Rezension/Kritik - Online seit 21.11.2022. Dieser Artikel wurde 1780 mal aufgerufen.

Katharina: Die Städte der Zarin

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Autor: Johannes Schmidauer-König
Illustration: Claus Stephan
Antje Stephan
Verlag: dlp games
Rezension: Franky Bayer
Spieler: 2 - 4
Dauer: 30 - 45 Minuten
Alter: ab 8 Jahren
Jahr: 2022
Bewertung: 4,3 4,3 H@LL9000
4,0 4,0 Leser
Ranking: Platz 3466
Katharina: Die Städte der Zarin

Spielziel

Heikel, heikel.
Ich glaube, der Verlag "dlp Games" hätte mit Sicherheit ein anderes Thema gewählt, hätten sie vor Produktionsbeginn gewusst, dass Putin einen Krieg mit der Ukraine anzettelt. So hinterlässt das vorliegende Spiel einen schalen Nachgeschmack, wenn wir die Rollen als Berater:innen übernehmen, welche versuchen, die Gunst der nach einem Staatsstreich frisch ausgerufenen Zarin Katharina der Großen zu gewinnen. Schließlich ist eine der Möglichkeiten, am Ende des Spiels als wichtigste Vertrauensperson an ihre Seite beordert zu werden, um die Expansion des Reiches voranzutreiben, bei der auch Kharkov und Kiev im Visier der Zarin stehen.

Ablauf

Dabei ist Katharina - Die Städte der Zarin eigentlich gar kein kriegerisches Spiel. Es ist im Grunde genommen ein Kartenspiel, bei dem die Karten auf zum Teil verzwickte Weise dazu dienen, Aktionen durchzuführen, welche uns am Ende jedes der drei Durchgänge ("Dekaden") und bei der Endwertung Siegpunkte bringen sollen.

Karten spielen also die Hauptrolle. Unter den insgesamt 110 Stück gibt es ein paar Auftragskarten, von denen wir eine zu Beginn zufällig erhalten und offen vor uns auslegen. Den Großteil machen aber die Projektkarten aus, von denen wir anfangs 6 Stück ziehen und auf die Hand nehmen. Gleichzeitig wählen wir drei aus unserer Hand aus, welche wir offen als Aktionsreihe auslegen. Darunter müssen wir noch Platz für eine zweite Kartenreihe - die Aktivierungsreihe - lassen.

Im oberen Bereich jeder Projektkarte können Waren, Geschütze und/oder Bücher abgebildet sein. All diese Symbole auf Karten in unserer Aktionsreihe stellen unseren Besitz dar. Einige Karten weisen stattdessen 3 Städtenamen auf, wo wir eine Residenz errichten können. In der unteren Hälfte hingegen sind 2 Effekte angegeben, eine bestimmte Aktion, sowie darunter ein Bonus, den wir einmal einlösen können.

Das restliche Spielmaterial (Spielplan, Warenplättchen in 4 Sorten sowie die Gunstmarker, Siegpunktmarker und Residenzen in den Spielerfarben) bereiten wir wie in der Anleitung beschrieben vor.

Jede der 3 Dekaden besteht aus 5 Phasen. Zuerst ziehen wir 2 Karten vom Stapel nach (A). Anschließend spielen wir 2 Karten verdeckt in unsere Auslage (B), eine in unsere Aktionsreihe, die andere unter eine beliebige Karte in unserer Aktivierungsreihe. Nach dem Aufdecken aller Karten (C) führen wir die Aktion sowie den Bonus jener Karte durch, unter welcher wir gerade eine Karte in der Aktivierungsreihe aufgedeckt haben (D). Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn die Farben dieser zwei Karten übereinstimmen. Abschließend wird überprüft, ob das Ende der Dekade erreicht wurde (E).

Sobald 7 Karten in der Aktionsreihe liegen, endet die Dekade. In einer Zwischenwertung vergleichen wir zuerst die Geschütze in unseren Aktionsreihen mit jenen unserer beiden Nachbarn. Für jede Mehrheit erhalten wir 4 Siegpunkte, für jeden Gleichstand noch 2 Punkte. Dann werden die Bücher in den Aktionsreihen kontrolliert. Wer die meisten Bücher besitzt, darf eine Residenz in einer beliebigen Stadt errichten, wer die wenigsten Bücher hat, geht leer aus. Alle anderen bekommen ein Jokerplättchen.

