Rezension/Kritik - Online seit 25.02.2004. Dieser Artikel wurde 7497 mal aufgerufen.

Löwenherz PC-Spiel

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Autor: Reiner Knizia
Verlag: Dartmoor Games
Rezension: Steffen Stroh
Spieler: 1 - 4
Dauer: 15 Minuten
Alter: ab 10 Jahren
Jahr: 2003
Bewertung: 3,0 3,0 H@LL9000
Ranking: Platz 4601
Löwenherz PC-Spiel

Spielziel

Das vorliegende PC-Spiel ist eine Umsetzung des Klaus Tauber Spiels „Löwenherz“ in der neuen Fassung, wie sie 2003 vom Kosmos-Verlag veröffentlicht wurde. Da das Spiel regeltechnisch 1:1 umgesetzt wurde, sei zur Beschreibung des Spielablaufes auf die entsprechende Brettspielrezension verwiesen.

Ablauf

Nach kurzer und problemloser Installation begrüßt uns das Spiel mit einem übersichtlichen Startmenü. Neben den üblichen Einstellungen wie Einzelspieler oder Multiplayer (Online über das Portal der CatanOnlineWelt) findet sich auch eine lobenswerte Möglichkeit, statt einem kompletten interaktiven Tutorial einzelne Spielpassagen separat erklären zu lassen – v.a. für Wiedereinsteiger, die lange kein Löwenherz mehr gespielt haben, sehr hilfreich.

Im Optionsmenü offenbaren sich erste Neuerungen gegenüber früheren Brettspielumsetzungen von Dartmoor: Wie bei Torres gibt es auch bei Löwenherz die Möglichkeit, eine hohe Auflösung zu verwenden (1024*768), außerdem kann Löwenherz nun auch im Fenstermodus gespielt werden. Darüber hinaus kann zwischen zwei Spielansichten gewählt werden: Der schon aus älteren Umsetzungen bekannten 3D-Sicht, sowie einer simplen 2D-Draufsicht, die zwar sehr schlicht ausfällt, dafür aber übersichtlicher ist.

Präsentation und Steuerung: Haben wir uns vor Spielstart für die Zahl der Computergegner (1-3) und deren Schwierigkeitsgrad (einfach, mittel, schwer) entschieden, startet das Spiel mit der Setzphase der Burgen. Der Blick auf das Spielfeld offenbart zunächst ein gelungenes Maß an Übersicht: Die Computergegner sind am oberen Bildrand aufgereiht, Geldvorrat, Minenbonus und abgelegte Karten werden angegeben. Die Aktionen der einzelnen Spieler werden durch einen übersichtlichen Lauftext angezeigt. Die Karten des menschlichen Spielers sind am rechten unteren Bildrand aufgereiht, der linken untere Bildrand ist für Machtkartenmarkt und Nachziehstapel reserviert. Hierbei offenbart sich ein erster Mangel: Auf der angezeigten Fläche des Machtkartenmarktes finden nur 3 abgelegte Karten Platz. Werden es mehr, muss nach links und rechts gescrollt werden. Das stört insbesondere dann, wenn die Computergegner Machtkarten aus dem nicht sichtbaren Bereich des Marktes aufnehmen, da dies kaum nachzuverfolgen ist.

Kommen wir zum Geschehen auf dem Spielbrett. Die bekante 3D-Sicht nutzt (wenn auch hochauflösend) die 3D-Engine aus früheren Umsetzungen. Burgen, Ritter, Wälder und Minen sind mit Ausnahme der Kupfer- und Goldminen gut zu unterscheiden, allerdings fallen beim freien Drehen und Zoomen haarsträubende perspektivische Verzerrungen auf. Beim Einsetzen von Burgen und Rittern werden alle möglichen Zielfelder durch einen Lichtstrahl beleuchtet, was zwar sehr hilfreich, aber nicht frei von Fehlern ist: Beim Einsetzen von Rittern werden auch dann Waldfelder beleuchtet, wenn der Spieler gar kein Gold mehr hat, um dort Ritter einzusetzen. Das Bauen der Mauerteile wird durch eine Art „Wunderkerzen-Flamme“ untermalt. Das ist hübsch und fällt auf, was man von den unscheinbar hellgrauen Mauerteilen nicht mehr behaupten kann. Besser gelöst ist dieses Problem in der schlichten 2D-Sicht: Hier werden Mauern durch unübersehbar dicke, türkisfarbene Balken repräsentiert. In beiden Darstellungen misslungen ist der „Bündniszwang“: Er wird nicht durch eine gedrehte Mauer, sondern durch einen sehr unauffälligen wabernden Lichtbalken dargestellt.

Die Benutzerführung selbst gestaltet sich stets einfach: Karte auswählen, verkaufen oder evtl. eine der beiden Einsatzmöglichkeiten aussuchen, und ggf. den Einsatzort anklicken. Mauern, Erweiterungen und Ritter sind blitzschnell platziert. Etwas unkomfortabel gestaltet sich die Situation bei gegnerischen Überläuferkarten. Hier leuchtet das Gegnergebiet hell auf, danach muss der Spieler wählen, welcher seiner Ritter nun zum Gegner überläuft. Das muss der Spieler auch tun, wenn es ohnehin nur 1 Möglichkeit dazu gibt – unnötig. Hat man sich einmal vertan, kann die letzte Aktion durch einen „Undo“-Button zurückgenommen werden, vorausgesetzt, man hat noch keine verdeckte Karte vom Nachziehstapel aufgenommen. Mit verdecktem Ziehen endet also der eigene Spielzug unwiderruflich – warum ich ihn dann noch mit „Zugende“-Button bestätigen muss, bleibt das Geheimnis der Programmierer.

