Rezension/Kritik - Online seit 11.04.2015. Dieser Artikel wurde 6711 mal aufgerufen.

Canopy Walk

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Autor: Dennis Kirps
Gérard Pierson
Illustration: Odysseas Stamoglou
Verlag: TF Games
Rezension: Monika Harke
Spieler: 2
Dauer: 30 Minuten
Alter: ab 14 Jahren
Jahr: 2014
Bewertung: 4,5 4,5 H@LL9000
3,5 3,5 Leser
Ranking: Platz 4245
Canopy Walk

Spielziel

Gerüchten zufolge sollen im südamerikanischen Regenwald rote Diamanten entdeckt worden sein. Dies ist für zwei Expeditionen geradezu eine Aufforderung, sich auf die Suche nach diesen äußerst wertvollen Edelsteinen zu machen. Da der Weg am Boden zu gefährlich ist, müssen sie Baumwipfelpfade - sogenannte Canopy Walks - bauen. Doch auch in luftigen Höhen wird das Unterfangen nicht leichter. Die Konkurrenz ist stets bemüht, ein besseres Wegenetz zu spannen und geht dabei auch nicht gerade zimperlich vor.

Ablauf

Jeder Spieler wählt eine Spielerfarbe und zieht dann fünf Baumkronenplättchen, die er auf sein Bänkchen stellt. Drei Plättchen werden offen neben den Spielplan gelegt, die restlichen bilden verdeckte Nachziehstapel.

Ist ein Spieler am Zug, legt er ein Plättchen auf den Spielplan, entweder an den Rand oder an ein bereits gelegtes Plättchen. Dabei müssen bestehende - eigene und gegnerische - Canopy Walks immer passend fortgeführt werden. Plattformen und Sackgassenbäume können jederzeit an ein Wegstück angelegt werden. Anschließend zieht der Spieler ein offenes oder verdecktes Plättchen nach.

Sobald ein Baumwipfelpfad abgeschlossen wird, gibt es für jedes Feld des Weges Punkte - allerdings in unterschiedlicher Höhe. Im Idealfall führt der Weg auf einer benachbarten oder der gegenüberliegenden Seite wieder aus dem Dschungel hinaus, denn dann erhält man drei Punkte pro Feld. Wird er durch eine Plattform beendet oder zu der Dschungelseite zurückgeführt, wo er begonnen wurde, erhält man nur noch zwei Punkte pro Feld. Für eine Plattform wird gegebenenfalls ein Punkt abgezogen. Bei einem Pfad, der an einem Sackgassenbaum endet, reduzieren sich die die Punkte pro Feld auf eins.

Statt auf dem Spielplan aktiv zu werden, kann der Spieler auch beliebig viele Plättchen von seinem Bänkchen weglegen und die gleiche Anzahl verdeckter Plättchen nachziehen. Eine mögliche dritte Aktion ist das Passen.

Das Spiel kann auf drei verschiedene Arten enden: Der Plättchenvorat ist aufgebraucht, beide Spieler passen nacheinander, oder es kann kein Plättchen mehr gelegt werden. Über den Sieg freuen darf sich dann der Spieler mit den meisten Punkten.

Fazit

Canopy Walk gehört zu den Spielen, die allein durch ihre ansprechende Aufmachung Lust auf das Spiel machen. Die Ausstattung ist hochwertig, und insbesondere die detailreichen Illustrationen, die von Odysseas Stamoglou stammen, sind überaus gelungen. An dieser Stelle daher ein dickes Lob an ihn! Beim Spielplan wurde sogar an sehschwache Spieler gedacht. Er ist beidseitig bedruckt, mit einer hellgrünen Seite, auf der man die gelegten Plättchen besser erkennen kann, und einer dunkelgrünen Seite, für alle, die das wahre Dschungel-Feeling suchen. Perfekt, möchte man sagen, wären da nicht die Holzbänkchen, die leider allzu leicht und allzu oft umkippen. Das nervt und unterbricht das Spiel nur unnötig.

Ebenso kritisieren muss man die Anleitung. Zum einen scheinen Rechtschreibung und Zeichensetzung nicht gerade die Paradedisziplinen des Verfassers zu sein. Zum anderen hinterlassen die Wertungsbeispiele reichlich Fragen, die man erst durch mühsame Internetrecherche klären kann. Die Kreativität und die Energie, die in eine fantasiereiche Hintergrundgeschichte geflossen sind, hätte man lieber dem Regelwerk zukommen lassen. An dieser Stelle kann man leider auch kein Auge zudrücken, denn für ein derart einfaches Spiel darf man selbst von einem Kleinverlag eine bessere Anleitung erwarten.

