Rezension/Kritik - Online seit 10.10.2009. Dieser Artikel wurde 8637 mal aufgerufen.

Attandarra

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Autor: Horst Rokitte
Verlag: Spiel-Idee
Rezension: Ralph Bruhn
Spieler: 2 - 4
Dauer: 90 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2009
Bewertung: 5,0 5,0 H@LL9000
5,5 5,5 Leser
Ranking: Platz 388
Download: Kurzspielregel [PDF]
Attandarra

Spielziel

In Attandarra bauen die Spieler jeweils an ihrer eigenen Version einer Kleinstadt. Zum einen geht es darum, möglichst günstige, aber trotzdem hochwertige Baustoffe zu erwerben und mit diesen siegpunktbringende Gebäude zu errichten. Weitere Punkte gibt es, wenn man zudem auch noch möglichst viele Bürger und Reichtum in seine Stadt locken kann. Wer erweist sich als der erfolgreichste Stadtplaner?

Ablauf

Bei der Stadt mit dem klangvollen Namen "Attandarra" handelt es sich um die südwestfälische Kleinstadt "Attendorn", die vor knapp 1000 Jahren erstmals mit dieser Bezeichnung in den Annalen auftaucht.

In diesem Spiel errichten wir jeweils unsere eigene Version dieser Stadt. Dazu erhalten wir ein Tableau, das 20 quadratische, in einem Koordinatensystem angeordnete Felder zeigt, sowie einen identischen Satz von Gebäudeplättchen, die im Laufe des Spiels auf diesen Feldern untergebracht werden sollen. Desweiteren gibt es einen zentralen Spielplan, der die gleichen mit Koordinaten versehenen Felder zeigt wie die persönlichen Pläne. Jedes Feld wird mit je zwei Münz- oder Bürgerplättchen belegt. Außerdem zeigt dieser Spielplan vier Spalten für die zum Kauf verfügbaren Rohstoffe, eine Skala zur Anzeige, wieviel Geld die Spieler in jeder Runde noch zur Verfügung haben und, das Ganze umschließend, eine Siegpunktleiste.

Unsere Aufgabe: Beim Erbauen von Attandarra mehr Siegpunkte sammeln als die Konkurrenten. Siegpunkte erhalten wir sowohl durch den Bau von Gebäuden und Verwendung von möglichst hochwertigem Baumaterial, als auch durch durch den Erwerb von Bürger- und Münzplättchen.

Wie genau erbaue ich meine Stadt? Vorab etwas zu den Rahmenbedingungen:
Wir haben 5 Runden Zeit. Am Anfang jeder Runde erhalten wir jeweils 12 Geldeinheiten (markiert auf der Geldskala) und der Baustoffvorrat wird aufgefüllt. So - was kann ich mir jetzt von meinem Geld kaufen? Abwechselnd darf jeder eine Aktion ausführen, die fast immer Geld kostet. Drei verschiedene Aktionen stehen zur Wahl:

  • Ich kaufe einen Baustoff und verbaue ihn, d. h. ich lege ihn auf ein neues oder auf ein bereits ausliegendes Gebäudeplättchen auf meinem Plan. Der Preis der Baustoffe ist variabel - je seltener im Vorrat, desto teurer. Stelle ich ein Gebäude fertig, d. h. entspricht die Zahl der Baustoffe der Zahl auf dem Plättchen, gibt es Siegpunkte für das verwendete Baumaterial - je nach Art sind das 0 bis 3 Punkte pro Baustoff. Das Baumaterial landet dann wieder im Vorrat - ein fertiggestelltes Gebäude erkennt man daher daran, dass keine Baustoffe mehr darauf liegen.
  • Ich baue ein Wiesenplättchen oder einen Feuerteich zum Preis einer Geldeinheit. Diese Plättchen bringen ggf. am Ende des Spiels Extrapunkte.
  • Ich erwerbe ein Bürger- oder ein Münzplättchen. Jetzt wird's etwas schwieriger: Ein solches Plättchen darf ich nur von einem Feld des zentralen Spielplans kaufen, wenn ich an derselben Koordinate ein fertiggestelltes Gebäude besitze. Der Preis hängt von der Anzahl der oben liegenden gleichartigen Plättchen in der jeweiligen Spalte (Münzen) oder Zeile (Bürger) ab. Dieses Plättchen lege ich dann auf meinem entsprechenden Gebäude ab.

