Rezension/Kritik - Online seit 01.03.2023. Dieser Artikel wurde 1351 mal aufgerufen.

Plutocracy

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Rezension: Michael Andersch
Spieler: 2 - 4
Dauer: 60 - 90 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2022
Bewertung: 3,0 3,0 H@LL9000
Ranking: Platz 4460
Plutocracy

Spielziel

Wir (also die Menschheit) haben es geschafft, auch andere Planeten bewohnbar zu machen. Und in gleichem Maße, wie wir auf der Erde Handel treiben und – zumindest in manchen Gegenden – unser Geld in die Politik stecken, so geschieht dies auch interplanetar.
Ziel ist es, durch günstigen Einkauf von Waren und deren andernorts teureren Verkauf so viel Knete zu erwirtschaften, dass wir es für Sitze in den Parlamenten der Planeten ausgeben können, was uns (Achtung…wir punkten indirekt…) Mitglieder im „Plutokratischen Rat“ einbringt. Wer darin beim Spielende am stärksten vertreten ist, der hat das Spiel gewonnen.

Ablauf

Der Spielplan zeigt die Umlaufbahn von 6 Planeten um die Sonne.
Jedem Planeten ist eines von 5 Gütern zugeordnet, das man dort kaufen und ein anderes, das man dort verkaufen kann, was auf der jeweiligen Planetentafel ersichtlich ist. Beide Güter haben jeweils eigene Skalen, die den aktuellen Kurs anzeigen, wobei zu Beginn die Verkaufskurse über den Kaufkursen liegen. Zusätzlich bieten die Planetentafeln noch Plätze, um sich in die dortigen Parlamente einzukaufen, wobei das sich-Einkaufen umso teurer wird, je mehr Sitze jeweils belegt sind.

Der Spielplan zeigt außerdem noch die Bahn eines Asteroiden – dieser beherbergt pro Spieler einen Alien und wird in die Sonne stürzen. Es wäre daher ein feiner (=potentiell punkteträchtiger) Zug von uns, neben dem Handel auch noch ein Alien in Sicherheit zu bringen.

Um den Spielplan herum läuft eine Leiste, die – nein, nein, keine Siegpunkte, sondern – wie aus „Jenseits von Theben“ bekannt - eine Zeitleiste darstellt und in gewissen Abständen immer wiederkehrende Ereignisse aufweist.

Wer am Zug ist – und das ist immer derjenige, der auf der Zeitleiste ganz hinten steht (=derjenige, der mit seinen Aktionen bislang am wenigsten Zeit verbraucht hat) - führt optional folgende Schritte in dieser Reihenfolge durch:

  • Auf einem Planeten etwas verkaufen (wenn man sich auf einem befindet und das dort nachgefragte Gut mit sich führt). Dies reduziert die Waren im eigenen Frachtraum und erhöht das eigene Kapital. Und aufgrund der etwas gesättigteren Nachfrage nach dem auf diesem Planeten nachgefragten Gut sinkt der Preis, zu dem der Planet es von den Spielern einkauft.
  • Auf einem Planeten etwas einkaufen (wenn man sich auf einem befindet und das dort nachgefragte Gut bezahlen kann und genügend Platz dafür im eigenen Frachtraum hat). Dies erhöht die Waren im eigenen Frachtraum und verringert das eigene Kapital. Und aufgrund der etwas höheren Nachfrage nach dem auf diesem Planeten angebotenen Gutes steigt der Preis, zu dem der Planet es an die Spieler verkauft.

