Rezension/Kritik - Online seit 21.11.2025. Dieser Artikel wurde 1105 mal aufgerufen.
Direktlinks zu den Rezensionsblöcken |
|
|
Holland. Bunte Tulpenfelder, malerische Windmühlen - das macht schon rein optisch was her. Kein Wunder, dass Autor Dani Garcia dieses Setting für sein Spiel gewählt hat. Wir betreiben im späten 19. Jahrhundert unsere eigene Tulpenfarm, bauen Windmühlen, kaufen Tulpenzwiebeln und pflanzen Tulpen an, um mit diesen auf unserem Tulpenfeld möglichst viele Punkte zu erzielen. Dabei müssen wir aber stets den Wasserstand beachten und gegebenenfalls die Schleusen öffnen oder schließen, damit unsere Mühlräder die gewünschte Aktion bieten können.
Der riesige Spielplan zeigt auf der rechten Seite einen zentralen Markt. Rundherum sind Felder, die mit Wegen voneinander getrennt sind. Auf den Kreuzungspunkten findet sich Platz, um Windmühlen darauf zu errichten. Auf der linken Seite des Plans befinden sich Felder für Mühlradverbesserungen, für Tulpenfarmverbesserungen, sowie für die beiden wichtigen Schleusen- und Wasserstandsanzeiger.
Unsere persönliche Auslange besteht zum einen aus einem Tulpenfarm-Tableau, auf dem sich mittig unser Tulpenfeld befindet, darunter unser Lager für Tulpenzwiebeln, rechts die Guldenleiste und links unsere Windmühlen, die auf ihren Einsatz warten. Zum anderen haben wir auch ein Windmühlen-Tableau mit 2 Mühlrädern, die wie Zahnräder miteinander verbunden sind. Neben einem Startguthaben auf der Guldenleiste beginnen wir das Spiel auch mit einem Werkzeug, einer Tulpenzwiebel in unserem Lager, sowie mit einer Start-Tulpenverbesserungskarte, die wir oben an unser Tableau anlegen.
Wenn wir an der Reihe sind, führen wir unseren Spielzug aus, der aus vier Schritten besteht:
Schritt 1: Schleuse anpassen
Wir dürfen den Schleusenanzeiger auf dem Spielplan entweder nach unten (Schleuse schließen) oder nach oben (Schleuse öffnen) rücken, um die Fließgeschwindigkeit zu verringern bzw. zu erhöhen. Während das Schließen kostenlos ist, kostet uns das Öffnen Gulden, bringt uns dafür aber auch Siegpunkte ein.
Schritt 2: Wasserstand anpassen
Ist die Fließgeschwindigkeit anschließend größer als 1, müssen wir den Wasserstand entsprechend anpassen (+ 1 bei Fließgeschwindigkeit 2, + 2 bei Fließgeschwindigkeit 3).
Schritt 3: Mühlräder drehen
Die Fließgeschwindigkeit bestimmt schließlich, um wie viele Segmente sich unser linkes Mühlrad daraufhin im Uhrzeigersinn dreht. Wir dürfen Werkzeuge einsetzen, um die Anzahl der Segmente um 1 pro Werkzeug zu erhöhen oder zu reduzieren, allerdings müssen wir das Mühlrad mindestens 1 Segment, und dürfen es um maximal 4 Segmente weiterdrehen.
Schritt 4: Aktionen ausführen
Nun dürfen wir eine der beiden Aktionen der durch die Pfeile markierten Mühlrädersegmente durchführen. Folgende 7 Aktionen finden wir vor: und erhalten - je nach Position - 1 oder 2 Gulden oder Siegpunkte.
A) Wasserstand senken
Wir rücken den Wasserstandsanzeiger um die angegebene Anzahl an Feldern zurück.
B) Mühlräder verbessern
Wir nehmen eines der auf dem Spielplan ausliegenden Mühlradverbesserungsplättchen und legen es in ein beliebiges freies Segment unserer beiden Mühlräder.