Nach 5 Runden endet das Spiel. Zu den bisher gesammelten Punkten addieren wir die Gebäudewerte, dazu gibt es Bonuspunkte für Mehrheiten bei den Bürger- und Münzplättchen, für Wiesenplättchen und für vollständig umbaute Feuerteiche. Wie nicht anders zu erwarten, gewinnt auch hier derjenige mit den meisten Siegpunkten.

Fazit

Attandarra klingt interessant und geheimnisvoll - erfährt man dann aber, dass sich dahinter eine recht unbekannte Kleinstadt verbirgt, findet man das dann doch vielleicht nicht mehr ganz so spannend. Jedenfalls, wenn man nicht gerade aus der Gegend kommt. Das Thema ist dabei aber ziemlich aufgesetzt, man hätte hier auch irgendeine andere Stadt wählen können. Also: Warum nicht Attendorn, das hatten wir noch nicht ...

Die grafische Gestaltung ist etwas gewöhnungsbedürftig: Der naive Stil der Schachtelgrafik wirkt nicht ganz zeitgemäß. Wenn man dazu noch die Gebäudeplättchen mit ihren fotografischen Abbildungen betrachtet, fühlt man sich bezüglich der Spielegestaltung das ein oder andere Jährchen zurückversetzt.

Spätestens hier muss ich jedoch Folgendes erwähnen: Dieses Spiel wurde im Eigenverlag von Autor Horst Rokitte hergestellt. Aus Kostengründen wurde kein professioneller Grafiker hinzugezogen, was einige Defizite in der grafischen Gestaltung erklärt - und worüber ich daher auch gut hinwegsehen kann. Zum Beispiel wäre es für den Anfang hilfreich gewesen, wenn man irgendwo untergebarcht hätte, wie viele Siegpunkte die einzelnen Baustoffe bringen.
Die Qualität des Spielmaterials ist dafür sehr solide: Stabile Spielpläne und Gebäudeplättchen und Rohstoffwürfel aus Holz machen einen professionellen Eindruck.

Das gilt auch für die Spielregel: Die Regeln sind sinnvoll aufgebaut und mit ausreichend erklärenden Abbildungen versehen. Die eigentliche Grundregel findet auf vier Seiten Platz, dazu kommen noch zwei Seiten für eine optionale Zusatzregel. Da gibt's kaum etwas zu meckern.

Jetzt aber zum wichtigsten Thema: Wie spielt sich denn das Ganze?
Attandarra gehört zur Kategorie der "Dilemma-Spiele". D. h. am liebsten möchte man in seinem Zug mehrere Dinge gleichzeitig tun, darf sich aber nur für eines davon entscheiden. Solche Spiele mag ich sehr gern ...
Die Aktions-Auswahl ist so oft ganz schön knifflig:
Nehme ich lieber den billigen Rohstoff, der mir zwar weniger Siegpunkte bringt, mir aber dafür Geld spart, um noch mehr Aktionen ausführen zu können? Oder sichere ich mir lieber eines der Plättchen, um am Ende einen Bonus für die meisten Plättchen der entsprechenden Art einzuheimsen? Oder baue ich eine Wiese? Auch auf diese dürfen Bürgerplättchen gelegt werden - damit kann ich jemandem, der sein Gebäude an dieser Koordinate noch nicht fertig gebaut hat, evtl. ein schon sicher geglaubtes Plättchen wegschnappen.

