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Die vergessene Welt / The Ancient World

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Autor: Ryan Laukat
Illustration: Ryan Laukat
Verlag: Schwerkraft-Verlag
Rezension: Christoph Schlewinski
Spieler: 2 - 4
Dauer: 60 Minuten
Alter: ab 13 Jahren
Jahr: 2014
Bewertung: 4,3 4,3 H@LL9000
5,0 5,0 Leser
Ranking: Platz 937
Download: Kurzspielregel [PDF]
Die vergessene Welt / The Ancient World

Spielziel

Einen neuen Stadtstaat zu gründen ist eine schwierige Sache. Man braucht unbedingt genug Land. Man braucht Gebäude, die einem bei der Verwaltung helfen. Und man braucht Nomaden, die in der Umgebung leben. Denn ohne deren Zustimmung läuft hier nichts. Sie lassen sich zwar von tollen Gebäuden im neuen Stadtstaat beeindrucken. Die meiste Hilfe bekommt man aber von ihnen, wenn man die gewaltigen Titanen besiegt, die ihnen zusetzen. Und das ist keine leichte Aufgabe ...

Ablauf

Bei Die vergessene Welt handelt es sich um ein klassisches "Arbeiter-Einsetz"-Spiel. Also Arbeiter auf den Plan setzen, damit Aktionen auslösen und damit Siegpunkte scheffeln.

Siegpunkte scheffelt man hier zum größten Teil damit, dass man Karten mit farbigen Flaggen darauf sammelt. Jede Flaggenfarbe repräsentiert einen Nomadenstamm. Je mehr Flaggen einer Farbe man zum Schluss hat, desto mehr Siegpunkte bekommt man von diesem Stamm.

Flaggen befinden sich auf Gebäudekarten, Armeekarten und besonders auf den Karten der Titaten, die durch Die vergessene Welt streifen und denen man mit seinen Armeen zu Leibe rücken kann.

Zu Anfang hat jeder drei Bevölkerungssteine; ist man an der Reihe, kann man einen davon setzen. Und zwar auf eine der folgenden Aktionen (hier nur die Wichtigsten):

  • Bauen: Man darf sich eine offen liegenden Gebäudekarten nehmen und sie in seinen Stadtstaat integrieren. Gebäude haben immer eine schicke Möglichkeit. Sie geben einem entweder Nahrungsmittel (von denen man am Ende einer Runde genauso viele braucht wie man Arbeiter hat) oder Goldeinnahmen pro Runde oder eine Fähigkeit, die man fortan nutzen kann, aber kein anderer Mitspieler. Man kann aber nicht beliebig viele dieser Karten in seiner Auslage haben. Anfangs ist der eigene Stadtstaat nur groß genug für vier Karten. Um dem abzuhelfen kann man seine Grenzen aber ...
  • Ausbauen: Provinzkarten erhöhen die Anzahl der Karten, die man bei sich bauen darf und geben dazu noch meistens eine nette Fähigkeit. Kosten aber Goldmünzen, um sie zu bauen ... oder eine Schriftrolle. Die kann man bekommen durch:
  • Lernen: drei Münzen gegen eine Schriftrolle.
  • Rekrutieren: Man sucht sich eine der offen liegenden Armeekarten aus und nimmt sich eine davon. Für manche muss man Gold und/oder eine Schriftrolle bezahlen. Und dazu darf man nur zwei Armeen vor sich liegen haben. Da man aber bereits mit zwei Armeen startet, heißt das nicht, dass man jetzt keine mehr kaufen kann. Bei Die vergessene Welt entlässt man einfach eine Armee und die entlassenen Soldaten sind so nett und geben ihren Kollegen ein paar Tipps für die Zukunft. Heißt im Spiel: Man dreht die Armeekarte um und schiebt sie unter die neue Armeekarte. Jetzt hat die neue Karte ein paar zusätzliche Kampffähigkeiten.
  • Vermehren: Ist ab Runde drei verfügbar. Für drei Gold kann man sich einen neuen Arbeiter nehmen.

Neue Arbeiter sind manchmal eine gute Sache, denn sie sind nummeriert. Arbeiter 1-3 hat man bei Spielbeginn und kann sich im Laufe einer Partie auch noch die Arbeiter 4 und 5 holen. Manche Aktionsfelder haben Beschränkungen, wer dort wann einen Arbeiter einsetzen darf. Bei manchen dürfen nur höhere Nummern gelegt werden als die, die schon auf der Aktion liegen. Auf manchen muss man eine Strafe zahlen, wenn man eine Nummer legt, die dort noch nicht liegt.

