Rezension/Kritik - Online seit 13.04.2022. Dieser Artikel wurde 2647 mal aufgerufen.

Dwergar / Zwergar

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Autor: Jan Madejski
Illustration: Piotr Sokołowski
Verlag: Pegasus Spiele
Granna
Rezension: Birgit Irgang
Spieler: 2 - 4
Dauer: 60 - 120 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2020, 2021
Bewertung: 4,0 4,0 H@LL9000
3,7 3,7 Leser
Ranking: Platz 4868
Dwergar / Zwergar

Spielerei-Rezension

Echte Arbeit im Bergwerk

Zwerge arbeiten in Minen – das wissen wir spätestens, seit wir „Der Herr der Ringe“ gelesen oder dessen Verfilmung gesehen haben. Auch bei Zwergar, der anspruchsvollen Neuheit des polnischen Verlags Granna, sind die Zwerge in Bergwerken aktiv, bevor die verschiedenen Ressourcen weiterverarbeitet werden.

Wir haben es hier mit einem Worker-Placement-Spiel zu tun, sodass die Grundregel einfach ist: Wer an der Reihe ist, platziert eine Figur auf dem Spielbrett in dem Bereich, dessen Aktion er ausführen möchte. Es besteht die Auswahl aus elf Optionen, und man führt in seinem Zug insgesamt drei Aktionen aus.

Beim Platzieren darf man auch Felder wählen, die bereits besetzt sind – denn: Diese Figur nimmt man dann an sich und hat sie für weitere Aktionen zur Verfügung (sofern es sich nicht um den „Vorarbeiter“ eines Mitspielers handelt). Eine raffinierte Idee! Neben diesen „Vorarbeitern“ gibt es „Spezialisten“ in drei verschiedenen Farben, die auf den Aktionsfeldern unterschiedliche Boni bekommen können.

Knifflig wird es durch die Vielzahl an Möglichkeiten und deren Verkettung miteinander. Dabei bauen die verschiedenen Optionen thematisch aufeinander auf. In der Mine besorgt man sich die unterschiedlichen Ressourcen, die über den Loren-Aufzug Schicht für Schicht nach oben transportiert werden müssen. Die Ressourcen können dann beispielsweise im Labor oder in der Schmelze umgewandelt werden, zum Bau eines neuen Ofens dienen oder für Projekte im Büro des Chefingenieurs eingesetzt werden.

Für viele dieser Aktionen wird auch Wärme gebraucht, die jeder Spieler über Aktionen auf dem Spielbrett erwerben oder auf seinem eigenen Tableau durch Öfen produzieren kann. Wer mindestens einen warmen Ofen hat, darf am Rundenende automatisch einen eigenen kalten Ofen anzünden, während die über Aktionen erhaltene Wärme am Ende des Zugs verloren geht, sofern sie nicht verwendet worden ist.

So versuchen die Spieler stets, alle Einzelheiten im Blick zu behalten und ihre Züge durch die Wahl lukrativer Aktionen mit möglichst auf die entsprechenden Boni abgestimmten Figuren zu optimieren. Dabei sollten sie nicht aus den Augen verlieren, dass es eigentlich darum geht, Siegpunkte zu sammeln … Diese gibt es im Bergwerk durch den Transport von Loren an die Oberfläche sowie vor allem durch den Abschluss und die Aufwertung von Projekten, die in Gestalt von Karten offen ausliegen.

Waren alle Spieler einmal an der Reihe, wird eine Ereigniskarte aufgedeckt, die dann sofort oder während der gesamten nächsten Runde Auswirkungen hat. Es werden insgesamt zehn Runden gespielt, die alle gleich ablaufen. Und wer dann die meisten Siegpunkt hat, gewinnt.

Zuerst fällt bei Zwergar die überaus knallige Gestaltung der Schachtel und des Spielplans auf. Die Illustrationen wurden liebevoll und detailverliebt gestaltet. Es gibt also optisch viel zu entdecken – doch leider ist alles so vollkommen überladen, dass der Spielplan äußerst unübersichtlich ist. Man muss schon sehr genau hinsehen, um zu erkennen, wo überhaupt Figuren platziert wurden und um welche Ressourcen es sich jeweils handelt. Es wäre schon viel gewonnen, wenn die Farben weniger grell, und alle Illustrationen „abgesoftet“ wären. Hinzu kommt, dass die auf dem Spielplan abgebildeten Ressourcen farblich teilweise kaum voneinander zu unterscheiden sind. „Soll das jetzt Stein oder Eisen sein?“ Das ist leider ziemlich mühsam und schränkt die Funktionalität des eigentlich tollen Materials ein …

Darüber hinaus ist die Anleitung nicht gut aufgebaut, sodass die Einstiegshürde höher ist als nötig. Toll sind allerdings die statt Zipp-Beuteln mitgelieferten „Schatztruhen“ zur Aufbewahrung der Spielmaterialien.

