Rezension/Kritik - Online seit 16.09.2013. Dieser Artikel wurde 11814 mal aufgerufen.

Archipelago

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Autor: Christophe Boelinger
Illustration: Chris Quilliams
Vincent Boulanger
Ismaël Pommaz
Verlag: Ludically
Rezension: Michael Timpe
Spieler: 2 - 5
Dauer: 90 Minuten
Alter: ab 14 Jahren
Jahr: 2012
Bewertung: 4,0 4,0 H@LL9000
4,3 4,3 Leser
Ranking: Platz 3435
Download: Kurzspielregel [PDF]
Archipelago
Erweiterungen/Hauptspiel:Archipelago: War and Peace

Spielziel

Beim Schweizer Spielepreis 2012 hat es ein Spiel bis auf den fünften Rang gebracht, das meines Wissens nur wenig Spieler überhaupt auf dem Radar hatten: Archipelago.

Jetzt kann man den Schweizer Spielepreis natürlich für sehr exotisch halten; gehört haben sicher nur die Wenigsten bisher davon, aber es klingt doch zumindest nach einem Grund, sich dieses Spiel ganz schnell mal anzuschauen: In der Kategorie der teilkooperativen Spiele besiedeln wir mehr oder weniger parallel ein unbekanntes Archipel, um dort Ressourcen abzubauen und Städte zu gründen. Thematisch nichts Neues, aber spielerisch immer wieder ein beliebtes Thema.

Ablauf

In Archipelago entdecken und besiedeln die Spieler gemeinsam eine Südsee-Insel, heuern Arbeiter an, und sammeln Rohstoffe. Märkte helfen beim Verkauf der Rohstoffe, um zu Geld zu kommen, das man wiederum braucht, um weitere Gebäude zu errichten oder um Helfer und Entwicklungen anzuwerben, die im Spiel weitere Verbesserungen und Aktionen ermöglichen.

Soweit so gewöhnlich, will ich auf die Spieldetails hier gar nicht weiter eingehen. Der Clou am Spiel ist nämlich nicht das Ressourcenmanagement, sondern das gemeinsame Management der Inselbevölkerung, die mit fortschreitendem Spielverlauf immer größer, gleichzeitig aber auch unzufriedener wird. Kommt es zu einem Aufstand, haben die Spieler gemeinsam verloren.

Aus den im Spielverlauf neu entdeckten Inselfeldern speist sich der Zuwachs an Bevölkerung auf dem Archipel, die aber auch beschäftigt werden will. Zu viele verkaufte Rohstoffe auf dem Markt sorgen für sinkende Preise, was ab einer bestimmten Grenze automatisch zu Arbeitslosigkeit und damit zu Unzufriedenheit führt.

Parallel gibt es jede Runde Nachfrage nach bestimmten Gütern. Kann diese nicht befriedigt werden, wird die Bevölkerung ebenfalls unzufrieden und der Revolutionsmarker steigt mitunter sprunghaft in die Höhe. Abhilfe schaffen da nur Kapellen bzw. das kooperative Zusammenspiel der Spieler, das die Revolution im Zaum halten muss. Aber wer hilft schon freiwillig seinen Gegnern?

Für zusätzliche Zwietracht in den Reihen der Entdecker sorgt noch der Umstand, dass alle Spieler mit geheimem Spielende und Siegpunktbedingungen operieren. Während also alle gemeinsam versuchen, die Revolution zu unterdrücken, verfolgt jeder noch seine eigenen Ziele, misstrauisch beäugt von seinen Nachbarn, die sich fragen, worin diese Ziele wohl bestehen mögen.

Und was wäre ein solches Spiel ohne einen Verräter? Dessen Rolle brauche ich wohl nicht weiter auszuführen, es ziehen eben doch nicht immer alle am selben Strang, bzw. manch einer gerne an dem Strick, der den anderen um den Hals liegt.

Bleibt die Revolution aus, kann ganz unterschiedlich eine bestimmte Anzahl an Bevölkerung, Gebäuden, Helfern oder Entwicklungen zum etwas überraschenden Spielende führen. Bei der Auswertung der einzelnen Siegpunktbdingungen erweist sich dann, wer die Ziele seiner Mitspieler richtig erkannt hat und neben seiner eigenen Siegpunktkarte noch Punkte von weiteren Karten ergattern kann.

