Rezension/Kritik - Online seit 14.09.2016. Dieser Artikel wurde 9931 mal aufgerufen.

Lignum

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Autor: Alexander Huemer
Verlag: Mücke Spiele
Rezension: Wieland Herold
Spieler: 2 - 4
Dauer: 60 - 120 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2015
Bewertung: 4,7 4,7 H@LL9000
3,8 3,8 Leser
Ranking: Platz 3967
Lignum

Spielerei-Rezension

Österreichischer Spielautor, der auf den Vornamen Alexander hört? Die Wahrscheinlichkeit, dass 99 % der Leser der Spielerei mit „Pfister“ antworten würden, ist extrem hoch. Mit Alexander Huemer wissen nur ganz wenige etwas anzufangen, dabei gibt es durchaus Parallelen der Autoren. Beide sind in den frühen 70er Jahren in der österreichischen Provinz aufgewachsen, Pfister in den Tälern des Montafons und Huemer im Innviertel. Beide erzählen, dass schon ihre Kindheit spielerisch geprägt war und erste Erfindungen aus dieser Zeit stammen.

Wichtige Spiele beider Autoren sind in einem Wettbewerb ausgezeichnet worden, bei Pfister war es für den Vorläufer von Mombasa der Hippodice Wettbewerb von 2011, Huemer war schon ein Jahr davor für Lignum Endrundenteilnehmer im Autorenwettbewerb von Mücke Spiele/Spielmaterial. Beide mussten dann bis 2015 auf die Veröffentlichung ihrer Spielideen warten. Für Pfister war es eine von vielen Veröffentlichungen, für Huemer die allererste.

Aus den Anregungen des Wettbewerbs entstand bei Alexander Huemer ein Spiel über die Holzernte. Wie phantasievoll der Autor agiert, zeigt sich, wie er die Wettbewerbsvorgabe, Läuferfiguren in ein Spiel zu integrieren, interpretiert hat. Für ihn waren das keine Läufer, sondern Waldarbeiter, die einen Holzstamm schultern. Daher erscheint nun in der "Edition Läufer" ein Waldarbeiter-Spiel, bei dem sich alle erst einmal verwundert über diese eigenartigen Figuren äußern.

Thematisch erfrischend unverbraucht, ist Lignum ein anspruchsvolles Vielspieler-Produkt, das über ein Grundspiel zum Fortgeschrittenen- und Expertenspiel führt. Huemer siedelt es für zwei bis vier Holzunternehmer in 19. Jahrhundert an. Mit nur vier Talern, einem Holzhof- und einem Forstarbeiter muss jeder seinen Holzhof wirtschaftlich in zwei Jahren voranbringen.

In dieser Zeit gliedern sich die Spielrunden in Jahreszeiten, sodass nach acht Runden Schluss ist. Bis auf den Winter ist der Rundenablauf in den anderen Jahreszeiten identisch. Im Zentrum des Spielplans sind sechs Waldgebiete, die für den Einschlag bereitstehen. Jeder markiert am Anfang ein sogenanntes Fällgebiet mit drei Brennholzanteilen. Drumherum führt ein Versorgungsweg mit 20 Feldern, bestückt mit Arbeiterfiguren, Nahrungssteinen und Anschaffungsplättchen, das können Fuhrwerke, Flöße, Sägen und weitere Handwerkerplättchen sein. In jeder Runde werden mit Hilfe von Markierungskarten diese Gebiete neu bestückt.

Anfangs wählt jeder geheim ein gewünschtes Fällgebiet aus, dort liegende Nahrungsressourcen werden gerecht unter den Beteiligten verteilt. Dann nutzen die Spieler den Versorgungsweg, um Anschaffungen zu tätigen und Arbeiter für die weitere effiziente Forstarbeit zu organisieren. Die meisten Felder dürfen nur von einer Figur betreten werden. Viele Anschaffungen sind kostenfrei, Arbeiter wie Träger und Holzfäller, auch Futtersteine müssen aber direkt bezahlt werden, nur die meisten Sägearbeiter sind kostenlos. Auf dem Markt können kurz vor Ende des Weges fehlende Ressourcen erworben, aber auch Handwerksplättchen verkauft werden.