Letzteres ist der für mich interessanteste Aspekt des Spiels: Das Wettrennen um die Bürger- und Münzplättchen. Da für jede Koordinate nur 2 Plättchen zur Verfügung stehen, gehen im Viererspiel zwangsweise mindestens zwei Spieler leer aus. Da diese Plättchen für die Mehrheitenwertungen am Ende aber entscheidende Punkte bringen können, sollte man diese bei Gelegenheit tunlichst einsammeln. Hier den Überblick zu behalten, wann man diese Plättchen erwerben sollte, bevor sie einem weggeschnappt werden, macht für mich den Hauptreiz in diesem Spiel aus.

Genau dieser Mechanismus ist es aber, der einigen Spielern gerade nicht gefällt. Diesen ist es zu anstrengend und/oder zu unübersichtlich, diese Situation zu verfolgen. So erklärt sich, dass die meisten meiner Mitspieler das Spiel entweder sehr interessant fanden oder aber nichts damit anfangen konnten - je nachdem, wie ihnen der Konkurrenzmechanismus um die Plättchen gefiel. Dementsprechend gefällt mir das Spiel übrigens auch zu dritt am wenigsten, weil es dann zu wenig Konkurrenz um die Plättchen gibt.

Im Spiel zu zweit wird nur ein Münz-/Bürgerplättchen auf die Felder des zentralen Spielplans gelegt - so dass hier der Wettkampf um die Plättchen wieder häufiger auftritt. Wobei das dann meistens so ausgeht: "Nimmst du das eine, nehme ich halt das andere". Das Spiel funktioniert zu zweit durchaus, hat aber auch nicht ganz den Reiz des Viererspiels.

Einige kleine Kritikpunkte hätte ich noch, bei denen ich mir eine weitere redaktionelle Bearbeitung gewünscht hätte und die ich hier einfach mal aufzähle:
Z. B. ist es etwas unglücklich, dass die meisten Siegpunkte erst am Spielende verteilt werden. So kann man während des Spiels kaum verfolgen , wer gerade in Führung liegt. Am Ende des Spiels werden dann haufenweise Siegpunkte ausgeschüttet: Hier die Punkte für die Gebäude, dort welche für die Mehrheiten und dazu noch ein paar weitere Bonuspunkte - da weiß oft der Gewinner am Ende nicht, warum er überhaupt gewonnen hat.
Hier würde eine kleine Änderung im Ablauf schon für Verbesserung sorgen: Die Punkte für die Gebäude werden anstatt bei Spielende sofort bei der Fertigstellung gewertet. Die Folge: Die meisten Punkte werden schon während des Spiels vergeben und man behält den Überblick, wer in Führung liegt. Dann fällt es auch leicht, die Boni für die Plättchen überschlagsmäßig einzubeziehen. So hat man die Gelegenheit, bei der Jagd auf die Plättchen gezielt gegen die gerade führenden Spieler vorzugehen.

Ein weiterer Korrekturvorschlag betrifft die Mehrheitenwertung. Laut Regel bekommt man für den 1./2./3./4. Platz pro Plättchenart 10/6/3/0 Punkte. Bei Gleichstand der Plättchen bekommen alle die höhere Punktzahl. Das kann dazu führen, dass 3 Spieler mit der gleichen Anzahl von Plättchen je 10 Punkte erhalten, während der 4. Spieler, der nur ein Plättchen weniger hat, leer ausgeht. In einem Spiel, wo sonst um jedes Pünktchen bei den Baustoffen gerungen wird, wirkt diese Diskrepanz unpassend und frustrierend.
Außerdem bietet diese Regelung dem Spieler, der gerade die meisten Plättchen besitzt, keinen Anreiz auf Ausbau dieser Führung - denn er verliert keine Punkte, wenn jemand mit ihm gleichzieht. Und Spieler, die vor dem letzten Zug gleich viele Plättchen haben, schließen schnell einen Nichtangriffspakt und sammeln lieber anderweitig Punkte.
Einfache Abhilfe hierfür: Bei Gleichstand werden die den Platzierungen zustehenden Punkte geteilt und abgerundet. Bei Gleichstand dreier Spieler um Platz 1 erhalten dann alle Spieler nur noch 6 Punkte - und schon wäre es für alle Spieler interessant, doch noch die alleinige Mehrheit anzustreben.