Im Grunde ist Canopy Walk ein abstraktes Legespiel, bei dem man Wege baut und wertet - mehr nicht. Neue revolutionäre Spielelemente oder -mechanismen sucht man vergebens. Einzig die Doppelplättchen, auf denen oft eigene und gegnerische Pfade abgebildet sind, lassen ein wenig aufhorchen. Ansonsten aber reiht sich Canopy Walk bei der Vergabe des Innovationspreises eher auf den hinteren Rängen ein. Die mangelnde Innovation wird jedoch durch ein Mehr an Interaktion ausgeglichen. Und zwar durch so viel mehr, dass man dies fast als innovativ bezeichnen kann. Ich kann mich nicht erinnern, jemals ein derart destruktives Legespiel gespielt zu haben!

Dabei fängt alles so harmlos an. Jeder Spieler beginnt ein, zwei Pfade und führt diese mit zwei, drei Plättchen fort. Spätestens dann beginnt jedoch der Dschungelkrieg. Da es durch das Bauen der Canopy Walks nur eine einzige Möglichkeit gibt, Punkte zu erzielen, und man dem Gegner nichts gönnt, gilt der erste Blick dem gegnerischen Wegenetz. Hier versucht man, seinem Kontrahenten die Tour zu vermasseln und dessen Punkteausbeute möglichst gering zu halten, indem man seine Wege einfach abschließt. Dies geschieht vornehmlich mit Sackgassenbäumen. Plattformen nutzt man lieber für eigene Wege als Schutz vor gegnerischen Gemeinheiten. Da man stets fünf Plättchen zur Auswahl hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, ein geeignetes Plättchen zum Abschluss eines Weges parat zu haben. Im weiteren Spielverlauf bietet sich dann auch die extrem gemeine Möglichkeit an, punkteträchtige Pfade des Gegners so zu umbauen, dass nur noch einzelne Felder frei bleiben und keine Doppelplättchen mehr gelegt werden können, was mit null Punkten gleichzusetzen ist. Zu diesem Zeitpunkt, oft auch wesentlich früher, entpuppt sich das Spiel dann als ausgezeichneter Schimpfwortgenerator, und es zeigt sich, wer frustresistent ist.

Vereinzelte Gemeinheiten beleben ja oft das Spielgeschehen, aber permanentes Ärgern wie in diesem Fall steigert nicht unbedingt den Spielspaß. Dies lässt hier ein eher negatives Spielgefühl entstehen.

Canopy Walk ist ein solides Legespiel ohne großartige Raffinesse. Der Spielreiz hält sich aufgrund der hohen Interaktion jedoch in Grenzen. Wenn man in der richtigen Stimmung ist, in der man die geballte Ladung Interaktion gut wegstecken kann, und auch einen gleichgesinnten Spielpartner gefunden hat, kann man durchaus Gefallen an dem Spiel finden. Harmoniesüchtigen Pärchen ist eher abzuraten, während bei zwei Spielern, die ihren Spaß daran haben auszuteilen, gleichzeitig aber auch einstecken können, der Spielreiz deutlich höher liegen kann.

Rezension Monika Harke

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Canopy Walk: 4,5 4,5, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 14.03.15 von Monika Harke
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.03.15 von Rainer Harke - Ein "Hauen- und Stechen-Spiel", bei dem keiner dem anderen 'was gönnt'.

Leserbewertungen

Leserwertung Canopy Walk: 3,5 3.5, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 11.04.15 von Jörn
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 14.04.15 von ravn - Ich habe immer noch die Hoffnung, dass ich das Spiel schlicht falsch gespielt habe. Aber so extrem hat mir ein Spiel schon lange nicht missfallen. Ich fühlte mich in meiner Erstpartie schlicht gespielt - nichts schien konstruktiv zu passen, so dass alles darauf hinauslief, den Mitspieler zu behindern, zumindest bei mir. Klar kann man das jetzt konfrontative Interaktion nennen, nur ein positiver Spielfluss kam dabei nicht auf. Zumal das Auswahlglück noch zuschlug und das arg einseitig. Da das Spiel zudem in Sachen Spielmechanik nichts neues bietet und die altbekannten Mechansimen auch nicht zu einem guten Spielerlebnis kombiniert, mache ich lieber einen grossen Bogen um das Spiel.

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