Rezension/Kritik - Online seit 11.04.2019. Dieser Artikel wurde 5852 mal aufgerufen.

Rising Sun

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Autor: Eric M. Lang
Illustration: Adrian Smith
Edgar Skomorowski
Verlag: Asmodee
ADC Blackfire Entertainment
CMON Global Limited
Rezension: Christoph Schlewinski
Spieler: 3 - 5
Dauer: 90 - 120 Minuten
Alter: ab 14 Jahren
Jahr: 2018
Bewertung: 5,5 5,5 H@LL9000
6,0 6,0 Leser
Ranking: Platz 738
Rising Sun
Erweiterungen/Hauptspiel:Rising Sun: Dynasty Invasion
Auszeichnungen:2018, Golden Geek Besest Strategiespiel Nominierung2018, Golden Geek Beste Grafik & Präsentation Nominierung2018, Golden Geek Bestes thematisches Spiel Nominierung2018, Golden Geek Spiel des Jahres Nominierung

Spielziel

Wenn eine Riesenechse über eine große Insel läuft, ein Daimyo seine Armeen anführt und ein Shinto zum Schrein eilt, dann sind wir ganz klar in Japan. Das will natürlich geführt werden und von wem? Vom erfolgreichsten Clan. Aber was macht einen Clan bei Rising Sun erfolgreich? Seine Armeen, seine Monster, sein Münzbeutel und die Fähigkeit, seinen Bündnispartnern im richtigen Augenblick in den Rücken zu fallen.

Ablauf

Natürlich gebe ich hier nur einen groben Überblick und keine Regelwiedergabe im Detail. Wer die haben will, kann sich ja online die Regeln runterladen. So, und nu:

Rising Sun ist ein Kampfspiel ohne Würfel, ohne Verwaltung eines großen Reiches und ohne das permanente Aufpumpen von Armeen. Stattdessen versucht man permanent einzuschätzen, was die Gegner in ihren bösartigen Gehirnen so vorhaben und darauf zu reagieren - und ob man vielleicht von seinem Bündnispartner über die Wupper gejagt wird.

Zunächst werden bei Bündnisse geschmiedet, immer in 2er-Gruppen ... wenn man will. Es hat Vorteile im Bündnis zu sein, denn Verbündete schmeißen sich gegenseitig keine Armeen vom Brett und sie profitieren von den Entscheidungen des jeweils anderen. Aber alleine zu spielen bedeutet eben auch, nichts mit anderen teilen zu müssen.

Danach wird Rising Sun erst mal ganz klassisch im Stil von Puerto Rico: Der Startspieler sucht sich eine Aktion aus, die alle ausführen können (er und sein Bündnispartner mit einem kleinen Bonus). Meistens ist er dabei der letzte Spieler, der diese Aktion ausführt. Außer es geht darum, Karten zu kaufen. Da hat er die erste Wahl. Neben dem Kartenauswählen stehen zur Auswahl: Armeen aufstellen, Armeen bewegen, über einen Verrat fremde gegen eigene Figuren tauschen (und dabei sein Bündnis auflösen) und ernten (was Geld bringt und im Falle einer Kontrolle über eine Provinz auch Siegpunkte, Geld und/oder Ronins (Söldner). Aber nur für den, der diese Aktion wählt - und seinen Partner.).

Nachdem ein paar dieser Aktionsrunden gespielt wurden, werden die Tempel inspiziert, denn die Clans sind natürlich gläubig, und Götter sind bei Rising Sun sehr aktive Wesen. Über "Armeen aufstellen" kann man seine Shintos (Priester) auf einen von vier Schreinen stellen. Wer bei einem Schrein die Mehrheit hat, darf dessen besondere Fähigkeit ausführen, was z. B. eine Extrabewegung sein kann, oder Geld oder auf der Ehrenleiste ganz nach oben rücken. Ehre hat in Japan natürlich eine besondere Funktion, denn die Ehrenleiste bestimmt, wer bei Gleichständen vorne liegt (wer nämlich weiter oben steht).

Danach kommt das Herzstück des Spiels: die Kampfphase. Zu Rundenbeginn wurde zufällig bestimmt, in welchen Regionen überhaupt gekämpft wird, und jetzt werden diese Regionen eine nach der anderen abgehandelt. Wer dort Figuren stehen hat, darf mitkämpfen. Und vor allem: mitbieten, denn erst müssen sich alle überlegen, was sie genau machen wollen. Ihre gesamte Armee in der Region rituellen Selbstmord begehen lassen (und dafür Siegpunkte kassieren)? Eine Figur des Gegners gefangen nehmen? Ihre Ronins (Söldner) einsetzen? Oder über die Schlacht ein Gedicht schreiben und für jede gefallene Figur einen Siegpunkt bekommen? Nur der Gewinner jeder Kategorie darf diese ausführen und nach den ersten drei wird entschieden, wer gewonnen hat. Jede Figur ist grundsätzlich einen Punkt wert - es sei denn, vorher gekaufte Karten und Monster besagen etwas anderes. Der Gewinner der Schlacht fegt alle anderen Armeen aus der Region (außer die des Verbündeten) und gewinnt den Chip der Region. Je mehr unterschiedliche Chips man zum Ende besitzt, desto mehr Punkte gibt es.

Nachdem alle Kämpfe vorbei sind, müssen alle Spieler all ihr Geld und ihre Ronins abgeben. Dann beginnt die nächste Runde, es gibt Einnahmen, Bündnisse werden geschlossen, mehrere Aktionsphasen folgen, dann wird gekämpft - und das alles geht noch ein drittes Mal so. Und die meisten Punkte herrschen dann natürlich über Japan.