Wer schnell den Weg durchläuft, ist der erste in der dann folgenden Forstarbeit-Phase, allerdings auch der letzte in der Spielreihenfolge für die nächste Jahreszeit. Die einzelnen Etappen dieser Phase werden über eine Anzeige im oberen Teil des Spielbretts abgehandelt. Es macht vor allem dann Sinn, Erster zu sein, wenn man in Konkurrenz zu Mitspielern im Fällgebiet steht. Der erste darf nun entsprechend der Einschlagmöglichkeiten Holzfäller in das Gebiet schicken und es eventuell maximal abgrasen. Bleibt nichts für den Nachfolger übrig, darf der immerhin gegen Zahlung eines Talers in ein freies Fällgebiet ausweichen. Geschlagene Hölzer kommen auf eine persönliche "Hiebsort"-Karte, das ist tatsächlich der übliche Fachbegriff für Holzernte-Sektoren. Danach muss der Abtransport über Träger, Fuhrwerke, Flöße und im Winter auch über Schlitten organisiert werden. Für alle Wege werden Träger benötigt, die unterschiedliche Mengen Holz transportieren können. Für den Wasserweg, der zeitverzögert abläuft, benötigt man zusätzliche Floßplättchen.

Alles Holz landet dann zur Weiterverarbeitung irgendwann im eigenen Holzhof. Dort braucht man nötige Sägearbeiter und entsprechende Sägen. Je nach Art des Holzes bekommt man ein bis vier verarbeitete Hölzer aus den Stämmen, die entweder im Brennholzvorrat für den Winter landen oder zum Trockenplatz gebracht werden. Je länger die Hölzer dort liegen, umso höher ist am Ende der Verkaufswert für die nächste Phase. Bauholz bringt fünf Taler, Nutzholz nicht zersägt 4, zersägt 6, entsprechend gilt für Brennholz die Relation 3 zu 5 Talern. Hinzukommt der Trocknungsbonus, der bis zu zwei Taler pro Holz betragen kann. Für die Folgerunden ist die Verkaufsphase sehr wichtig, um die Anstellung der Arbeiter sicherzustellen und für die notwendige Ernährung zu sorgen. Nach der Verkaufsphase wandert übrig gebliebenes Holz auf den Trocknungsplätzen weiter, die Aufnahmekapazitäten dieser Felder sind allerdings beschränkt.

Nach Ablauf einer solchen Jahreszeitenrunde müssen alle angeworbenen Arbeiter wieder zurück auf den Spielplan, der auf dem Weg und den Fällplätzen neu bestückt wird. Nach der dritten und siebten Spielrunde läuft jeweils die besondere Winterrunde ab. Fürs Überleben im unwirtlichen Winter sind Feuerholz und Nahrungsmittel nötig. Die Spieler wissen durch sogenannte Winterkarten vorher, was sie für die Notzeit sammeln sollten. Da auch die Arbeit in dieser Jahreszeit eingeschränkt ist, müssen sie sich entscheiden, ob sie ihren einzigen Holzhofarbeiter zum Fällen, Transportieren oder Sägen nutzen. Wer danach die Bedingungen der Jahreszeit nicht erfüllen kann, muss für jeden fehlenden Vorrat drei Taler bezahlen und eventuell dazu Schuldscheine aufnehmen. Nach dem zweiten Winter ist Schluss, übriges Holz darf noch verkauft, Schuldscheine müssen hoch verzinst abgerechnet werden. Wer danach die meisten Taler besitzt, hat Lignum gewonnen.

