Spielziel
Fernab unserer Galaxie treibt die scheinbar verlassene Raumstation Theseus durchs Weltall. Doch der Schein trügt: Irdische und außerirdische Fraktionen haben einzelne Sektoren besetzt und liefern sich einen unerbittlichen Kampf ums Überleben.
Ablauf
Die Raumstation besteht aus kreisförmig angeordneten Sektoren, drei neutrale sowie einen für jede aktive Fraktion. Ein Sektor verfügt über vier Räume, in denen die Einheiten aufeinandertreffen, verschiedene Slots, in denen Karten installiert werden können, und ein bis zwei "Pending card"-Slots an der Unterseite, die Platz für geplante Aktionskarten bieten. Mittels spezieller Fähigkeiten versuchen die Bewohner der Raumstation entweder die Lebenspunkte der Gegner durch Kampf und Fallen zu reduzieren oder aber möglichst viele Informationen in Form von Datenpaketen zu sammeln. Jede Fraktion - Aliens, Marines, Wissenschaftler oder Greys - besteht dabei aus drei Einheiten, ein individueller Kartensatz bestimmt ihre Stärken und besonderen Eigenschaften.
Die Protagonisten durchlaufen die Raumstation stets im Uhrzeigersinn. Pro Zug bewegt sich jedoch nur einer von ihnen. Dabei richtet sich die Laufweite immer nach der Anzahl der im Startsektor befindlichen Einheiten. Beim Erreichen des Zielsektors wird zunächst überprüft, ob die bewegte Einheit eine gegnerische Falle ausgelöst und Schaden erlitten hat. Dann kommt es unter Umständen direkt zu einem Angriff, falls der Eindringling beim Betreten des Sektors den letzten freien Raum besetzt haben sollte. Waren beim Erreichen des Zielsektors bereits alle vier Räume besetzt, wird kurzerhand eine gegnerische Einheit in den Weltraum verbannt, welche aber später wieder in das Geschehen eingreifen kann.
Jetzt gilt es, die individuellen Fähigkeiten zu seinem Vorteil zu nutzen. Verfügt die aktive Fraktion im Zielsektor über bereits installierte Aktionskarten, dürfen diese nun genutzt werden. So können beispielsweise Datenpunkte aktiviert, spezielle Räume genutzt oder Kämpfe durchgeführt werden. Anschließend wird noch eine spezielle Sektoraktion ausgeführt. Neutrale Sektoren ermöglichen beispielsweise den Zug einer weiteren Einheit, Kampf innerhalb der gesamten Raumstation oder aber die Deaktivierung einer gegnerischen Aktionskarte. Im fraktionseigenen Sektor hingegen kann eine eigene Einheit mittels Upgrade-Token einmalig aufgewertet werden, was ihre Effizienz erhöht. Alternativ kann dieser Token auch auf eine installierte Aktionskarte platziert werden, um deren Effekt zu verstärken.
Abschließend wird eine neue Aktionskarte als "drohende Karte" in den "Pending card"-Slot gelegt. Ersetzt sie eine gegnerische Karte, wird diese aus dem Spiel entfernt, eine eigene Karte hingegen darf nun an beliebiger freier Stelle in einem Sektor der Raumstation installiert werden.
Der Kampf um Theseus endet, wenn zum dritten Mal keine Karte mehr in einen "Pending card"-Slot gelegt werden konnte. Nun entscheidet, welche Spezies noch über die meisten Lebenspunkte verfügt oder mehr Datenpunkte gesammelt hat. Ein vorzeitiges Ende tritt ein, wenn eine Fraktion alle Lebenspunkte verloren oder ausreichend Datenmaterial zusammengetragen hat.
Fazit
So eine verlassene Raumstation übt stets eine enorme Anziehungskraft aus, sowohl auf verschiedene Spezies als auch auf Spieler. Bei Letzteren dürfte zunächst die ungewöhnliche Ausstattung das Interesse wecken. Die kreisförmig angeordneten Sektoren aus robusten, unterschiedlich illustrierten Papptafeln sind optisch ansprechend und verbreiten sogleich ein wenig intergalaktische Atmosphäre. Hinzu kommen die drei Fraktionseinheiten in Form von doppelseitig beklebten Holzscheiben, was funktional ist und gleichzeitig auch noch gut aussieht. Die einzelnen Kartendecks bestehen aus jeweils 25 Karten, von denen pro Spiel aber immer nur 15 zum Einsatz kommen. Sie sind in drei Stufen unterteilt, so dass der Schwierigkeitsgrad an die Spielstärke angepasst werden kann und das Spiel abwechslungsreich bleibt. Lobend erwähnen sollte man an dieser Stelle auch die Aufmachung der Karten. Auf der Rückseite ist die jeweilige Funktion ausführlich erklärt, was ein Nachschlagen in der Regel erspart. Zudem wurde eine eindeutige Symbolsprache verwendet, die angibt, um welche Kartenart es sich handelt und welche zusätzlichen Marker ins Spiel kommen. Lediglich die Anleitung hätte an einigen Stellen etwas klarer formuliert sein können. Insgesamt also gute Voraussetzungen für ein unbeschwertes Weltraumabenteuer.