C) Tulpenfarm verbessern
Wir nehmen eine der ausliegenden Tulpenfarmverbesserungskarten und legen sie an unser Tableau an. Je nachdem, wohin wir sie platzieren, verbessert die Karte in Folge die angegebene Aktion (oberer Rand) oder liefert uns am Spielende Siegpunkte, wenn die angeführte Bedingung erfüllt wird (unterer Rand).
D) Eine Windmühle bauen
Wir nehmen eine beliebige Windmühle unseres Tableaus und stellen sie auf einen freien Kreuzungspunkt, der zwingend über gebaute Windmühlen mit dem zentralen Markt verbunden sein muss. Danach erhalten wir die Boni der angrenzenden Felder
E) Markt besuchen
Hierbei bewegen wir unsere Spielscheibe auf dem Markt im Uhrzeigersinn, um die Belohnungen auf den besuchten Feldern - in Abhängigkeit von der Anzahl dort befindlicher Spielscheiben - zu erhalten, entweder bestimmte Tulpenzwiebeln oder die Möglichkeit diese einzupflanzen.
F) Tulpenzwiebeln pflanzen
Wir platzieren Tulpenzwiebeln aus unserem Lager auf unser Tulpenfeld, wobei wir in jeder Zeile nur das nächste freie Feld von links wählen dürfen.
G) Fernhandel betreiben
Wir legen eine Tulpenzwiebel aus unserem Lager auf die Fernhandelskarte (unbedingt in einer dort noch nicht vorhandenen Farbe) und erhalten die beiden angrenzenden Belohnungen. Alternativ dürfen wir alle dort liegenden Tulpenzwiebeln nehmen und in unser Lager legen.
Wann immer die rote Speiche unseres größeren Mühlrads den roten Pfeil erreicht oder passiert, müssen wir unsere Spielscheibe auf der Kalenderleiste ein Feld weiter rücken, wofür wir wieder Belohnungen erhalten. Erreichen wir das letzte Feld der Leiste, lösen wir damit das Ende der Partie aus. In einer Schlusswertung erhalten wir für erfüllte Aufträge an unserem Tulpenfarmtableau, für leere Windmühlengruppen, sowie für vollständige Zeilen und Spalten auf unserem Tulpenfeld Siegpunkte. Erzielen wir insgesamt die meisten Siegpunkte, dominieren wir den niederländischen Tulpenhandel und gewinnen nebenbei die Partie.
Der Motor des Spiels ist eindeutig das Windmühlentableau. Die Aktionen sind auf den Segmenten der beiden Mühlräder abgebildet. Wir drehen die Mühlräder, um die gewünschte Aktion durchführen zu können. Wir können also von einer Art "Rondell" sprechen.
Mit den Aktionen können wir schon im Laufe des Spiels immer wieder Siegpunkte generieren, etwa durch das Öffnen der Schleuse, durch das Verringern des Wasserstands, durch diverse Belohnungen auf den Tulpenfeldern oder der Kalenderleiste, etc. Auch das Erfüllen des "Wunsches der Königin" - eine zu Beginn zufällig ausgelegte Zielkarte - erhalten wir Siegpunkte.
Für der Großteil sorgt allerdings die Schlusswertung, die an die 100 Punkte bringen kann, falls wir geschickt agieren. Wir sollten daher schon unsere Vorgehensweise darauf ausrichten, unsere Strategie so anlegen, dass wir bei dieser wichtigen Wertung am Ende des Spiels ein Optimum an Siegpunkten herausholen.
So sollten wir danach trachten, volle Tulpenreihen, möglichst in der gleichen Farbe, auf unser Tulpenfeld zu pflanzen. Es gibt auch noch ein paar Pünktchen für volle Spalten, aber dabei heißt es Vorsicht zu walten, denn wenn nicht alle vier Tulpen einer vollen Spalte eine unterschiedliche Farbe aufweisen, kassieren wir stattdessen Minuspunkte.