Fazit

Geht es Ihnen auch so? Bei teil-kooperativen Spielen habe ich immer den Eindruck, dass nur Verräter mitspielen! Alle scheinen sich verschworen zu haben, bloß nichts für die Gemeischaft zu tun, aus Angst, womöglich zu viel für einen Mitspieler zu tun. Dann doch lieber gemeinsam untergehen. Wenn Sie auch in einer solchen Runde spielen, lassen Sie besser die Finger von Archipelago, denn unter diesen Voraussetzungen funktioniert das Spiel einfach nicht.

Ihre Mitspieler sollten schon bereit sein, auch mal einen Nachteil in Kauf zu nehmen, um die Gruppe aus einer kritischen Situation zu retten. Im Mindesten bedarf es einer gewissen Verhandlungsbereitschaft, dass die Spieler es schaffen, sich zu einigen, wer wieviel zur Unterdrückung eines Aufstandes beiträgt. Erst dann entfaltet Archipelago seinen Reiz, der sich zusätzlich auch noch hinter einem zunächst verwirrenden Spielablauf gut verborgen hält.

In der ersten Partie weiß man gar nicht so recht, warum man überhaupt irgendetwas machen soll, keinerlei Zwänge oder spielerischer Stress geben irgendeine Aktionen vor, und so bleibt für viele nach dem ersten Spiel ein etwas unklares Gefühl von spielerischer Beliebigkeit zurück.

Wer diese Hürde aber hinter sich bringt, entdeckt dann nach und nach ein sehr schönes Spiel, das die Geschichte der Kolonialisierung politisch unkorrekt und ziemlich verharmlosend, aber auch nicht ganz unrealistisch erzählt. Das Thema ist in Archipelago tief verankert und keineswegs aufgesetzt.

Auch handwerklich gibt es wenig zu bemängeln: Mit drei verschiedenen Stapeln Spielendekarten (je einer für kurzes, mittleres oder langes Spiel) kann die Spieldauer halbwegs gezielt gesteuert werden, nämlich zwischen 30 Minuten und 2,5 Stunden (Ausnahmen bestätigen die Regel).

Das Material und die Regeln sind ebenfalls einwandfrei, und besondere Erwähnung verdient der gut durchdachte und praktische Sortiereinsatz im Karton, der auch im Spiel zur Materialaufbewahrung dient und so das Handling gut unterstützt. Einzig die Anzahl der Ressourcenwürfel scheint etwas zu knapp bemessen, denn ab vier Spielern kommt es sehr schnell überall zu Engpässen, besonders wenn eine Warensorte auch noch Siegpunkt relevant ist und daher kaum wieder in den Markt zurückkommt. Unabhängig davon scheint mir das Spiel in größerer Runde aber ohnehin nicht optimal, mit drei Spielern gefällt es mir am besten.

Mein Fazit: Archipelago will erarbeitet werden und braucht dafür auch noch die richtigen Mitspieler. Keine ganz einfache Voraussetzung für ein neues Spiel, das aber mit Thema, Ausstattung und teil-kooperativer Spielmechanik durchaus abwechslungsreich und spannend zu spielen ist.

Für Freunde des teil-kooperativen Spielens ist es sicher einen Versuch wert, besser noch zwei Versuche, da das ungewöhnliche Spielgefühl und die nach wenigen Zügen steil ansteigende Schwierigkeit, die Revolution im Zaum zu halten, das Spielgefühl der ersten Runde doch deutlich beeinflussen. Ob es dann auch für eine anhaltende Liebe reicht, gilt es zu erkunden; für mich hat es diesen Sprung leider knapp nicht geschafft.

Rezension Michael Timpe

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Archipelago: 4,0 4,0, 5 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 12.05.13 von Michael Timpe - In meinen Augen spielerisch leider nicht ganz rund und ausgereift, aber sehr schöne Ansätze. Tut mir fast leid, nur drei Punkte zu geben.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.09.13 von Mahmut Dural - Zwischen 4 und 5 Punkten. Schönes Spiel aber definitiv kein Must Have.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.09.15 von Silke Hüsges
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 18.11.15 von Edgar Ameling - Auf den ersten Blick mutet es wie ein etwas edler aufgemachtes Siedlerspiel, aber im Endeffekt schon eine richtige Wirtschaftssimulation mit diversen Elementen, die es auszubalancieren gilt. Anspruchsvolles Vielspielerspiel.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 14.10.22 von Michael Andersch - Hm. Fühlt sich komisch an - irgendwie limitiert. Bei mir ist leider null Funke übergesprungen. Das (mögliche) Verhandeln von allem und jedem war vielleicht in den 1990ern en Vogue (ich sag nur: "Intrige"), aber jetzt fühlt es sich einfach nur spielverlängernd an. Zur Aufmachung: Die Schrift auf den Karten ist schon arg klein. Und die Siegendebedingungen und -punktvergabe ist recht zufallsabhängig.