Damit sind die wesentlichen Grundelemente des Basisspiels beschrieben. Im Spiel für Fortgeschrittene kommen Auftragskarten hinzu, die sich auf die Bearbeitung bestimmter Hölzer beziehen und bis zu 22 Taler am Ende einbringen können. Die Hölzer fehlen aber dem normalen Gewinnprozess, sodass noch knapper kalkuliert werden muss. Das gilt auch für das Expertenspiel, das Lignum um "geplante Tätigkeiten" erweitert. Diese Karten sind effektiver als die eigentlichen Arbeitsschritte, da kann ein Sägearbeiter zwei Hölzer zersägen, da kann ohne Arbeiter und Floß geflößt werden, da können zwischendurch Nahrungssteine erworben werden. Das Schöne daran, jede Aktion ist für jeden Spieler nutzbar, mit dem kleinen Nachteil, dass nur der erste kostenlos zuschlagen darf, während nachfolgende Spieler immer mehr Geld zahlen müssen.

Wie es sich für ein Spiel zum Thema Holz gehört, ist der entsprechende Materialanteil hoch. 170 Gramm bringen die über 200 Holzteile auf die Waage. Auch sonst ist das Material ansehnlich, die Spielplangrafik gefällig und gut organisiert. Das Regelwerk erschlägt, allein das Grundspiel umfasst 16 Seiten, hinzu kommen acht Seiten für die Erweiterungen und vier Seiten für den Spielaufbau. Trotzdem ist Lignum kein allzu komplexes Spiel. Die Kurzübersicht über den Spielablauf macht deutlich, dass der Jahreszeitenrhythmus recht einfach abgespult werden kann. Es erinnert stark an die vielfältigen Abläufe von Viticulture, wie beim Weinanbau geht es hier um einen fein austarierten Optimierungsprozess, der anfangs unter extremer Geldknappheit abläuft. Jede Runde beginnt mit dem spannenden Zugriff auf die Fällregionen, dann ist der Planungsablauf über den Versorgungsweg spannend und das Hofmanagement zwischen Wintervorsorge, schnellem Gelderwerb und lukrativer langfristiger Planung. Das ist schön austariert und wird vor allem durch die "geplanten Tätigkeiten" vorzüglich ergänzt. Am besten tastet man sich an das Spiel zu zweit heran, da braucht man anfangs vielleicht 90 Minuten, spielt dann aber die Jahreszeiten in zügigen 45 bis 60 Minuten durch. Eine Viererpartie kann durchaus auch 180 Minuten dauern, mit geübten Spielern sind es dann immer noch zwei Stunden. Für Harald Mücke ist Lignum das bisher teuerste Projekt seines kleinen Verlages. Er hat es daher über viele Schmiede als Crowdfunding-Projekt abgesichert und ist gut damit gefahren. Letztlich ist die mit 6000 Euro angesetzte Fördersumme dreifach überzeichnet worden, knapp 400 Unterstützer waren überzeugt von diesem Projekt. Zu Recht, Huemers Spielidee ist ein Schmankerl für Vielspieler, für das inzwischen auch für Juli eine zweite Auflage geplant ist. An die Qualität von Alexander Pfisters Mombasa reicht Alexander Huemers Lignum zwar nicht ganz heran, aber trotzdem kann man nur hoffen, dass es nicht das letzte Spiel des Autors aus Linz gewesen ist.

Rezension Wieland Herold

In Kooperation mit der Spielezeitschrift

Spielerei

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Lignum: 4,7 4,7, 3 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 09.08.16 von Wieland Herold
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.12.15 von Frank Lehmann - Es gibt nicht viele verschiedene Strategien, mit denen man punkten kann: Letztendlich muss jeder Spieler Holz roden, den Abtransport organisieren, Holz zersägen und verkaufen bzw. Aufträge erfüllen. Damit das funktioniert, ist eine sorgfältige Planung notwendig. Hat man eine einzige Kleinigkeit übersehen, kann der ganze Ablaufplan scheitern. Erschwerend hinzu kommt, dass die Regeln nicht so eingängig sind. Da sind Fehler vorprogrammiert. In unserer Vielspieler-Runde war das Fazit einvernehmlich: Anstrengend. Mehr Arbeit als Spiel(spaß).
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.10.16 von Edgar Ameling - Auch wenn es bei der Förderung und Abwicklung in der Spieleschmiede zu einigen Unstimmigkeiten kam, weil es einige Mängel gab, so ist das Spiel selber sehr anspruchsvoll. Allerdings haben wir in einer Spielerunde festgestellt, dass man auch sehr viel Pech haben kann, wenn sich zeitgleich mehrere für das Abernten auf demselben Holzfeld entscheiden.

