Rezension/Kritik - Online seit 29.08.2013. Dieser Artikel wurde 4308 mal aufgerufen.

Divinare

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Autor: Brett J. Gilbert
Illustration: Ben Carre
Verlag: Asmodee
Rezension: Franky Bayer
Spieler: 2 - 4
Dauer: 30 Minuten
Alter: ab 10 Jahren
Jahr: 2012
Bewertung: 3,3 3,3 H@LL9000
3,5 3,5 Leser
Ranking: Platz 5863
Download: Kurzspielregel [PDF]
Divinare
Auszeichnungen:2013, Spiel des Jahres Empfehlungsliste

Spielziel

Die Zeit - ein weitreichendes Thema. In der Physik wird Zeit (t) als physikalische Größenordnung beschrieben, welche sie als die Abfolge von Ereignissen mit einer eindeutigen, unumkehrbaren Richtung bezeichnet. Das genau definierte Fortschreiten der Gegenwart von der Vergangenheit kommend in die Zukunft hinführend, hat die Menschen seit jeher zu Spekulationen über kommende Ereignisse veranlasst. Dieser Bedarf an Wissen über noch nicht Geschehenes ist ein idealer Nährboden für Scharlatane, die vorgeben, zukünftige Ereignisse vorhersagen zu können. Im Spiel Divinare (italienisch für "wahrsagen") übernehmen die Spieler die Rolle eines Möchtegern-Hanussens und Hobby-Nostradamus', um sich in einem historischen Wahrsage-Wettbewerb mit anderen Medien zu messen.

Ablauf

"The First International Contest of Mediums" findet laut Spielgeschichte am 17. November 1896 in London statt und wird in vier Disziplinen bestritten: Handlesen, Kristallkugel, Kaffeesatzlesen und Sterndeutung. Diese vier Wahrsagearten kommen auf insgesamt 36 Karten vor, allerdings nicht gleich oft, sondern unterschiedlich häufig: sechs rote (Handlesen), acht blaue (Kristallkugel), zehn grüne (Kaffeesatzlesen) und zwölf gelbe (Astrologie). Von diesen Karten werden 24 verdeckt gleichmäßig an die Spieler ausgeteilt, die restlichen zwöfl kommen unbesehen beiseite. Es gilt nun für die Teilnehmer herauszufinden, wie viele Karten jeder Sorte noch im Spiel sind.

Anfangs fischt jeder noch im Trüben, denn der einzige Anhaltspunkt sind die paar Karten, die man auf der Hand hält. Mit der Zeit erhält man jedoch mehr Informationen durch Kartentausch. So gibt man gleich nach dem Austeilen einen Teil der Karten an seinen linken Nachbarn weiter. Später kommt es noch - je nach Spielerzahl - ein oder zwei Mal zum Tausch, sodass man auf diese Weise insgesamt zwölf Karten zu sehen kriegt. Dies ist aber immer noch nur ein Drittel aller Karten, und nur die Hälfte der im Spiel verbliebenen. Exakte Prognosen lassen sich so nicht anstellen.

Während des Spiels gibt es noch Gelegenheit, Näheres zu erfahren. Wer an der Reihe ist, spielt eine seiner Handkarten aus und legt sie neben das entsprechende Spielbrett. Die so entstehende offene Auslage gibt allmählich Aufschluss über die vorhandenen Karten. Anschließend muss er sein persönliches Vorhersageplättchen auf diesem Spielbrett bewegen. Dazu legt er es auf ein beliebiges freies Feld. Die darauf vermerkte Zahl gibt an, wie viele Karten dieser Sorte man am Ende der Runde insgesamt im Spiel vermutet.

Sind alle Handkarten gespielt, kommt es zur Wertung. Die Vorhersagen aller Spieler werden dabei mit den tatsächlich aufgedeckten Karten jeder Sorte verglichen. Für einen genau richtigen Tipp ("perfekte Vorhersage") erhält ein Spieler ein blaues Wertungsplättchen im Wert von drei Punkten. Hat man sich nur um eine Karte verschätzt ("unvollständige Vorhersage"), gibt es immerhin noch einen Punkt in Form eines gelben Wertungsplättchens. Alle anderen Vorhersagen haben sich als falsch erwiesen und werden mit einem roten Wertungsplättchen (ein Minuspunkt) bestraft.

Jedes Spielbrett weist zudem noch eine Anzahl von Bonusfeldern auf. Auf einfachen Bonusfeldern lässt sich ein zusätzlicher gelber Wertungsstein bei einer perfekten oder unvollständigen Vorhersage gewinnen, auf doppelten sogar deren zwei. Allerdings bergen diese Bonusfelder auch ein gewisses Risiko, denn für falsche Vorhersagen verdoppeln oder verdreifachen sich die Minuspunkte.

Nach vier Runden addieren alle Kristallkugelgucker, Handleser, Kaffeesatzdeuter und Astrologen ihre gesammelten Wertungsplättchen. Der Spieler mit den meisten Punkten bekommt den beim Wettbewerb versprochenen "Grand Prize" - einen Siegerscheck über 1000 Pfund - und darf sich fortan bester Wahrsager der Welt nennen.

Fazit

Divinare erinnert ein wenig an das seinerzeit bei Blatz Spiele erschienene Knizia-Spiel Members Only, bei dem die Spieler verschiedene Wetten einschätzen sollen. Auch im neuen Asmodée-Spiel versuchen die Spieler, auf die richtige Anzahl der im Spiel vorhandenen Karten verschiedener Sorten zu tippen.

