Rezension/Kritik - Online seit 03.10.2021. Dieser Artikel wurde 2810 mal aufgerufen.

Der Omega Virus

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Autor: Michael Gray
Verlag: MB-Spiele
Rezension: Michael Timpe
Spieler: 1 - 4
Dauer: 10 - 35 Minuten
Alter: ab 14 Jahren
Jahr: 1992
Bewertung: 6,0 6,0 H@LL9000
Ranking: Platz 1668
Der Omega Virus

Spielziel

„Noch 5 Minuten bis ich übernehme! Du Dummkopf!“ Der Grad zwischen Schrott und Trash ist sehr schmal. Aber ein Spiel, das einen so liebevoll begrüßt, und das ganze Spiel über mit sinnfreien Provokationen unterhält, muss man einfach mögen.
Im Spiel geht es um einen bösen Computervirus, der eine internationale Raumstation infiziert hat. Gemeinsam versuchen die Spieler den Raum in der Station ausfindig zu machen, in dem der Virus sich versteckt, und ihn dann dort rechtzeitig zu zerstören, bevor der Virus nach einer festgelegten Zeit die Kontrolle über die Station erlangt. Habe ich gemeinsam geschrieben? Nein, die Niederlage ist gemeinsam, aber der erfahrene Spieler weiß schnell: Der Sieg über den Virus ist auch eine persönliche Angelegenheit. Insofern haben wir es hier mit dem Urahn der teil-kooperativen Spiele zu tun.

Ablauf

Als MB 1993 Omega Virus veröffentlichte, war der drin enthaltene „Computer“ noch ein Novum im Brettspielbereich. Heute kann jeder Taschenrechner mehr, auch wenn der Omega-Computer mit sehr einfachen Mitteln seine Sache eigentlich ganz gut macht - bedient wird er mit lediglich vier Tasten: 0/1/2 und R.

Per Taste wählt man zu Beginn des Spiels zunächst die Schwierigkeitsstufe aus. Damit wird eine Spieldauer zwischen 15 und 30 Minuten definiert, nach deren Ablauf der Virus gewonnen hat.

Als Nächstes wird jeder Spieler aufgefordert, einen zweistelligen Geheimcode einzugeben, den man am besten auf seinem Kontrollbogen notiert. Anschließend beginnt das Spiel, indem der Computer einen zufälligen Spieler auffordert, seinen ersten Zug zu machen. Streit darüber, wer anfangen darf, gibt es im Weltraum schon mal nicht.

Was dann folgt, sind vor allem irrsinnige Minuten. Thematisch geht es darum, einen bösartigen Computervirus auf Astrosat-1 zu stoppen, bevor er unter Zuhilfenahme von Matrixfeldern mit photosynaptischem Blasenspeicher ohne Bildsequenz (die Spielregel mit einführendem Comic ist da sehr genau) die Kontrolle über die Station übernehmen kann. Anschließend will der Virus natürlich die Erde vernichten. In bester James-Bond-Manier ruft er aber zunächst erst noch auf der Erde an, um alle über seinen finsteren Plan zu unterrichten. Macht man ja so.

Womit er dann wohl nicht gerechnet hat (oder vielleicht nimmt er die Menschheit auch nur nicht so ernst): Die Erde schickt ihre besten Computerspezialisten! Als solche betreten wir die Station, 30 Minuten bevor der Virus die volle Kontrolle hat und dann nicht mehr aufzuhalten ist.

Die Station besteht aus einer Reihe von Räumen in unterschiedlichen Farben, die durch Gänge verbunden sind. Zu Beginn des Spiels darf der Spieler zunächst nur die grünen Räume betreten und durchsuchen. Beim Durchsuchen kann Verschiedenstes passieren: Unter anderem erhält man irgendwann die Zugangserlaubnis für Räume anderer Farbe, findet einen Robotergehilfen oder eins von drei Ausrüstungsteilen, oder aber man wird vom Virus angegriffen und weggebeamt.

Das Wichtigste aber ist: Nach jeder Aktion in einem Raum verkündet der Computer einen zweistelligen Code. Wer in seinem Zug seinen zu Beginn definierten Code angesagt bekommt, erhält damit die Information - und eben nur er selber - dass er den gesuchten Raum mit dem Virus entdeckt hat.

