Spielerei-Rezension
Spielerei Nr. 100:
Der niederländische Verlag Splotter Spellen ist nicht durch die Masse seiner Veröffentlichungen bekannt, sondern durch deren Qualität – bestimmt für Vielspieler und nicht für die, hm, Masse.
So sind denn auch seit ihrem letzten Spiel (Greed, Incorporated) einige Jahre verstrichen, bevor zur Spiel ’12 The Great Zimbabwe angeboten wurde, als Prototyp schon ein Jahr zuvor mit großem Interesse beäugt.
Ein „neues Splotter“, welche Freude! Auspacken, Regeln lesen – wie immer nicht schlecht, aber auch nicht „state-of-the-art“, mit manchen Interpretationsmöglichkeiten und leichten Unklarheiten, die sich aber spätestens meist im Laufe des Spiels klären. Relativ kurz, musste ich die Regeln aber doch erst einmal in meine bewährte Kurzregelform bringen, um für das erste Spiel gewappnet zu sein.
Aus quadratischen Tafeln wird ein der Spieleranzahl angemessenes Spielfeld zusammengesetzt, wobei jede Tafel wieder in viele Quadratfelder unterteilt ist. Diese sind größtenteils leer, aber es gibt auch Rohstoff- und Wasserfelder. Viel Holz, Spielkarten und Plättchen ergänzen das Spielmaterial.
Es geht darum, aus Holzscheiben Monumente zu errichten, wofür es Siegpunkte gibt, umso mehr, je höher ein eigenes Monument aus maximal fünf Holzscheiben wächst. Für Monumente braucht man einerseits Rohstoffe, auch hier umso mehr verschiedene, je höher es wächst, andererseits Handwerker. Handwerker werden durch Karten repräsentiert und durch Plättchen auf dem Spielplan, jeder Handwerker kann nur bestimmte Rohstoffe verarbeiten, die zum (Weiter-)Bau eines Monuments in Reichweite liegen müssen, ebenso wie der Handwerker. Auch Spezialisten gibt es in Kartenform und Götter, die jeweils Einfluss auf bestimmte Aktionen haben und/oder die Spielregeln brechen.
Der Kauf all dieser Karten besticht durch einen innovativen Mechanismus: Das anfängliche Spielsiegziel von 20 Punkten für jeden Spieler wird durch den Kauf um die jeweils angegebene Punktzahl erhöht, in einem Fall erniedrigt. Das ist übersichtlich organisiert auf individuellen Spielertafeln. Gekauft wird mit Vieh (Holzfiguren), das auch dazu dient, in ebenso innovativer Weise den Startspieler jeder Runde zu bestimmen.
Die insgesamt eher düstere, afrikanisch anmutende Grafik verleiht dem Spiel ein ganz besonderes Flair. Die Erwartungen sind hoch an dieses neue Werk der beiden sehr sympathischen und mir seit langem gut bekannten Splotter-Macher, Joris Wiersinga und Jeroen Doumen.
But – I’m not amused! The Great Zimbabwe hat eigentlich alle Voraussetzungen für ein Spiel, das mir gefallen sollte, darüber hinaus noch von Splotter! Eng und clever verzahnte Abhängigkeiten, Interaktion, keine Zufallselemente.
Das Grundprinzip sind die von Joris und Jeroen (und auch mir) so geliebten Netzwerke, die in unterschiedlicher Form immer wieder in ihren Spielen auftauchen (von Web über Bus, Roads & Boats, Cannes, bis zu Indonesia oder Ur 1830 BC). Das ist hier aber auch das Grundproblem. Denn die Reichweite der Handwerker bzw. „Transportweite“ der Rohstoffe lässt sich nicht etwa durch Holzstäbchen veranschaulichen, sondern muss gedanklich vollzogen werden, und das wird sehr schnell sehr unübersichtlich. Rohstofffelder/-Plättchen, Wasserfelder-/plättchen, Handwerkerplättchen unterschiedlicher Größe, Monumente bilden bald ein schwer durchschaubares Gewirr auf dem Spielplan. Zur Verwirrung trägt bei, dass zusammenhängende Wasserfelder, egal, welcher Größe, hinsichtlich Reichweite als ein Feld gelten, was spieltechnisch aber durchaus sehr clever genutzt werden kann. Des Weiteren sind die Handwerker ein Übersichtsproblem: Es gibt sogenannte Zweithandwerker, die den zugehörigen Ersthandwerker fast, aber eben nur fast, überflüssig machen. Das ist regeltechnisch letztlich gut geregelt, zumal unter Zuhilfenahme meiner Kurzregel.
Problematisch ist dabei, dass die Plättchen der Zweithandwerker mal größer, mal kleiner sind als ihre „Meister“. Die zwar ansprechende, aber nicht unbedingt eingängige Grafik verbessert die Übersichtlichkeit nicht.
The Great Zimbabwe hat großes Potential, das aber leider unter großen Monumenten vergraben ist. Gute Ideen gibt es zuhauf, so sind z. B. gegen Zahlung von Vieh die Handwerker anderer Spieler nutzbar und das Einkommen richtet sich nach der größten Höhe eigener Monumente. Aber mehr Entwicklungszeit hätte dem Spiel gut getan, denke ich; eventuell würden einige Hilfsholzstäbchen zwecks Bestimmung der Reichweite und Vereinheitlichung der Größe von Erst-/Zweithandwerker schon reichen, zumindest einen großen Schritt nach vorne bedeuten. Zur Reichweite ist noch hinzuzufügen, dass diese durch Monumente auch anderer Spieler, ähnlich wie ein WLAN-Netzwerk durch Repeater, erhöht wird. Ebenfalls eine tolle Idee, die aber in kontraproduktiver Weise die Übersichtlichkeit noch weiter verschlechtert. Auch lässt ein im Grunde abendfüllendes, höchst anspruchsvolles Spiel, das unter günstigsten Umständen in nur fünf Spielzügen gewonnen werden kann (wie ein Spieler auf BGG eindrucksvoll schildert), gewisse Zweifel an der Ausgereiftheit aufkommen. Es fällt mir schwer, aber dieses Mal kann ich keine Bestnote für ein Splotter Spiel geben, doch ich arbeite daran …
Rezension Ferdinand Köther
In Kooperation mit der Spielezeitschrift