Spielziel
Factory Fun – Spaß in der Fabrik. Oder eher Spaß an der Fabrik? Kann man an Fabriken überhaupt Spaß haben? Nun, Corné van Moorsel zeigt in seinem neuen Spiel, dass Spaß und Fabrik sich nicht ausschließen. 2 bis 4 Spieler versuchen sich hier als Fabrikplaner, bauen Runde für Runde ihre Fabrik aus, um nach 10 Spielrunden mit der profitabelsten Fabrik das Spiel zu gewinnen. Dass man hierfür ein gutes Händchen benötigt, weiss Factory Fun eindrucksvoll umzusetzen.
Ablauf
Wir haben 10 Spielrunden Zeit, um uns gegen maximal 3 Mitspieler durchzusetzen. Vor jedem liegt anfangs ein kahler, blanker Fabrikboden. Dieser will Runde für Runde mit Leben – genauer, mit Maschinen, Behältern und Leitungen gefüllt werden. Natürlich nicht einfach so – nein, wir wollen profitabel sein und uns mit unserem müden Startkapital von gerade einmal einer GE (Geldeinheit) zum neuen Fabrikmagnaten empor arbeiten. Produzieren werden wir 4 Zwischenprodukte, einfach rot, gelb, blau und braun genannt, sowie schwarze Endprodukte. Was genau das ist, bleibt unserer Fantasie überlassen.
Jede Maschine benötigt als Input meist verschiedene Zwischenprodukte und produziert entweder ein weiteres Zwischenprodukt oder eben ein Endprodukt. Die benötigten Mengenangaben sind auf den Maschinen angegeben, ebenso die Platzierung der Eingangs- und Ausgangsleitung. So fertigt z. B. die Superpruttel aus einem roten und zwei braunen Inputs ein gelbes Output oder der Vacuumfriend aus einem gelben und zwei braunen Inputs ein schwarzes Endprodukt. Doch was genau geschieht jetzt in jeder Spielrunde?
Aus den zur Verfügung stehenden 48 Maschinen bilden je 10 pro Spieler (anfangs verdeckt ausgewählte) den Maschinenpark für die Partie. Jede Spielrunde beginnt damit, dass sich die Spieler für eine dieser Maschinen entscheiden können. Dabei verzichtet Factory Fun gänzlich auf Versteigerungen oder langwierige Einkaufsphasen. Wer zuerst zugreift, bekommt die Maschine. Dies ist durchaus wörtlich zu nehmen, da alle Spieler auf ein Kommando hin mit einer Hand je eine der verdeckten Maschinen umdrehen. Mit seiner anderen Hand kann man nach Begutachtung der Auslage die gewünschte Maschine greifen, wenn nicht ein anderer schneller war. Hierbei gilt „berührt – geführt“, d. h. die ausgewählte Maschine muss in die Fabrik eingebaut werden, außer man ist bereit 5 GE „Entsorgungsgebühr“ zu zahlen. Hierzu müssen die geforderten Zwischenprodukte als Input entweder aus anderen Maschinen oder aus Vorratsbehältern zu der Maschine geleitet werden. Glücklicherweise besitzt jeder Spieler zu jedem Zwischenprodukt einen Vorratsbehälter, der dieses in beliebiger Quantität zu den Maschinen leiten kann. Aber auch der Output einer Maschine darf nicht einfach verpuffen. Dieser muss entweder einer anderen Maschine als Input dienen oder in einen Zwischenbehälter geleitet werden. Endprodukte benötigen immer einen Endbehälter. Der Einbau der gerade erworbenen Maschine ist dabei kostenlos, jedoch kostet jedes Leitungsstück, das man neu verlegt, sowie jeder neu platzierte Behälter eine GE. Auch darf man früher gelegte Maschinen, Leitungen und Behälter umplatzieren, aber auch dies kostet je Stück eine GE – bei Maschinen sogar 2 GE.
Am Ende der Ein- und Umbauaktionen, die alle Spieler gleichzeitig durchführen können, müssen ein paar Regeln eingehalten werden. So müssen alle Maschinen mit den korrekten Inputs versorgt werden und jeder Output entweder in andere Maschinen oder in Behälter geleitet werden. Leitungen dürfen nicht ins Leere laufen und wir dürfen verschiedene Zwischen- oder Endprodukte nicht in denselben Behältern lagern. Obendrein müssen wir die Regeln der Thermodynamik beachten, d. h. wir dürfen kein Perpetuum Mobile bauen.