Was auf den ersten Blick nach einem reinen Glücksspiel ausschaut, entpuppt sich mit der Zeit aber als ziemlich taktisches Kartenspiel mit hohem Bluff-Faktor. Es nutzt in den meisten Fällen absolut nichts, bereits mit dem ersten Tipp richtig zu liegen. Erstens verrät man seinen Mitspielern unnötig zu viel, zweitens muss man mit jedem Ausspielen einer Karte das entsprechende Vorhersageplättchen bewegen. Es gibt nichts Ärgerlicheres, als mit dem letzten Zug eine perfekte Vorhersage zu bestätigen, aber anschließend das richtige Feld verlassen zu müssen. Wenn dann die beiden benachbarten Felder bereits besetzt sind, bleibt nur mehr der Rückzug auf das zentrale Startfeld, das einem wenigstens keine Minuspunkte beschert.

Aus diesem Grunde wird besonders in den ersten Spielzügen mehr geblufft, gepokert und gereizt als ernsthaft spekuliert. Ein wichtiges Element zur Verwirrung der Gegner ist der Kartentausch, bei dem gerne wichtige Karten absichtlich zurückgehalten werden, um den Mitspielern Informationen vorzuenthalten. In den letzten Runden spielt aberauch die Weitergabe von Karten, um die Mitspieler zum Wegbewegen ihrer Vorhersageplättchen zu zwingen, eine wichtige Rolle. Kurzum: Es steckt mehr Taktik in diesem Kartenspiel als es anfangs den Anschein hat.

In voller Spielerzahl spielt sich Divinare meiner Erfahrung nach am besten. Bei weniger Spielern ist das Gedränge um die punkteträchtigen Felder der einzelnen Spielbretter nicht so groß, zu viert tut sich da wesentlich mehr. Zu zweit ist es überhaupt nur mit einer Spezialregelung spielbar, bei der ein Dummy einen Teil der Karten erhält. Nicht gerade elegant, und auch lange nicht so reizvoll wie in voller Besetzung.

Das Spielmaterial ist meiner Meinung nach sehr gut gelungen. Die Hintergrundgeschichte des "First International Contest of Mediums" wird grafisch bestens unterstützt, weshalb eine recht dichte Atmosphäre entsteht. Die vier Teilnehmer, in deren Rollen die Spieler schlüpfen, werden in der Spielregel sogar detailliert vorgestellt: Rami Sakar, ein Inder mit übernatürlichem Talent; Tzciska Parovic, eine junge Zigeunerin aus Rumänien, John-Paul Kramer, ein notorischer Betrüger aus Boston, und Lord Edmund Fischner III, ein adeliger, okkult besessener Globetrotter. Die Spielkarten tragen ebenfalls viel zum spirituellen Ambiente bei, denn sie erinnern in Form und Gestaltung an alte Tarot-Karten.

Alles in allem ist Divinare ein spannendes, gut funktionierendes und stimmungsvolles Karten-Vorhersagespiel. Es braucht ein, zwei Partien, um die taktischen Möglichkeiten zu erkennen, aber dann wird es immer wieder gerne gespielt. In unseren Spielrunden wird damit fast jeden Monat eine kleine "Seance" abgehalten ...

Rezension Franky Bayer

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Divinare: 3,3 3,3, 4 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 22.07.13 von Franky Bayer - Hört sich anfangs nach rreinem Glücksspiel an, spielt sich aber doch ziemlich taktisch mit hohem Bluff-Faktor.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 08.08.13 von Michael Andersch - Grundsätzlich nette Idee, aber zumindest zu viert wirr und weitestgehend unsteuerbar.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 29.08.13 von Roland Winner
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 30.08.13 von Mahmut Dural - Material: Trotz kleiner Schachtel, zu viel Luft. Spielanleitung ist gelungen (Format Heckmeck). Der Einstieg ist sehr leicht und die Runden selbst zu viert dauern ca. 15-20 Minuten. Spielerisch ist Divinare nett, aber nicht wirklich überzeugend. Es gibt viel bessere Bluff-Spiele auf dem Markt. Einzig Positive, sind die schnellen Partien, die aber eher spannungsarm und nicht immer steuerbar sind. Manchmal hat man das Gefühl, daß man eher ein Schätzspiel vor sich hat, als ein Bluffspiel. :-) Nett, aber wirklich nicht mehr ;-)

Leserbewertungen

Leserwertung Divinare: 3,5 3.5, 4 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 29.08.13 von Hans Huehnchen - Taktisches Bluffspiel mit tollem Material und einfachen Regeln, das einen gerne auch mal in den Wahnsinn treibt. Zurecht auf der Empfehlungsliste der Jury.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 30.08.13 von Gülsüm Dural - Konnte mich und meine Spielergruppe nicht überzeugen. Flog dann auch aus meiner Sammlung. Lieber vorher probespielen. Mit 20€ finde ich es überteuert. Wenn man vernünftige Bluffspiele mit ähnlichem Anspruch sucht, kann man sich Bluff, Hick Hack im Gackelwack, Adel verpflichtet usw. angucken, wo auch das Preisleistungsverhältnis paßt und der Spielspaß gegeben ist.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 05.12.13 von uwe.heine
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 14.02.16 von Achim Nieder-Vahrenholz - Zu viert sehr gutes Bluff- und Abschätzspiel. Der relativ hohe Glücksanteil stört nicht. Bibbern bis zum Schluss garnatiert!

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