    Aus diesen beiden Aktionen ergibt sich zunächst, dass alle Preise der auf den Planeten nachgefragten Waren immer nur eine Richtung kennen (nach unten) und die dort jeweils verkauften Waren ausschließlich teurer werden. Dazu kommen wir aber in Kürze noch.
  • Einen Sitz im Parlament des entsprechenden Planeten kaufen (wenn man sich auf einem befindet und genügend liquide Mittel hat). Wer früh kommt zahlt weniger – so kostet der erste Sitz jeweils 3 Geldeinheiten, der achte Sitz aber schon nahezu illusorische 31.
  • Ein Alien vom Asteroiden retten (wenn man sich auf diesem befindet). Den Alien nimmt man einfach auf. That’s it.
  • Sofern man sich auf der Erde befindet: Dort „einer Society beitreten“. Dies bedeutet schlichtweg, dass man eines oder mehrere von 4 Kriterien als erster oder zweiter erfüllen muss, was sofort 3 bzw. 2 Sitze im plutokratischen Rat (=Siegpunkte) einbringt.
    Zu erfüllende Kriterien sind beispielweise, dass man einen Alien gerettet hat oder dass man aktuell über 25 Geld oder 3 unterschiedliche Waren im Laderaum verfügt.
  • Man fliegt. Dies ist nicht optional, sondern ein Muss. Wie weit man fliegt ist grundsätzlich egal, aber man muss mindestens 1 Feld fliegen. Kann oder will man dies nicht, so ist das Spiel für einen persönlich beendet.
    Fliegen ist auch die einzige Aktion, welche Zeit verbraucht – 1 Einheit je geflogenes Feld und pauschal immer noch 2 Zeiteinheiten oben drauf, welche mit dem eigenen Marker auf der Zeitleiste abgetragen werden.

So handeln und retten und fliegen wir und schreiten auf der Zeitleiste voran. Auf jener sind in gewissen Abständen sich wiederholende Ereignisse zu sehen. Und wenn alle Spieler ein bestimmtes Ereignis „überschritten“ haben, dann wird dieses ausgelöst. Folgende Ereignisse gibt es:

  • „Rotation“: Alle Planeten bewegen sich auf ihrer Umlaufbahn eine Position weiter (ggf. mit den darauf befindlichen Raumschiffen). Dies kann je nach eigenen Ambitionen gut sein, weil sich Handelswege verkürzen. Oder aber auch schlecht. Somit gilt es, diese Planetenbewegung in die eigenen Planungen einzubeziehen.
  • „Wahlen“: Jeder Planet entsendet Mitglieder in den plutokratischen Rat. Wer jeweils die meisten Sitze im Parlament eines Planeten hat erhält 1 Ratssitz (=Siegpunkt). Zumindest bei der ersten und zweiten Wahl. Bei der dritten gibt es 2 Ratssitze für den ersten Platz und 1 Ratssitz für den Zweitplatzierten.
  • „Preisanpassung“: Weiter oben schrieb ich, dass sich die Preise auf den Planeten immer nur in 1 Richtung entwickeln. Dies wird hier korrigiert: Alle Warenpreise bewegen sich wieder um 1 Einheit in Richtung ursprünglichem Preis.
  • „Spielende“: Haben die Zeitmarker aller Spieler dieses Ereignis passiert, dann endet das Spiel.

Gewonnen hat, wer die meisten Sitze im plutokratischen Rat vorweisen kann.

Fazit

Auf Achse (Waren bei A aufladen und teurer bei B verkaufen“ meets Jenseits von Theben (Zeitleiste) meets neuartigen, dynamischen Ortsmechanismus (sich bewegende Planeten) – das klingt doch mal richtig gut, dachte ich, als ich die Rezi dieses Spieles übernommen habe.

Allerdings ist es leider so – und damit nehme ich leider schon das Fazit vorneweg – dass die Gesamtkomposition nicht wirklich gezündet hat. Weder bei mir, noch bei meinen Mitspielern, welche leider nicht zu Folgepartien bereit waren, weswegen ich diese Rezension nur auf Basis von 3 Partien verfassen muss (2 mit unterschiedlichen Mitspielern, eine mit einem anderen als dem vorgegebenen Startaufbau, in der ich selbst 3 Spieler geführt habe).
Ich habe die – wirklich vorbildlichen – Regeln mehrmals konsultiert, aber keinen Fehler feststellen können, weswegen ich mir weitestgehend sicher bin, dass die nicht so erfreuliche Spielerfahrung und die nachfolgend beschriebenen Punkte nicht an falschem Regelverständnis festzumachen sind.

Woran nun liegt dieses nicht sehr erfreuliche Urteil?