Fazit

Rising Sun ist wie Blood Rage ... so las man gerne im Vorfeld online über dieses Spiel. Gleicher Verlag, gleicher Autor, gleiche Packung, auch alles voll mit Ungeheuern und Armeen ... aber, mal ehrlich: Hört es nicht da schon auf? Obwohl, nee, hört es nicht. Beide Spiele können extrem unbalanciert sein. Das haben sie auf jeden Fall gemeinsam. Aber ansonsten finde ich (und meine Mitspieler auch): Die kann man nicht wirklich vergleichen.

Während sich Blood Rage im blutigen Weltuntergang weidet, herrscht bei Rising Sun ein bisschen mehr intrigantes Beobachten am Tisch. Bündnis ja oder nein? Und mit wem? Man will ja kein Königsmacher sein. Vielleicht doch lieber alleine spielen? Beides kann klappen, muss aber nicht. Rising Sun hat viele, viele Ebenen, aber jede Ebene ist so speziell, dass man sie sehr leicht nicht mögen kann. Wer z. B. keine Spiele mit Gebietskontrolle mag, ist hier fehl am Platz. Wer Spiele mag, in denen man ein richtiges Reich aufbauen muss, seine Grenzen permanent erweitert und das Gefühl bekommt, über etwas zu herrschen, sollte sich eine Partie auch zweimal überlegen. Was man hier tut, kann man fast Raubrittertum nennen. Man muss sich ständig auf andere Provinzen konzentrieren, denn der Endbonus für verschiedene gewonnene Provinzen ist sehr stark. Und da man bei der Aktionsauswahl nicht immer "Ernte" bekommt, wann man will (außer ein spezieller Clan), nützt es im Grunde nichts, sich immer in den gleichen Gebieten zu verschanzen. Daran muss man sich gewöhnen, denn Rising Sun suggeriert erst mal etwas anderes. Und dann noch: Wer keine Bietspiele mag, sollte gleich die Finger von Rising Sun lassen, denn das ist einer der wichtigsten Aspekte im Spiel. Der kann frustrieren, manchmal ersetzt der Mitspieler den fehlende Glückswürfel im Spiel und bietet sich einen zurecht, dass man sich fragt, ob er noch alle Tassen im Schrank hat.

Aber oft genug führt diese Bietrunde zu einem "Was denkt der andere wohl, was ich denke?"-Spielchen im Kopf und da geben sich sowohl Frust als auch Jubel regelmäßig die Hand. Das muss man mal erlebt haben, wenn sich alle "Was wäre wenn?"-Gedanken im Kopf tatsächlich bewahrheiten und man als eigentlich haushoch Unterlegener doch noch den Sieg davontragen konnte. Oder auch, wenn man komplett daneben lag. Ein Spiel voller Emotionen. Aber auch voller Niedertracht. Den Bündnispartner vor die Wand laufen zu lassen, wenn es einem selber gerade viel bringt, kann nicht jeder verkraften. Auch da sollte man sich eine Runde Rising Sun gut überlegen. Aber wie schon bei Blood Rage gibt es hier Dinge, die nicht gefallen und das sind:

  • Die Anzahl der Aktionen: Der Startspieler wird zu Spielbeginn festgelegt und wechselt nicht, und es gibt 7x die Aktionsauswahl pro Runde. Bei drei Runden macht das 21. Zu dritt geht es auf, zu viert, fünft oder sechst (mit Erweiterung) leider nicht mehr. Da hat der Startspieler (und manchmal auch die nächsten beiden) klare Vorteile, öfter den Bonus einer Aktion abgreifen zu können.
  • Kartenkombos: Es gibt Kartenkombinationen, die unglaublich stark sein können - wenn ein Spieler sie tatsächlich bekommen sollte. Allerdings hat man es im Gegensatz zum Wikinger-Drafting hier etwas schwerer, Karten den Gegnern vorzuenthalten. Man muss eher dran sein, man muss das nötige Kleingeld haben ... es muss nicht passieren, dass sich jemand mit perfekten Kombos eindeckt, aber es kann.

Rising Sun ist ein sehr spezielles Spiel, das eine spezielle Gruppe von Menschen braucht, damit es funktioniert. Alle müssen die oben genannten Mechanismen und negativen Dinge mögen oder zumindest tolerieren. Wenn man so eine Gruppe gefunden hat, wird aus Rising Sun ein tolles Spiel mit ordentlich viel Spannung, vielen Schreien (Jubel und Frust) und ganz nebenbei ist es auch eine Augenweide. Wirklich nicht für jeden etwas, aber wenn's funkt, dann funkt es richtig.

Rezension Christoph Schlewinski

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Rising Sun: 5,5 5,5, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 26.01.19 von Christoph Schlewinski - Ein Spiel für Leute, die nach einer Partie voller Diplomatie, Intrigen und Verrat noch miteinander reden können - und wollen.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 03.09.20 von Michael Kahrmann - Ein Wort: Super!

Leserbewertungen

Leserwertung Rising Sun: 6,0 6.0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 01.08.22 von Everest - Der Kampfmechanismus ist super. Die Implementierung des Aktionsauswahlmechanismus ist gelungen. Die Verhandlungen sind hart. Im Hinblick auf die temporären Teambildungen ist die Idealbesetzung bei vier Spielern zu sehen. Allein spielende Teilnehmer müssen in Runden mit ungerader Spielerzahl ein wenig hoffen, in der Politikphase die richtigen Aktionen zur Auswahl zu bekommen und im Spiel zu fünft ist der letzte in der Spielerreihenfolge in den ersten beiden Jahreszeiten weniger aktiv beteiligt. Alles in allem aber ein sehr gelungenes Bluff- und Mehrheitenspiel.

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