Anstatt einen Arbeiter zu setzen, kann man aber auch einen Titanen angreifen. Davon liegen immer drei offen aus (einfach, mittel, schwer) und zeigen auf der Karte, wie viele Kampfpunkte man mit seinen Armeekarten generieren muss, damit man ihn besiegt. Dazu braucht man entweder Schwerter oder Bögen oder beides. Hat man so einen Titanen besiegt, wandert er in die eigene Auslage und bringt eventuell noch eine nette Fähigkeit mit sich.

Allerdings muss man seine Armeen für diesen Kampf bezahlen und ihr Sold wird von Kampf zu Kampf kostspieliger. Dazu können die Titanen auch noch zurückschlagen und die eigenen Gebäude außer Kraft setzen (sie werden umgedreht und verlieren ihre Fähigkeit). Deshalb kann man als Aktion auch noch:

  • Reparieren: Bis zu zwei seiner Gebäude kann man wieder umdrehen und dazu noch eine Goldmünze einstecken. Als Sahnehäubchen oben drauf wird er erste Spieler, der diese Aktion wählt, der neue Startspieler.

Als letzte Möglichkeit kann man in seinem Zug auch noch passen. Haben das alle Spieler getan, ist die Runde beendet. Jetzt muss man mindestens so viele Nahrungssymbole auf seinen Karten in der Auslage haben, wie man Arbeiter hat. Arbeiter, die nicht versorgt werden, können in der nächsten Runde nicht eingesetzt werden.

Nach sechs Runden ist der Kampf um den mächtigsten Stadtstaat beendet. Wer jetzt durch die Flaggen auf seiner Kartenauslage die meisten Siegpunkte erzielen konnte, darf sich zum Herrscher über seine Mitspieler aufschwingen.

Fazit

Arbeiter-Einsetz-Spiele sind ja nun wahrlich keine Neuheit mehr. So funktioniert ja zum größten Teil der europäische Spielemarkt. Und wieso auch nicht? Solange es funktioniert ... denn es gibt in dem ganzen Wust dieser Spiele ab und zu eines, das ein bisschen aus der Masse heraussticht. Und Die vergessene Welt ist so ein Spiel.

Die Mechanismen sind den meisten Spielern bekannt und werden noch ein bisschen gewürzt mit einer ungewöhnlichen Thematik und einem netten Zusatzelement: dem Kampf gegen die Titanen. Dazu hat es nur sechs Runden, d. h. man darf hier nicht blauäugig vor sich hinspielen, sondern sollte relativ schnell einen Plan verfolgen.

Bei Die vergessene Welt heißt das wiederum: Man muss nicht nur die Farben der Flaggen im Auge behalten, die sich in der eigenen Kartenauslage ansammeln. Man muss auch aufpassen, ob man überhaupt noch Karten zufügen darf. Und man muss aufpassen, ob man es sich leisten kann, einen Titan anzugreifen. Denn Gold ist bei diesem Spiel knapp bemessen und es wird von Kampf zu Kampf immer teurer, seine Armeen ins Feld zu schicken.

Gewinnen kann man Die vergessene Welt zwar auch ohne gegen Titanen gekämpft zu haben, aber es ist unglaublich schwierig. Denn manche Titanen geben einem Flaggen in drei verschiedenen Farben. Und das ist dann natürlich nützlich, wenn die Flaggen die meisten Siegpunkte erzeugen.

Man hat also überall Baustellen; überall ist es knapp und vor allem: überall lauert der hundsgemeine Mitspieler und wartet nur darauf, einem das Leben schwer zu machen und alle eigenen Pläne zu zerstören. Und das ist bei Die vergessene Welt keine Übertreibung. So einfach es sich erklären lässt und so schnell man in dieses Spiel hineinfindet, so knallhart und gemein ist es auch.

