar Ameling - Interessante Spielidee, die auch gut umgesetzt wird. Allerdings gibt es da kleinere konzeptionelle Schwächen, da das Spiel nur in voller Besetzung richtig gut funktioniert.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 08.02.17 von Monika Harke - Schlechte Regel, aber wenn man sich durchgekämpft hat, macht's richtig Spaß.

Leserbewertungen

Leserwertung Panamax: 5,2 5.2, 5 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.04.15 von Michael Behr - Klasse Spiel, allerdings nur mit 4 Personen richtig spielbar! Leider mit enormen Regellücken, die wir erst klären mussten.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.04.15 von Daniel Noé - Ein in vielerlei Hinsicht kurioses Spiel. Zum einen ist schon die englische Anleitung mit katastrophal noch wohlwollend eingestuft, dass aber die deutsche Übersetzung es noch schafft für identische Begriffe unterschiedliche Bedeutungen einzuführen ist einfach nur eine Frechheit. Wer sich davon nicht schrecken lässt,bekommt ein Spiel, was die Spielerschaft total spatet. Man mag es oder hasst es, dazwischen gibt es scheinbar wenig. Mir gefällt es richtig gut, TOP-Spiel kann es wegen der Regelkatastrophe nicht sein.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.04.15 von FrankHH - Schöner Mechanismus, das mit den Schiffen schieben. Macht Spaß, ist aber eindeutig nur was für Vielspieler. Grafisch hätte es mehr für's Auge sein dürfen. Ist für mich ein Spiel in der obereren Liga mit hohem Wiederspielwert.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 08.01.16 von Andreas Freye - Man merkt, dass zuerst das sehr interessante Thema da war und dann eine Mechanik drumrum gebaut wurde. Die Spielanleitung ist eine Katastrophe, aufkommende Fragen konnten nicht abschließend beantwortet werden. Hier wünsche ich mir einfach eine gescheite Überarbeitung des Spiels.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 08.05.22 von Dietrich - Panamax ist ein anspruchsvolles Wirtschaftsspiel um Verladung und Transport von Frachten auf Schiffen durch den Panamakanal, in das das Thema gut integriert wurde. Leider zieht sich die Erklärung trotz nur weniger Seiten Regeln schier endlos hin. Dabei sind die Regeln gar nicht so anspruchsvoll: Jeder Spieler wählt sich einen der 16 Würfel aus, von denen jeder für nur zwei Arten von Aktionen stehen und führt die gewählte Aktion aus. So kommen alle Spieler viermal hintereinander an die Reihe, dann gibt es ein kurzes Aufräumen am Rundenende. Nach 3 Runden, also je 12 Spieleraktionen, ist schon Schluss. Die Aktionen gibt es in zwei Standardarten: 1. Verträge annehmen und Schiffe beladen und 2. Schiffe durch Schleusen und Seen fahren lassen. Zusätzlich gibt es als Spezialaktion eine Aktienaktion zum Kauf von eigenen und fremden Aktien oder Aufwertung der Aktien der eigenen Firma. Das war's schon. Vor allem die unübersichtliche Regel bildet die größte Hürde vor dem eigentlichen Spielgenuss. Warum habe ich mit Regelschreibern aus dem südwestdeutschen Raum so meine Schwierigkeiten? Also schreibt man sich selbst eine eigene Kurzregel; und siehe, das Spiel ist doch gut zu durchschauen und auch zu erklären, zumal wie geschrieben, die Aktionen thematisch logisch sind. Das Spiel ist spannend, da schon scheinbar zurückliegende Spieler mit ihrem letzten Spielzug viel Boden gutmachen und sogar gewinnen konnten.

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