Erfreulicherweise kann der Schlagabtausch im All auch spielerisch überzeugen. Der Zugmechanismus ist zwar abstrakt, aber äußerst reizvoll, denn jeder eigene Zug beeinflusst auch die Bewegung der gegnerischen Einheiten. Nicht nur das eigene Spiel will optimiert werden, auch die Absichten und Pläne der Gegner sollte man bei der Zugwahl mit in seine Überlegungen einbeziehen. Denn nichts ist in diesem Spiel schlimmer, als dem Gegner eine Vorlage zu liefern, die ihn triumphieren lässt. Dies erfordert einerseits etwas Übung bezüglich des Bewegungsmechanismus und andererseits Kenntnisse über die besonderen Fähigkeiten jeder einzelnen Fraktion. Mit entsprechender Spielerfahrung ist man hier klar im Vorteil. Dies trifft auch auf das Installieren von Karten, den Einsatz der Upgrade-Token und die Aktivierung verschiedener Aktionen zu.
Der Hauptanteil am Spielreiz, der das Spiel auch auf lange Sicht interessant bleiben lässt, liegt jedoch bei den einzelnen Fraktionen mit ihren Spezialfähigkeiten. Marines sind wahre Kampfmaschinen, die schnell die Lebenspunkte der Gegner reduzieren. Aliens sind heraufgestuft zwar auch äußerst kampffreudig, setzen aber verstärkt Fallen und andere Gemeinheiten ein. Wissenschaftler hingegen sammeln Informationen und schlagen nur vereinzelt zu. Und die etwas suspekten Greys agieren als eine Mischung aus Aliens und Wissenschaftlern. Erfahrene Spieler haben zusätzlich die Möglichkeit, mit Pandora um die Raumstation zu kämpfen. Dies ist eine Bonus-Fraktion ohne eigenen Sektor, die überall beim Betreten eines leeren Sektors Embryonen hinterlässt, welche dann gegnerische installierte Karten übernehmen und nutzen können. So unterschiedlich die Fraktionen auch sind, keine ist den anderen überlegen. Man kann mit jeder von ihnen den Kampf um die Raumstation gewinnen, was für eine gute Ausgewogenheit spricht. Dabei ist es unerheblich, welche Spezies aufeinandertreffen und welcher Spielmodus gewählt wird.
Die möglichen Spielmodi richten sich nach der Spielerzahl - Duell und Teamspiel für zwei beziehungsweise vier Spieler und das Deathmatch für drei oder vier Spieler. Bei Letzterem wird die Zählweise umgekehrt. Der Schadensverursacher wird mit Punkten belohnt, während der Geschädigte keine verliert. So wird verhindert, dass alle auf einen einprügeln, ohne dass dieser nur den Hauch einer Chance hat. Aus spielerischer Sicht eine sehr gelungene Lösung, schließlich sollen ja alle Parteien gleich viel Spaß am Spiel haben.
Idealerweise trägt man ein Duell aus, da man so den größtmöglichen Einfluss hat, Züge gut planen und sich auf einen Gegner konzentrieren kann. Mit zunehmender Spielerzahl wird das Spiel vom Ablauf her unberechenbarer, aber nicht minder spaßig, da die Fallendichte und die Anzahl angriffslustiger Einheiten zunimmt.
Über mangelnde Interaktion kann man hier wirklich nicht klagen. Wer nicht konsequent versucht, seinen Gegnern mit kleinen und großen Gemeinheiten Schaden zuzufügen oder Daten über sie zu sammeln, wird schnell selbst zum Opfer. Theseus ist nun mal kein Ponyhof. Zartbesaitete Spieler sollten sich daher überlegen, ob sie nicht doch lieber einen Bauernhof bewirtschaften oder Weltwunder errichten. Nach einer maximalen Spielzeit von ca. einer Stunde ist jedoch selbst der härteste Kampf um die Raumstation entschieden, und alle haben sich wieder lieb.
Da alles so flott und unterhaltsam zugeht, lässt man sich jederzeit gerne auf weitere Science-Fiction-Abenteuer ein, sei es, um mit einer anderen Fraktion sein Glück zu versuchen, neue Fallenkombinationen auszuprobieren oder schlicht und ergreifend der Frage auf dem Grund zu gehen, warum alle Einheiten im Kreis herumlaufen, welches jedoch wohl ein ungelöstes Rätsel fernab unserer irdischen Vorstellungskraft bleiben wird.
Rezension Monika Harke
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.