Leserbewertungen

Leserwertung Lignum: 3,8 3.8, 5 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 30.11.15 von Dencer - Hier schreibe ich wohl das erste Mal, mehr Arbeit als Spiel... Wenig Interaktion und man muß so viel Bedenken und Planen, daß es mit der Zeit anstrengend wird. Bei uns entschied dann auch noch der in der letzten Runde aufgedeckte Auftrag, der perfekt zu einem Spieler paßte und der als einziger noch nicht über das Auftragskauffeld gezogen war über den Sieg, das ist dann doch für über 3h Spielzeit etwas zu viel Glück... Auf die Spielzeit gerechnet ist mir der Spaßanteil zu gering und so viel Neues i.S. Spielmechanik bietet das Spiel nicht. Und es ist eben wegen vieler kleiner Details sehr schnell ein Fehler passiert, der sich heftig auswirken kann, es ist wenig eingängig an einigen Stellen (z.B. im Winter).
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.12.15 von Andreas Freye - Alexander Huemers Erstlingswerk ist ein stimmiges und spannendes Spiel voller Entscheidungszwänge. Mangelnde Interaktion konnte ich nicht feststellen, die ist im Wettstreit um das beste Waldgebiet und auf dem Versorgungsweg deutlich gegeben. Eine gute Planung ist hier das A und O, wäre doch schade, wenn man sich verkalkuliert hat und niemand das schöne Holz beispielsweise zersägen kann und man dann nichts zum verkaufen und verheizen hat. Das Material ist an manchen Stellen leicht suboptimal (lila und braune Meeple) und die Endphase der Kampagne hätte besser laufen können seitens Mückespiele. Wer aber schon immer mal ein thematisches Spiel rund um das Thema Holzwirtschaft spielen möchte ist bei Lignum wirklich gut aufgehoben.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.12.15 von nora - Lignum zu viert -- ein Rundkurs wie bei Egizia und jede Mnege Plättchen und Aktionen auf dem Weg. Nur die wichtigen Sägen waren eher spärlich und mußten mit dem knappen Geld bezahlt werden. Es gab viel zu überlegen und auch etwas Konkurrenz (sehr am Rande), aber nachdem wir verstanden hatten, daß es auf den Holzverkauf(sprich Geld sammeln) ankam, lief das Spiel und wir kamen uns kaum in die Quere. Aufträge hatten wir nur, wenn sie leicht zu erfüllen waren und gesägt wurde ansonsten nur das braune Holz. Es war in der Tat mehr Arbeit als Spiel und dabei ziemlich geradlinig in den Aktionen,
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 28.03.16 von schwenkbraten - Lignum errung unrühmliche Bekanntheit durch das peinliche und dreiste Verhalten von Mücke im Zuge der Spieleschmiede-Kampagne. Nichtsdestotrotz ist es ein spannendes Optimierungsspiel, das Fehler nicht verzeiht. Wenn man etwas übersehen hat, hat man einfach Pech gehabt. Die Qualität des Materials ist ausreichend. Vielleicht aufgrund des unverbrauchten Themas eine Perle in unserer Spielesammlung.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 05.02.17 von Jens Häfner - Langatmiges Monster! Schließe mich den Ausführungen von Dencer an, denn das ist genau auch meine Meinung. Habe mich 3 Std. fürchterlich gelangweilt. Mag diese Spiele generell nicht, die in Arbeit ausarten, dazu gehört auch Agricola als Paradebeispiel. Das Thema ist schon bieder, das Layout zwar passend aber furchtbar hässlich. Mächtig ist die Funktion des Hüttenbauens. Man ist zwar davon abhängig, wer welches Plättchen wuf dem Weg wählt, das Abarbeiten der einzelnen Arbeitsschritte passiert ohne Interaktion und dauert und dauert und dauert....mir ist der Bart durch den Tisch gewachsen...!

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