Die Planetenbewegung ist eine supertolle Idee, die aber leider total verschenkt ist. Denn die Abstände der Planeten ändern sich in Relation zueinander nicht so gravierend. Sie ändern sich, und natürlich ist jedes eingesparte Feld eine Zeiteinheit und einige gesparte Zeiteinheiten irgendwann ein zusätzlicher Zug, aber es fühlt sich nicht so drängend an, dass man nun unbedingt aufgrund einer anstehenden Rotation noch dies oder jenes machen müsste.

Warum? Weil meine Wege irgendwie immer vorgegeben sind. Fliege ich zunächst Planet A an, dann gibt die dort eingekaufte Ware zwingend vor, welchen Planeten B ich demnächst aufsuchen muss, um sie dort zu verkaufen. Denn jede Ware wird auf genau einem Planeten angeboten und auf einem anderen nachgefragt. Und welche Ware ich auf B einkaufe, das gibt wiederum den Planeten C vor, wo ich diese wiederum los werde.

Nun könnte man ja sagen „hey…auf dem Weg von A nach B schaue ich doch noch kurz bei D vorbei und kaufe auch dort ein“…aber dies funktioniert zumindest in der ersten Spielhälfte nur theoretisch, weil die eigenen Mittel viel zu knapp sind, um sich zu diversifizieren. Dies liegt zum einen am recht knapp bemessenen Startkapital, und zum zweiten an der zunächst immer und später auch oft noch geringen erzielbaren Gewinnspanne zwischen Kauf und Verkauf. Somit sind in der ersten Spielhälfte die Wege in Abhängigkeit vom eigenen Startplaneten für alle irgendwie vorgegeben.

Und zum dritten sollte man anfangs – wenn man schon mal da ist und solange die Plätze in den Parlamenten noch günstig zu haben sind – auf einem Planeten auch in Ratssitze investieren. Dies entzieht den Geldbeuteln der Spieler und somit dem Gesamtsystem aber leider weiteres Kapital.
In meiner ersten Partie habe ich mich damit auch gleich brilliant aus dem Spiel geschossen – zu früh in Parlamente investiert und damit keine Mittel mehr für Handelsaktivitäten, und aufgrund der niedrigen Gewinnspannen in Kombination mit nur kleinen Mengen, die ich jeweils ein- und verkaufen konnte war kein Hochkommen mehr. Dumm gelaufen und selbst schuld, aber irgendwie auch etwas unbefriedigend, dass man sich so ins Abseits schießen kann.

Wir haben uns während der Partien gefragt, warum nicht jeder Planet mehrere Waren anbietet bzw. nachfragt, wodurch mehr Variabilität und mehrere Optionen für sinnvolle und „opportunistische“ Flugwege im Spiel sind. Oder warum das Ereignis „Preisanpassung“ die Preise nur so geringfügig korrigiert, so dass erst im letzten Spieldrittel ordentliche Spannen zwischen Ein- und Verkauf realisierbar sind.

Leider konnte auch die Variante mit variablem Spielaufbau daran nichts ändern – es ergeben sich nur andere Handelswege, die kürzer oder länger als die in der vorgegebenen Grundaufstellung sind. Interessant ist dagegen eine weitere Variante mit dem Namen „Zeitdruck“. Diese bestraft auf wie ich finde gewitzte Art Grübler, was mir als notorischem Grübel-Mitspieler-Verweigerer sehr entgegen käme. Leider bezweifle ich, dass Langüberleger bzw. Ich-kann-mich-nun-mal-schwer-entscheiden-Spieler sich auf diese Variante überhaupt einlassen würden. Aber eine nette Idee finde ich sie allemal.

Somit bleibt unter dem Strich ein sehr mathematisches und im Grunde weitestgehend durchrechenbares Spiel, welches leider aus tollen Mechanismen bzw. Ideen weitaus weniger macht als erhofft (und auch, als sich die Mitspieler nach der jeweiligen Erklärung versprochen haben).

Schade!

Rezension Michael Andersch

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Plutocracy: 3,0 3,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 14.01.23 von Michael Andersch - Leider reicht es für mich nicht für mehr als gerade noch so 3 Punkte... das Ganze fühlt sich einfach zu \"gebremst\" und zu repetitiv an.

Leserbewertungen

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