Zwergar bietet gute Mechanismen, die hervorragend miteinander verzahnt sind. Allerdings ist das Spielgeschehen ziemlich überladen, sodass nicht leicht zu überblicken ist, welche Aktionen wann wofür hilfreich sind. Es kann also leicht passieren, dass man sich in dem kleinteiligen Geschehen verzettelt. Um das zu vermeiden, hilft es natürlich, die einzelnen Aktionen gut zu durchdenken und genau zu planen, welche drei Optionen man in seinem Zug in welcher Reihenfolge miteinander kombinieren möchte. Das führt jedoch zu ziemlich langen Wartezeiten, insbesondere in voller Besetzung und bei Grüblern.

Familien sind mit Zwergar definitiv überfordert. Es handelt sich um ein gehobenes Kennerspiel, das trotz der einfachen Grundregel ziemlich anspruchsvoll und leider unnötig aufwändig und „verschwurbelt“ ist. Es funktioniert einwandfrei, ist gut konstruiert und thematisch stimmig. Doch auch wenn man die einzelnen Feinheiten durchschaut, macht es wenig Spaß und ist aufgrund der Unübersichtlichkeit mühsam. Der Verwaltungsaufwand ist enorm, und es fehlt definitiv die „schlichte Eleganz“. Wer beim Spielen gern „arbeitet“, rauchende Köpfe mag und eine anstrengende Herausforderung nicht scheut, wird hier voll auf seine Kosten kommen. Für alle anderen hat dieses Spiel leider ein paar „Umdrehungen“ zu viel – da wäre (ebenso wie bei der Grafik) weniger mehr gewesen. Schade, denn die einzelnen Komponenten sind durchaus interessant …

Rezension Birgit Irgang

In Kooperation mit der Spielezeitschrift

Spielerei

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Dwergar / Zwergar: 4,0 4,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 27.02.22 von Birgit Irgang

Leserbewertungen

Leserwertung Dwergar / Zwergar: 3,7 3.7, 3 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 29.11.21 von Hans Huehnchen - Dwergar ist trotz einfacher Regeln sehr anfällig für Analyse-Paralyse und zieht sich mit Grüblern am Tisch entsetzlich in die Länge.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 06.12.21 von Dieter Schmitz - Ich stimme der Bewertung von Peter Steinert zu. Schönes thematisches Spiel, der Spannungsbogen fehlt.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 08.09.22 von Peter Steinert - Schön produzierter, thematischer Workerplacer mit stimmungsvoller Optik auf Kosten der Übersichtlichkeit, dafür mit totschicken Ressourcensteinen. Das Handling der verschiedenfarbigen Zwerge und die erzwungene Kooperation im Minenschacht wirken interessant und machen neugierig. Ganz überzeugen konnte mich "Zwergar/Dwergar" dann allerdings nicht, dafür ist der Spielverlauf insgesamt zu gleichförmig und die Spannungskurve zu flach. Eine Analyse-Paralyse-Gefahr ist klar gegeben, auch wenn sich das mit wachsender Spielerfahrung bessert. Zu viert kann ich es trotzdem nicht empfehlen, weil sich das Ganze dann doch zieht! Die parallel ablaufenden und nur rudimentär verwobenen Einzelelemente bieten in Summe einfach zu wenig, um eine Partie über mehr als 2 Stunden zu tragen. Eines der Hauptprobleme allerdings ist die schon mehrfach kritisierte, glücksbestimmte und mitunter frustrierende Regelung der Ereigniskarten. Warum das so umgesetzt wurde, bleibt unvertändlich, denn ein entsprechender Fix ist mehr als simpel: A: Ereigniskartenstapel OFFEN NEBEN den Plan legen (oberste Karte ist sichtbar). B: Zu Beginn der jeweils nächsten Runde die oberste Karte AUF das Ereignisfeld legen und ausführen - fertig! Jetzt ist jedes Ereignis bereits eine Runde vorher bekannt und kann in die Aktionen einbezogen werden. Dass diese Regelung nicht Standard ist, halte ich für "betriebsblind" ;-)

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