Spielziel
Wieder einmal versuchen wir Spieler - äh, ich meine natürlich Fürsten - Einfluss auszuüben. Je mehr, desto besser. Noch besser, wenn man dies auch in allen Bereichen schafft. Doch dazu muss jeder seine Personen-/Einflusskarten in diesem Ränkespiel möglichst gewinnbringend einsetzen, um am Ende den Spielsieg davonzutragen … ich meinte natürlich, den größten Einfluss als Fürst auszuüben ...
Ablauf
Das Spiel besteht eigentlich ausschließlich aus zwei Arten von Karten: Zum einen die Einflusskarten; jeder Spieler besitzt ein Kartendeck mit jeweils 25 sehr hübsch illustrierten Motiven. Diese sind bei allen Spielern gleich und unterscheiden sich nur durch eine andere Spielerfarbe. Auf jeder sind Einflusspunkte, Spielerfarbe, Name und eine eventuelle Sonderfähigkeit(!) vermerkt.
Gespielt werden insgesamt immer 6 Runden. Zum jeweiligen Rundenbeginn werden immer so viele Zielkarten (dies ist die zweite Kartensorte in diesem Siel) offen ausgelegt, wie Spieler teilnehmen. Diese gilt es nun mit Hilfe der eigenen Einflusskarten zu erobern. Dazu mischt jeder Spieler sein Kartendeck und nimmt sich die obersten 3 Karten auf die Hand. Einflusskarten müssen nun unter den jeweiligen Zielkarten verdeckt angelegt werden, um den eigenen Anspruch auf eine solche Zielkarte zu dokumentieren. Anschließend zieht man wieder eine Karte vom eigenen Stapel nach.
Klingt bis hierhin ganz einfach – ist es auch!
Dies geschieht nun reihum und an diesem System ändert sich erst etwas, wenn jemand eine Karte unter einer bereits anderen ausliegenden platziert. Denn nun wird die darüber liegende Karte aufgedeckt und ist für alle sichtbar. Dies wird so lange fortgesetzt, bis in allen Spalten mindestens so viele Einflusskarten liegen, wie die Punktzahl auf der Zielkarte angibt. Nun wird Spalte für Spalte verglichen, welcher Spieler dort die meisten Einflusspunkte aufweisen kann und somit die Zielkarte erobert.
Klingt immer noch simpel? – ist es auch!
Die Spielwürze liegt jedoch in den Einflusskarten und vor allem in deren Sonderfähigkeiten. Diese sorgen immer wieder für Chaos und bringen oftmals jede Planung durcheinander. Im Groben sind es vier Arten von Einflusskarten, die sich auf die Vergabe der Punkte auswirken. Und sie sind auch der Grund dafür, warum man dieses Spiel unbedingt mehrmals spielen sollte.
1. Karten, die einfach nur einen Einflusswert, aber keine Sonderfähigkeit haben.
2. Karten die unmittelbar beim Aufdecken eine Aktion auslösen (z. B. eine Spalte sofort beenden usw.).
3. Karten, deren Sonderfähigkeit erst bei der Endabrechnung der Spalte in Kraft treten. Diese beeinflussen die Abrechnung gewaltig und müssen auch in einer festen Reihenfolge abgearbeitet werden(!).
a) Musketiere: alle Sonderfähigkeiten von Karten aus Kategorie 3 werden ignoriert und es zählen einfach nur noch die Werte auf den Karten
b) Zauberer: entfernt alle Karten ab einem Wert von 10 vor der Wertung
c) Hexe: entfernt alle Karten mit einem Wert von 9 oder weniger
d) Prinz und Knappe: Letztendlich, und nur dann, wenn keine der drei vorher genannten Charaktere die Spalte bevölkern, hat ein Spieler durch das Legen seines Prinzen und seines Knappen die Zielkarte dieser Spalte automatisch gewonnen, unabhängig von den Werten aller anderen Karten.
e) Nun dürfen noch alle übrigen Karten dieser Kategorie ausgeführt werden, falls sie nach Abhandlung von a) bis d) jetzt evtl. noch gültig sind!
Klingt nicht mehr ganz so simpel? – Ist es auch nicht mehr!
Aber nun kommt ja noch die Endabrechung nach 6 gespielten Runden. Denn nun decken alle Spieler ihre eroberten Zielkarten auf und rechnen ihre Punkte einfach zusammen! Der Spieler mit den meisten Punkten hat das Spiel gewo...
HALT! Das wäre doch jetzt zu einfach, oder? Also schnell noch eine Zusatzoption eingebaut – denn wenn es einem Spieler gelungen ist, Zielkarten aus allen 6 bestehenden Bereichen zu sammeln, kann er eine andere Abrechnungsart wählen. Er nimmt sich aus jedem Bereich die höchste Karte und zählt diese Punkte zusammen. Dieses Ergebnis wird dann verdoppelt. Von diesem „vorläufigen“ Endergebnis werden aber noch sämtliche übrigen Karten, die man ebenfalls gesammelt hat, wieder abgezogen (nur die Anzahl der Karten, nicht deren Wert).
Alles klar?
Fazit
Viel wird bei diesem Spiel davon abhängen, ob man das erste Spiel „übersteht“ und es noch einmal ausprobiert. Am besten nicht allzu lange nach der ersten Partie. Denn vor allem die Funktionen der einzelnen Karten sind es, die neue Spieler immer wieder vor Probleme stellen und in ihnen das Gefühl hervorrufen, „gespielt zu werden“.
Auch einige Regel- bzw. Kartenformulierungen sind etwas unglücklich gewählt, was immer wieder dazu führt, dass man in den Regeln nachschauen muss, um offene Fragen zu klären. So suggerieren die Kartentexte von Prinz und Knappe dem Spieler eindeutig, er hätte die Spalte gewonnen, wenn er beide dort unterbringen konnte. Doch dies gilt eben nur, wenn sie vorher nicht durch Musketier, Zauberer oder Hexe gestört werden.
Das zufällige Nachziehen der Handkarten beherbergt natürlich ein nicht zu vernachlässigendes Glücksmoment. Darüber sollte man sich vorher im Klaren sein. Es ist gewiss kein Spiel für Hardcore-Strategen, aber auch sie können damit Spaß haben und spätestens nach 2 bis 3 Partien wird man auch schon mal versuchen, auf eine bestimmte Kartenhand zu sparen, um etwas gezielter auf Punktejagd zu gehen.
Das Spiel lebt im Großen und Ganzen von der Schadenfreude, wenn man einem Mitspieler die sicher geglaubte Karte noch durch eine Sonderfähigkeit weggeschnappt hat. Und auch von der Grafik, die mir persönlich sehr gut gefällt und stark an „Ohne Furcht und Adel“ erinnert.
Insgesamt hat man den Eindruck, ein bisschen weniger wäre hier mehr gewesen. Das eigentlich einfache Grundprinzip wird durch die vielen Abhängigkeiten der Karten untereinander etwas verkompliziert. Dadurch wissen die Spieler am Anfang oft gar nicht, wer denn nun die Spalte eigentlich gewonnen hat. Auch die Endabrechung musste ich meinen Mitspielern mehrmals erklären. Daher sollte man jedem vor dem Kauf wohl zu einer Proberunde (besser noch zwei) raten. Mir persönlich gefällt das Spiel jedoch gut und ich bin zu einer Partie immer gerne bereit!
Rezension Michael Schlepphorst
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.