Schließlich erhalten wir noch Siegpunkte für bestimmte Residenzen und für die Position unseres Gunstmarkers auf der Gunstleiste. Abschließend bereinigen wir unsere Auslage, indem wir alle Karten unserer Aktivierungsreihe und der vier direkt darüber liegenden Karten der Aktionsreihe ablegen.

Nach dem Ende der 3. Dekade findet eine Endwertung statt. Hierbei bringen uns verbliebene Handkarten (je 1 Punkt), unsere Auftragskarte (je nach Anzahl der darauf erfüllten Warenplättchen) sowie zusammenhängende Residenzen (je nach Position unseres Gunstmarkers auf der Gunstleiste) zusätzliche Siegpunkte. Konnten wir insgesamt die meisten Siegpunkte sammeln, haben wir der Zarin am meisten imponiert und haben den Posten als die Vertrauensperson an ihrer Seite redlich verdient.


Fazit

Man muss sich beim Aufbau des Spiels erst einmal daran gewöhnen, dass der Spielplan nicht zum Bewegen und Kämpfen von Truppen gedacht ist. Ja, es wird nicht einmal richtig erobert, denn beim Erweitern des Einflusses von Stadt zu Stadt spielen die Mitspieler überhaupt keine Rolle. Man kommt sich gar nicht in die Quere. Jeder darf in jeder Stadt eine Residenz errichten und den damit verbundenen Vorteil (Ware, Gunst oder Siegpunkt) erhalten.

Die topographischen Gegebenheiten wirken sich eigentlich nur in der Endwertung aus, wenn die größte zusammenhängende Gruppe an Residenzen eines Spielers mit der Position seines Gunststeins multipliziert wird. Fast noch wichtiger als die russische Landkarte auf den Spielplan sind spieltechnisch die Gunstleiste und die am Rand verlaufende Siegpunktleiste.

Kernstück des Spiels sind aber zweifellos die Projektkarten. Es gibt sie in drei Farben, korrespondierend mit den drei Regionen des Landes. Jede Karte ist zweigeteilt. Die obere Hälfte stellt den "Besitz" in der laufenden Dekade dar, die untere Hälfte hingegen zeigt die Aktion, die damit durchgeführt werden kann, sowie einen Bonus, der ebenfalls genutzt werden kann.

Jetzt kommt jedoch das große "Aber". Alle Informationen zählen bei einer Karte nämlich nur, wenn sie sich in der "Aktionsreihe" befindet, also der oberen Reihe der Spielerauslage. Die in die untere Reihe gespielte Karte dient lediglich dazu, die Aktion der oberen Reihe zu aktivieren (daher auch die Bezeichnung "Aktivierungsreihe"), wofür bloß die Farbe der Karte von Bedeutung ist.

Der damit verbundene Spielrhythmus ist völlig ungewohnt. Es kommt darauf an, jene Karten herauszufiltern, welche man unbedingt "oben" spielen will und welche man bloß zur Aktivierung nutzen möchte. Selbst wenn man die Regeln verstanden hat, geht dies nicht so leicht ins Blut über. Dazu kommt, dass nach jeder Dekade die drei nicht aktivierten Karten der oberen Reihe liegenbleiben, wo sie eventuell in der nächsten Dekade genutzt werden können. Dies alles bietet reichlich Stoff zum Grübeln, zum Überlegen, obwohl der eigentliche Akt des Ausspielens von 2 Karten recht simpel wirkt.

Katharina - Die Städte der Zarin bietet unterschiedliche Vorgehensweisen, um an Punkte zu gelangen, etwa über das Sammeln von Waren, die Abgabe von Handkarten oder dem Bau von Residenzen. Dennoch kann man nicht von einem Strategiespiel sprechen, dazu ist man dann doch - bei aller Voraussicht - etwas zu viel vom Kartenglück abhängig.

Es kommt deswegen eher auf Taktik an, auf eine geschickte Mischung aus kurzfristigem, flexiblen Reagieren und mittelfristiger Planung. Dabei gilt es auch stets die Auslage der Mitspieler für die Zwischenwertungen zu berücksichtigen, im Grunde genommen die einzige Interaktion zwischen den Spielern. Die Gunstleiste nimmt eine zentrale Funktion ein, denn sie bestimmt sowohl das Handkartenlimit, als auch die Extrapunkte am Ende der Dekade, und vor allem den Multiplikator bei der Wertung der zusammenhängenden Residenzen.