Noch etwas zu den Zusatzregeln: Diese geben den Spielern noch eine weitere Sorte Gebäudeplättchen an die Hand (Stadttore) und sorgen dafür, dass vor den letzten drei Runden ein vor der jeweiligen Runde aufgedecktes Ereignis eintritt. Dieses kann positiv oder negativ sein: Im ersteren Fall werden zusätzliche Siegpunkte verteilt. im zweiteren kann man ggf. Gebäude-, Münz-, oder Bürgerplättchen wieder verlieren.
Diese Erweiterungen machen das Spiel für mich nur komplizierter und grübellastiger - und zum Teil auch glücksabhängiger - ohne den Spielspaß zu erhöhen. Für mich reicht ehrlich gesagt die Grundregel völlig aus, hier ist noch ein angenehmes Spieltempo möglich. Aber wer mehr Abwechslung im Spiel haben oder noch ein bisschen mehr tüfteln möchte, ist mit diesen Zusatzregeln gut bedient.

Zusammenfassung: Trotz der nicht ganz so ansprechenden Grafik und des hier und dort bestehenden Verbesserungspotentials empfehle ich es, das Spiel einmal auszuprobieren. Die Regeln sind recht überschaubar und gut verständlich, trotzdem ist es beileibe kein simples Spiel, so dass es - auch angesichts von einer Spieldauer von unter 90 Minuten - gut in die Kategorie "anspruchsvolle Familienspiele" passt. Jedenfalls ohne die Zusatzregeln ...

Rezension Ralph Bruhn

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Attandarra: 5,0 5,0, 6 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.10.09 von Ralph Bruhn - Die Spielreiznote gilt nur für das Spiel zu viert. Bei weniger Spielern würde ich eine knappe 4 geben.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 12.07.09 von Roland Winner - Unbedingt mit der Zusatzregel "Stadtgeschichte" spielen.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 12.07.09 von Barbara Winner
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 12.07.09 von Patrizia Holz
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 05.10.09 von Frank Gartner - Optisch sicher kein Leckerbissen aber spielerisch absolut reizvoll!
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 05.03.10 von Horst Sawroch

Leserbewertungen

Leserwertung Attandarra: 5,5 5.5, 4 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 15.11.09 von Andrea Rickert - Sicherlich könnte das Spiel besseres Spielematerial haben. Auch die Optik könnte besser sein. Aber das Spiel ist abgerundet und mit der beiliegenden "Erweiterung" auch ein strategisches Spiel für Vielspieler.Da soll mir erst mal einer ein Spiel zeigen, dass so stimmig und gut ist für so einen PREISKNALLER. Da das Spiel bei mir eine 5-6 wäre, hat dieser durchaus wichtige Punkte die 6 rausgelockt.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.11.10 von Ernst-Jürgen Ridder - Ein gelungenes Spiel. Nicht super, aber sehr gut.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 23.11.11 von Mike
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.05.23 von Dietrich - Siehe Rezension oben: "Zum Beispiel wäre es für den Anfang hilfreich gewesen, wenn man irgendwo untergebarcht (?) hätte, wie viele Siegpunkte die einzelnen Baustoffe bringen." Entweder habe ich eine andere Edition oder der Rezensent hat nicht genau hingesehen. Sehr wohl findet man die Siegpunkte der einzelnen Baustoffe aufgeführt, sogar auf den allgemeinen Baustoffleisten auf dem Hauptbrett - und man braucht nicht einmal von links nach rechts abzuzählen 0, 1, 2, 3, denn sie sind dort aufgedruckt.

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