Tulpen in unserem Tulpenfeld können uns noch auf eine andere Weise Punkte bescheren. Bei der Windmühlenwertung erhalten wir für jede Tulpe Punkte, wenn alle Windmühlen der farblich dazugehörigen Gruppe entfernt werden konnten. Die Punkte richten sich danach, aus wie vielen Windmühlen eine Gruppe besteht. So gibt es beispielsweise für jede weiße Tulpe nur 1 Punkt, während schwarze Tulpen gleich je 3 Punkte wert sind. Dafür müssen wir aber auch alle 3 Windmühlen der schwarzen Gruppe entfernt haben, sonst gibt es gar keine Punkte.
Und schließlich können die Aufträge, die wir unten an unser Tulpenfarmtableau angelegt haben (maximal 3 Karten) noch fette Punkte abwerfen. Dabei hilft ein Farbcode zu erkennen, wofür wir Punkte erhalten können. Rote Karten bringen uns Punkte für Windmühlen, die an bestimmte Felder grenzen, gelbe Karten wiederum für bestimmte Elemente, wie Windmühlenverbesserungen, Werkzeuge, Karten, etc. Die blauen Karten schließlich belohnen uns für Tulpen auf unserem Tulpenfeld, entweder mit einer fixen Punktezahl für eine volle Reihe der entsprechenden Farbe oder mit Punkten je Tulpe einer bestimmten Farbe.
Natürlich wäre es taktisch sehr vorteilhaft, alle drei Wertungen bestmöglich zu kombinieren. Dies zu bewerkstelligen, stellt eine anspruchsvolle und reizvolle Optimierungsaufgabe dar. Wie bei solchen Spielen üblich, ist die Interaktion eher gering, es spielt sich doch recht solitär.
Auf zwei Besonderheiten möchte ich noch etwas näher eingehen. Die eine sind die Mühlradverbesserungen. Dies sind Plättchen, die wir in die Segmente unserer Mühlräder einsetzen können. Damit lassen sich stärkere und/oder günstigere Aktionen durchführen, aber auch eine Fokussierung auf bestimmte Aktionen ist möglich.
Besonders beliebt, obwohl mit Zusatzkosten beim Erwerb verbunden, sind Verbesserungen, mit denen wir die Aktionen beider Mühlradsegmente nutzen können, auf die die Pfeile weisen. Beim Einsatz der Mühlradverbesserungen sollten wir aber vorausschauen agieren, um die Aktionen gut zu koordinieren, schließlich weisen ja beide Mühlräder eine unterschiedliche Anzahl an Segmenten auf, nämlich links 6, rechts nur 5 Segmente.
Die Anzahl der Drehungen - und dies ist die zweite Besonderheit - hat einen Einfluss auf die Dauer des Spiels. Da das Spielende eintritt, sobald ein Spieler seinen Marker auf der Kalenderleiste vier Mal vorgerückt hat, braucht es dafür logischerweise vier ganze Umdrehungen des linken Mühlrades. Somit wird das Spielende nach höchstens 24 Runden ausgelöst. Jedes Mal, wenn wir unser Mühlrad mehr als 1 Segment weiterdrehen, kann dies die Anzahl der Gesamtrunden verkürzen.
Es ist also möglich, durch vermehrtes Drehen so richtig auf die Tube zu drücken. Damit werden die Spieler unter Druck gesetzt, ihre knappen Aktionen effektiver zu nutzen, effizienter einzusetzen. Diese Eigenheit der Einflussnahme auf das Spielende teilt Die Blumenstraße beispielsweise mit Alexander Pfisters Great Western Trail oder auch sein Boonlake.