Ich muss zugeben, dass ich ein wenig Zeit gebraucht habe, bis ich endlich ein wenig ins Spiel hineingefunden habe. Es sind ein paar Partien notwendig, um zu erkennen, welche Karten man für was verwendet, was sich mit seinen Karten - vor allem mit der Starthand! - am besten machen lässt und was eher wenig erfolgsversprechend ist.

Der Autor hat sich zudem auch viele unterschiedliche Aktionsmöglichkeiten einfallen lassen, und deren Qualität und Implikationen muss man erst mal richtig einschätzen lernen. Sie liefern - manchmal abhängig von Besitz von Büchern, Geschützen oder Waren - auf verschiedenste Weise Punkte, Karten, Residenzen oder Fortschritt auf der Gunstleiste. Abgesehen davon, dass durch zufällige Karten naturgemäß auch Fortuna einen gewissen Einfluss hat, sind die Entscheidungen, die es zu treffen gilt, nicht einfach.

Ich hatte das Privileg, den Prototypen vor ein paar Jahren spielen zu dürfen. Johannes Schmidauer-König ist nämlich seit vielen Jahren Mitglied meiner Spielerunde und er bringt immer wieder mal Spiele zum Testen mit, von denen es manche auch bis zur Veröffentlichung schaffen. Dieses Spiel hatte noch den Arbeitstitel "Maria Theresia" (im Nachhinein wäre der Verlag wohl besser beraten gewesen, es bei diesem Thema zu belassen...).

Die Grundmechanismen sind gleichgeblieben, vor allem das interessante und knifflige Kartenmanagement hat mir damals schon sehr gut gefallen. Der Verlag hat noch eine wichtige Änderung vorgenommen, indem jeder Spieler am Ende der 1. und 2. Dekade noch zwei weitere Karten ziehen darf, was den Glücksanteil ein wenig reduziert. Insgesamt ist Katharina - Die Städte der Zarin ein ausgereiftes Werk, dessen taktische Tiefe sich einem erst allmählich erschließt. So gesehen kann ich Johannes' Werk - als unabhängiger, objektiver Rezensent - auf jeden Fall empfehlen.

Rezension Franky Bayer

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Katharina: Die Städte der Zarin: 4,3 4,3, 4 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 14.09.22 von Franky Bayer - Leider aktuell kompromittierendes Thema (was Verlag und Autor allerdings bei Erscheinen des Spiels noch nicht ahnen konnten). Das Kartenmanagement ist sehr verzwickt und raffiniert, sodass es ein paar Partien braucht, um sich zurechtzufinden.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 21.11.22 von Bernd Eisenstein - Der Kniff mit den Karten ist wirklich gelungen und passt zum schnellen Spiel. Alles Andere dagegen ist mehr als gewöhnlich, die Materialien machen optisch überhaupt nicht an und das Thema stößt ab.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 21.11.22 von Alexander Broglin - sehr interessantes Karten basiertes Spiel, was Lust auf wiederholtes Spielen macht. Thematisch etwas unglücklich, aber es macht trotzdem Spaß.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 26.11.22 von Frank Lehmann

Leserbewertungen

Leserwertung Katharina: Die Städte der Zarin: 4,0 4.0, 2 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 22.11.22 von Hans Huehnchen - Der zentrale Kartenmechanismus ist toll, abseits davon generiert Katharina für nur wenige Partien einen Spielreiz.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 10.01.23 von FrankHH - Ok, dass Thema ist aktuell verständlicherweise schwierig. Aber das Brett bzw. Kartenspiel macht Laune. Gutes Spiel, um einen Spieleabend zu beginnen oder abzuschließen. Bisher zu dritt nur eine Kennlernpartie gespielt. Uns gefällt es, insbesondere der Kartenmechanismus. Ist für den ersten Eindruck schwer zu steuern. Ich finde es hat einen guten Wiederspielreiz.Es fehlt die Interaktion. Ich würde es immer wieder mitspielen. Für eine Fünf reicht es nicht ganz.

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