Wer jetzt alle drei Ausrüstungsgegenstände gefunden hat (der Optik nach in etwa Staubsauger, Hochdruckreiniger und Sat-TV), kann in diesem Raum den Versuch starten, den Virus zu zerstören (womit man dann natürlich allen Mitspielern die Position des Virus verrät, da die für alle Spieler gleich ist).
Schaffen es die Spieler, den Virus innerhalb der Spielzeit zu finden und zu zerstören, haben sie - und der Zerstörer im Speziellen - das Spiel gewonnen. Andernfalls ertönt höhnisches Gelächter, und der Virus verkündet triumphierend seinen Sieg.

Fazit

Wenn ich den Omega Virus mit meinen Kindern mal wieder aus den Tiefen des Spieleregals krame, schüttelt meine Frau nur verständnislos den Kopf und schließt dann sorgfältig die Tür zu uns. Ich verstaue das Spiel extra weit oben im Regal, damit sie nicht zu leicht dran kommt. Sonst würde sie es womöglich irgendwann verstecken und meine Suche nur hämisch kommentieren: „HIER ist es nicht, du Dummkopf!“.
Das lässt vielleicht die Qualität der quäkend-blechernen Computerstimme erahnen, die immer wieder mit quälender Langsamkeit das Spiel unterbricht und ihre nutz- und sinnfreien Kommentare abgibt.

Abwechselnd meldet sich mal die Station oder der Virus zu Wort: „Hilf mir“, “du Dummkopf“, “HIER bin ich nicht“. Solang der Computer „spricht“, ist keine Eingabe möglich, und auch schnelle Tastenfolgen verarbeitet das Gerät auch nicht. Jede Eingabe wird vom Computer bestätigt, oder man wird zur nächsten Eingabe aufgefordert, alles schön langsam, keine Hektik, aber auch ziemlich idiotensicher. Das Spiel selbst ist völlig glückslastig und zufällig. Irgendetwas steuern oder strategisches Spielen ist nicht vorgesehen. Hinweise auf den Ort des Virus gibt es nicht, und wenn man zufällig auf der falschen Seite des Spielfeldes anfängt zu suchen, hat man eigentlich keine Chance, den Virus innerhalb der vorgegebenen Zeit zu finden.

Der erfahrene Virenjäger weiß aber, darauf kommt es auch gar nicht an: Viel lustiger ist es, den lieben Mitspielern ihren Sieg so schwer wie möglich zu machen. „Rot muss vernichtet werden!“ Mit diesem Satz eröffnet der Virus die Jagd auf den Mitspieler, denn nun wissen alle, dass der rote Spieler weiß, in welchem Raum sich der Virus befindet – oder zumindest wissen sollte, wenn er aufgepasst hat.

Damit beginnt ein lustiges Fangenspiel, bei dem man versucht, dem betreffenden Spieler seine Ausrüstung wieder abzujagen, und nebenbei selber noch zu erfahren, welches der richtige Raum ist. Solchermaßen vom eigentlichen Spielziel abgelenkt, geht es oft ähnlich zu wie bei Robo Rally: Gewinnen ist egal, verhindern, dass jemand anders gewinnt ist alles. Und so gewinnt dann oft genug der Computer, und alle freuen sich mit ihm. (Einige auch nur, dass diese unsägliche Stimme endlich wieder verstummt.)

Bei den alten MB-Spielen erübrigt sich eigentlich ein Kommentar zum Material: groß, bunt und ganz viel Plastik. Die Spielregeln sind einfachst, und mit einem kleinen Comic unterlegt, damit man wenigstens irgendetwas zu lesen hat. Im Spiel fordert der Computer zu allen Eingaben auf und macht die Bedienung dadurch wirklich kinderleicht.

Das Spiel funktioniert von einem bis vier Spieler, wobei der volle Trashfaktor drei oder vier Spieler voraussetzt (erwachsene Spieler vorzugsweise mit einem alkoholischen Getränk bestückt, Kinder können das Spiel auch ohne genießen). Und dann: Prost, du Dummkopf!

Rezension Michael Timpe

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Der Omega Virus: 6,0 6,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.08.21 von Michael Timpe - Im Bereich der Trash-Spiele zu WG-Zeiten mein Favorit. Inzwischen mit Kindern immer noch - oder wieder - sehr beliebt. Mann muss nur sein Gehirn abstellen können, also ein echtes Männerspiel :-)

Leserbewertungen

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