Das Öffnen und Schließen der Schleusen zur Veränderung der Fließgeschwindigkeit klingt zwar thematisch logisch, ist es in Wahrheit jedoch nicht. Bei Windmühlen dient nämlich NICHT das Wasser zum Antreiben der Mühlräder, stattdessen wird der Wind genutzt, um Meerwasser aus den sehr niedrig gelegenen Feldern zu pumpen. Das doch umständliche Handling mit Schleusen und Wasserstandsanzeiger soll aber dazu führen, die Manipulation der Spieldauer irgendwie zu reglementieren.
Der Ladenverkaufspreis ist mit ungefähr 70 Euro doch recht hoch, was aber durch hochwertiges Spielmaterial gerechtfertigt wird: Double-layer-Spielertableaus, damit die Karten auf praktische Weise oben und unten eingeschoben werden können, stabile Plättchen, Holzmaterial (schöne Windmühlen), ein riesiger Spielplan, Karten, und vor allem die Windmühlentableaus aus extradickem Karton - ebenfalls in double-layer-Ausführung für die Verbesserungen - mit sich drehenden Mühlrädern. Die grafische Gestaltung ist recht bunt, wie es sich für ein Blumenthema gehört, und die Ikonographie ist gelungen.
Ich sollte abschließend noch den Solo-Modus erwähnen, für den eine achtseitige Anleitung beiliegt. Solo treten wir gegen eine kartengesteuerte Gegnerin ("Die Gärtnerin") an, welche am Ende Punkte für ihre Verbesserungen und die Tulpen in ihren Beeten - je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad - erhält. Funktioniert recht gut, wenn wir mal Lust auf eine Partie Die Blumenstraße haben, aber keinen Spielpartner auftreiben konnten.
Summa summarum würde ich Die Blumenstraße als ein attraktives Kennerspiel der gehobenen Kategorie einordnen. Die Altersangabe - ab 14 Jahren - könnte man trotzdem ruhigen Gewissens um ein, zwei Jahre herabsetzen. Für Liebhaber taktisch anspruchsvoller Spiele eine klare Empfehlung!
Rezension Franky Bayer
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.
H@LL9000 Wertung Die Blumenstraße:
4,0, 3 Bewertung(en)
| Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
|
|
|
|
|
22.07.25 von Franky Bayer - Schön gestaltetes Rondell-Spiel, was durch die für die Aktionen verantwortlichen Mühlräder einen besonderen Dreh erhält. |
| Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
|
|
|
|
|
02.03.25 von Michael Andersch - Total solitäres Herumgewurstel. Dazu noch hässlich und ohne irgendeine Besonderheit, die dieses Spiel irgendwie interessant machen würden. |
| Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
|
|
|
|
|
25.03.25 von Alexander Broglin - Sehr schönes Mehrheitenspiel mit schöner Gestaltung und kräftigen Farben der Blumenfeldern. Man fühlt sich direkt nach Holland versetzt. Die Dauer des Spiels variiert sehr stark mit der Geschwindigkeit in der die Spieler das Mühlrad bewegen. Insgesamt leicht zu erlernen und bietet trotzde, viele taktische Möglichkeiten das Spiel zu gewinnen. |
Leserwertung Die Blumenstraße:
6.0, 1 Bewertung(en)
| Aufmachung | Spielbarkeit | Interaktion | Einfluss | Spielreiz | Kommentar |
|
|
|
|
|
29.03.25 von Andreas K. - In der Spieleschmiede gefördert. Schön gestaltetes Spiel mit einem tollen Mechanismus (Drehrad). Wobei wir das Drehrad gar nicht so oft genutzt haben. Ein paar Regeln gibt es zu lernen, aber alles intuitiv. Daher, auch als Ergänzung zu anderen Bewertungen hier: Solitär? Nein, durch das Drehrad und das Spielbrett kommt man sich oft in die Quere. Hässlich? Geschmackssache. Besonderheiten? Gibt es, u.a. durch das Wasser-Drehrad. Von mir gibt es daher die volle Punktzahl. Eine Erweiterung gibt es mittlerweile auch in der Spieleschmiede. |