Es fallen u. U. gehörige Baukosten pro Runde an, wodurch die berechtigte Frage nach den Einnahmen aufkommt. Jede Maschine bringt bei ihrem erstmaligen Einbau in die Fabrik direkte Einnahmen, wie auf ihr angegeben. Die Superpruttel z. B.10 GE, der Vacuumfriend 11 GE. Das Gros der Maschinen bringt Einnahmen zwischen 5 und 8 GE, je nach gefordertem Input und je nach Art des Outputs. Diese werden mit den Baukosten der Runde saldiert und auf einer Zählleiste abgetragen. Schulden dürfen dabei nicht gemacht werden, d. h. man darf nicht bauen, wenn man auf der Zählleiste unter 1 GE fallen würde.
Lukrativer als der direkte Profit sind aber kluge Vernetzungen der Maschinen. Liefern eine oder mehrere Maschinen den gewünschten Input zu einer anderen (hierbei darf gleichfarbiger Input aus Maschinen nicht mit dem aus Vorratsbehältern kombiniert werden), so wird eine durchsichtige Linse auf dem Input der belieferten Maschine platziert. Am Ende des Spiels ist jede so platzierte Linse das Fünffache der Inputmenge wert. Damit sind wir auch schon beim Spielende. Nach der 10. Runde addiert jeder Spieler den Profit der Linsen zu seinem bisherigen Punktestand, und wie meistens gewinnt auch hier der Spieler, der in Summe die meisten Punkte erwirtschaften konnte.
Fazit
Hui – mit dieser Fabrik hat man wirklich seinen Spaß, zumindest wenn man diese Art der Optimierungsspiele mag. Jede Runde gilt es zu überblicken, welche der Maschinen am besten in die eigene Fabrik passt und wie man sie optimal in die Fabrik integriert. Dabei ein Auge auf die Punkte durch in Reihe geschaltete Maschinen zu haben, ist nicht verkehrt. Diese waren in all unseren Partien ausschlaggebend für den Sieg und machten meist drei Viertel der Gesamtpunktzahl aus. Dass man dabei die Maschinen unter Zeitdruck aussuchen muss, hat allen Mitspielern sehr gut gefallen. Dies lockert das Spiel auf und bietet einen schönen Kontrapunkt zu der grübellastigeren Einbauphase. Dabei erkennt man nach und nach, dass die „3-2-1-Meins“-Phase, wie wir sie getauft haben, gar nicht so hektisch ist, wie in anfänglichen Spielrunden meist praktiziert.
Vorausschauende Bauweise zahlt sich meist aus. Es ist zwar unbekannt, welche Maschinen in den Folgerunden ins Spiel kommen, doch sollte man seine Fabrik nicht allzu kompakt planen. Eine kluge Platzierung der Vorratsbehälter kann in späteren Runden lästige Umbauaktionen minimieren. Dies ist aber leichter gesagt als getan, da man gerade zu Spielbeginn wegen Geldmangels meist kompakt bauen muss. Verstärkt wird das Baudilemma durch den einfachen, aber genialen Kniff, dass jeder Fabrikboden in der Mitte eine zentrale „Säule“ besitzt, um die herumgebaut werden muss. So wird schnell der Platz eng und die Verbindungsleitungen länger. Aber gerade dieses Dilemma macht eine Würze des Spiels aus.
Egal ob zu zweit, dritt oder viert, Factory Fun spielt sich in jeder Besetzung gleich gut. Bei mehr Mitspielern steht jede Runde eine höhere Maschinenauswahl zur Verfügung – allerdings auch mehr Konkurrenz darum. Da alle Spieler gleichzeitig ins Spielgeschehen involviert sind, ist eine Partie meist innerhalb der angegebenen 45 Minuten zu absolvieren.
Factory Fun ist hochwertig produziert und beinhaltet, wie bei Cwali üblich, 4-sprachige Spielregeln. Die Maschinen, Behälter und Leitungen aus dicker Pappe dienen in ihrem Design sehr der Übersicht. Trotzdem war Liebe zum Detail im Spiel – so sind alle 48 Maschinen unterschiedlich benannt und mit individuellen Grafiken versehen. Zum Spielende liegt vor einem ein sehr ansehnliches Farbiklayout, das mich immer an die Gozinto-Graphen („goes into“) aus der Produktionstechnik erinnert. Einzig das Cover verdient einen Preis für seine Hässlichkeit. Sähe ich das Spiel so im Geschäft, ließe ich es glatt links liegen. Und dabei entginge mir dann eine Spieleperle im Genre der Optimierungsspiele.
Rezension Arne Hoffmann
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
Links
Unter http://www.cwali.com/factoryfun/factoryfun.htm findet man einen Fabrikboden für einen 5. Spieler. Ferner präsentiert Corné van Moorsel dort eine Solitair-Variante sowie diverse Puzzle-Aufgaben.
Weitere Infos
Corné van Moorsel weist in der Spielregel darauf hin, dass durch die Kombination zweier Exemplare von Factory Fun das Spiel mit bis zu 8 Personen spielbar ist.