Ein schwerwiegender Bug hat sich beim Verkaufen von Karten an den Machtkartenmarkt eingeschlichen: Immer wieder kommt es vor, dass vom PC oder dem menschlichen Spieler verkaufte Handkarten nicht am Markt erscheinen. Teilweise passiert das sogar mehrfach hintereinander. Dieser Bug verzerrt das Spielgeschehen mitunter völlig. Da werden dringend benötigte Expansions- oder Mauerkarten an den Markt verkauft, können nachfolgend aber nicht aufgenommen werden. Stattdessen muss der Spieler verdeckt ziehen, beschleunigt damit das Spielende und muss sich (mit seltenem Erfolg) auf sein Zugglück verlassen. Ein solch hanebüchener Programmfehler hätte in der Testphase des Spiels eigentlich auffallen müssen, neben ihm verblassen die oben geschilderten Detailmacken total.

Künstliche Intelligenz und Spielreiz: Einer der wichtigsten Punkte bei PC-Umsetzungen ist die Stärke der Computergegner, schließlich sollen diese das Fehlen menschlicher Mitspieler kompensieren. Die PC-Gegner in Löwenherz agieren auf der positiven Seite sehr zügig, je nach eigener Spielweise dauert eine Parte rund 15-20 Minuten. Bei meinen ersten beiden Testpartien gegen 3 Computergegner im Modus „Schwer“ wurde ich einmal letzter, und einmal klarerer Sieger. Wie kam es dazu? Es fällt auf, dass beim Einsetzen der Burgen stets zwei Computergegner ausschließlich damit beschäftigt sind, den menschlichen Spieler sofort „einzuquetschen“. Da werden wesentlich lukrativere Setzpositionen außer Acht gelassen, um sich sofort an zwei Seiten direkt neben die menschliche Burg zu zwängen, um von Anfang an nur ein Minimalmaß an Entfaltungsmöglichkeiten zu ermöglichen. Nun habe ich nichts gegen aggressives Spiel und Herausforderungen, nur wird im Laufe einiger Testpartien klar, dass dieses extrem destruktive Setzverhalten offensichtlich die Spielschwäche der PC-Gegner im weiteren Spielverlauf vertuschen soll. Gelingt es einem Spieler einigermaßen frühzeitig , sich aus der Umklammerung der PC-Gegner zu befreien, ist das Spiel schon fast gewonnen. Denn die künstliche Intelligenz produziert jetzt eine ganze Reihe absurder Züge: Da werden Minigebiete von 2 Feldern Größe mit Bündniszwängen gesichert, oder Gebiete, die aufgrund mehrseitiger Bündnisse gar nicht mehr ausbaufähig sind, mit Rittern vollgestopft. Gerne werden Ritter auch blindlings neben Burgen gesetzt, die nie und nimmer noch mit Mauern umschlossen werden. Setzt ein Spieler 1-2 Ritter ein und droht mit Expansionen in Feindgebiete, schützt der PC sich sofort panisch mit Bündnissen, wenn er eine entsprechende Karte besitzt. Die taktisch oft klügere Gegenaggression durch eigene Ritter wird nur selten als Behelfslösung genutzt. Solch unsinnige Züge werden meist durch Verkauf der wichtigen Expansionskarten finanziert – und wenn diese denn tatsächlich auch auf dem Markt erscheinen, nimmt man derartige Geschenke als Spieler natürlich gerne an. Da der PC sich zudem bei Expansionen darauf beschränkt, stets die punktemäßig lukrativsten Felder zu übernehmen, anstatt gezielt führenden Gegenspielern zu schaden, kann man sich oft ungestört bis zur 30-Punkte-Siegbedingung hinexpandieren. Erreiche ich diese, endet das Spiel erst, sobald ich meine Handkarten wieder auf 3 ergänzt habe – auch so eine Kuriosität für sich.

Fazit

Vielleicht klingen die obigen Schilderungen negativer als es eigentlich nötig wäre: Löwenherz besitzt gute Ansätze. Die Bedienung ist, von kleineren Macken abgesehen, gut gelöst. Auch die grafische Darstellung ist ordentlich und einigermaßen übersichtlich. Die Aggressivität der Computergegner ist im Grunde nur eine Herausforderung, wären da nur nicht deren absurde Spielzüge. Löwenherz ist von seiner Charakteristik sicher ein Spiel, bei dem sich eine starke KI nicht so leicht programmieren lässt. Es ist eben kein reines Punkteoptimierungsspiel wie Torres oder Tikal, sondern eines, bei dem Planung und vorausschauende Spielweise wichtig sind. Insofern habe ich damit gerechnet, dass geübte menschliche Spieler hier im Vorteil sein würden, aber zumindest hätte man die geschilderten unsinnigen Züge programmtechnisch ausschließen sollen. Gleiches gilt noch viel vehementer für die beschriebenen Bugs. Hier sollte dringen mit einem Patch nachgebessert werden. Die verschwindenden Karten verzerren das Spiel online wie offline, sorgen für unfaire Spielvoraussetzungen und untergraben die Moral. Gelinget es Dartmoor, über einen Patch die KI von ihren Unsinnigkeiten zu entwöhnen und den Kartenbug zu beseitigen, könnte ich das Spiel Löwenherz-Freunden durchaus empfehlen. Die vorliegende Fassung ist jedoch unfertig, und in dieser Form kaum kaufenswert

Rezension Steffen Stroh

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Löwenherz PC-Spiel: 3,0 3,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.04.04 von Steffen Stroh

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