Leserbewertungen

Leserwertung Archipelago: 4,3 4.3, 11 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 16.09.13 von Bernd Eisenstein - Meine Wertung für die Aufmachung gründet sich auf die verdammt schlechte Übersicht, der auf den ersten Blick schönen Materialien. Möglicherweise gibt das Spiel mehr her, wenn man sich intensiver damit beschäftigt, aber heutzutage muss ein Spiel gleich zünden, sonst hat es schlechte Karten.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 16.09.13 von Ralf Rechmann - Archipelago ist keineswegs einfach. Die Regeln sind nur scheinbar klar, lassen aber leider viele Detailfragen offen. Inzwischen gibt es eine Version 2.0, allerdings nicht auf deutsch. Dazu kommt, dass mir die verdeckte Alles-oder-Nichts-Reihenfolge-Bietphase nicht gefällt. Ebenso die geheimen Siegpunkt-Karten, die den Spielsieger auch mal zufällig küren, weil jemand eben alle Kategorien getroffen hat. Vom Material ist der Hexfeld-Container zu klein und muss manuell geweitet oder angeschnitten werden und das Plastikinlay schlicht unbrauchbar für den Transport. Fernab davon kann Archipelago aber faszinieren, wenn man sich darauf einlassen mag. Dazu sollte man aber mindestens eine mittlere bis lange Partie spielen, weil bei einer kurzen Partie das Geschehen plötzlich vorbei ist, bevor es wirklich losgeht. Deshalb empfehle ich in Anfängerrunden auch nur drei Spieler, weil eine Partie ansonsten zu lang dauert und man selbst zu wenig Spielanteile hat. Die wenigsten Mitspieler werden aber wohl über eine eventuell enttäuschend-zähe Erstpartie kommen, um das eigentliche Potential von Archipelago zu erkunden. Schade!
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.09.13 von Gülsüm Dural - Kleine Schwächen, aber mir gefällt das Spiel. Es braucht ein paar Partien, aber die nehme ich gerne in Kauf, wo doch die Aufmachiúng so einladend ist. Knappe 5 Punkte.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.09.13 von Matthias Neumann - Das Spiel ist in der Tat komplex, aber in sich schlüssig, lässt viele Stategien zu, ist spannend und eigentlich auch nie vorhersehbar und somit ist auch ein hoher Wiederspielreiz gegeben. Außerdem ist die Aufmachung wirklich einsame Spitze! Warum dann aber "nur" fünf Punkte? Es erstickt ein wenig in seinen vielen Möglichkeiten, die gar nicht alle zum Tragen kommen. Das ist ein wenig schade. Trotzdem ein großartiges Spiel!
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.09.13 von Braz - Für mich ein Top Spiel aus dem Jahrgang 2012. es spielt sich mit jeder Spielerzahl sehr gut und besitzt viel Variationsmöglichkeiten.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 09.03.15 von Shigeru
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 09.03.15 von Pasvik - Gruselige Regeln....
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 10.03.15 von Dietrich
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 22.08.15 von Alban - Das Spiel ist der Hammer und hat für uns eine hohe Suchtwirkung. Das es Längen gibt, wenn die anderen Mitspieler lange überlegen, können wir ertragen. Die Wertung am Schluss erscheint ein wenig willkürlich, weil fast alles bewertet und bepunktet wird, als gehe es mehr ums Spielen als ums Gewinnen. Bei unseren Spielen war es immer sehr knapp. Die Erweiterungen kann man sich ersparen: sie sind ziemlich teuer und bringen nichts wesentlich Neues. Dafür läuft das Spiel auch zu zweit sehr gut.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 14.10.17 von Dencer - Knappe 4 Punkte. Die Kritikpunkte die erwähnt werden (verdeckte Siegpunktevergabekriterien, zu wenig Rohstoffwürfel für Spiel zu 4t, Regelunklarheiten) machen es unrund, wenngleich der Mechanismus mal grundsätzlich interessant ist.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.03.19 von Störbot - Einfach nur unausgegoren, unstimmig und schlecht.

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