Was an Die vergessene Welt nicht so gefällt:

  • Da gibt es nur einen Punkt: die Interaktion. Die Beschränkungen mancher Felder, wer dort welchen Arbeiter einsetzen darf, kann sehr harte Auswirkungen haben. Besonders die Felder, bei denen man immer noch einen höheren Arbeiter einsetzen muss. Das führt dazu, dass man Felder für seine Mitspieler komplett blockieren kann. Und da wir hier nur sechs Runden spielen, ist so etwas mehr als hart, wenn es einem Spieler zwei bis drei Mal in einer Partie passiert. Es muss noch nicht mal aus Bösartigkeit passieren (kann aber sehr wohl). Oft setzt man arglos einen Arbeiter und hört dann am Schnaufen eines Mitspielers, was man ihm/ihr gerade wieder kaputt gemacht hat. Jetzt kann man natürlich sagen: "So ist doch das Spiel konzipiert. Was meckerst du denn?" Da sage ich drauf: "Stimmt". Aber spielt man Die vergessene Welt zu lasch und will keinem weh tun, verliert es schlagartig an Reiz. Spielt man es richtig, gibt es viele böse Blicke am Tisch. Hier führte das dazu, dass manche Die vergessene Welt nicht mehr betreten möchten. Und ich kann diese Menschen auch ein bisschen verstehen. Da hätte man sich vielleicht etwa anderes einfallen lassen können, denn so, wie es jetzt vorliegt, wird es wohl einige abschrecken. Es ist wirklich ein knallhartes Spiel.

Aber es ist auch ein Spiel mit einer unglaublich tollen Aufmachung, einer sehr eingängig geschriebenen Regel und einem sehr angenehmen Spielfluss. Dazu ist der Spannungsbogen gut gemacht und die vielen Baustellen geben einem ständig etwas zu tun. Eigentlich alles gut ... wäre da nicht der Meckerfaktor der Interaktion.

Das macht Die vergessene Welt zu einem Arbeiter-Einsetz-Spiel, das sicherlich die Spielebegeisterten spalten wird. Ich denken, es wird kaum Menschen geben, die es "ganz nett" finden. Entweder mag man es oder man mag es nicht.

Ich persönlich mag es sehr. Aber da "mögen" nicht alleine ausschlaggebend für eine Note ist, muss man auch die negativen Eindrücke mit einfließen lassen. Deshalb gibt es von mir keine uneingeschränkte Kaufempfehlung, sondern ich lege es nur Spielern ans Herz, die mit der harten Interaktion umgehen können.

Und wer damit umgehen kann, wird Die vergessene Welt genauso oft heimsuchen, wie es die Titanen tun. Da bin ich mir sicher.

Also: Gründet doch mal einen Stadtstaat.

Rezension Christoph Schlewinski

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Die vergessene Welt / The Ancient World: 4,3 4,3, 3 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 15.10.15 von Christoph Schlewinski - Eine starke vier und für Menschen, die Spiele mögen, die keine Fehler verzeihen, sogar eine fünf.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 19.11.15 von Jost Schwider - Sehr schönes und gut funktionierendes Spiel.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 29.05.16 von Edgar Ameling - Auch wenn es schon so unglaublich viele Worker-Placement-Spiele gibt, hebt es sich aus der grauen Masse ein wenig ab.

Leserbewertungen

Leserwertung Die vergessene Welt / The Ancient World: 5,0 5.0, 7 Bewertung(en)

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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 16.11.15 von Flott - Tolle Graphik, aber der Rest von dem Spiel ist so naja.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.11.15 von Guido Kurth - Sehr schönes Spiel von Ryan Laukat. Zwar prinzipiell nichts neues und auch nichts kompliziertes aber das Spiel hat was. Der Angriff auf die Titanen gefällt mir. Und die Grafiken von ihm sind eh der Hammer
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.11.15 von Marco Stutzke - Sehr hübsches Topspiel
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 18.11.15 von Hans Huehnchen - Von der Aufmachung her super, ansonsten ein eher konventionelles Worker-Placement-Spiel. Spaß macht es trotzdem.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 23.12.15 von Ernst-Jürgen Ridder - Nichts Außergewöhnliches. Hat aber Flair und spielt sich gut.
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 07.02.16 von Marco
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Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 17.03.21 von Dietrich - "Die Vergessene Welt" kommt sogar bei Mitspielern gut an, die weniger Gefallen an Workerplacement-Mechanismen finden, wobei für mich der Pluspunkt in der Möglichkeit von Interaktion in Form der Verringerung der Aktionsmöglichkeiten der Mitspieler liegt - also keine direkte, sondern eine (u)absichtliche Konfrontation.

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