Rezension/Kritik - Online seit 02.06.2024. Dieser Artikel wurde 1859 mal aufgerufen.

Match of the Century

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Autor: Paolo Mori
Verlag: Deep Print Games
Rezension: Michael Andersch
Spieler: 2
Dauer: 40 - 60 Minuten
Alter: ab 10 Jahren
Jahr: 2023
Bewertung: 6,0 6,0 H@LL9000
6,0 6,0 Leser
Ranking: Platz 552
Match of the Century

Spielziel

Im Sommer 1972 kam es bei der Schachweltmeisterschaft in Reykjavik zum ultimativen Showdown zwischen dem US-Amerikaner Bobbie Fischer und dem amtierenden Weltmeister Boris Spasski aus der Sowjetunion. Im Zuge des Kalten Krieges wurde dieses Duell, das Fischer für sich entschied, zu einem Kampf zwischen den Systemen hochstilisiert und entwickelte sich sowohl auf sportlicher als auch auf politischer Ebene zu einem echten Thriller.
Das Ganze war zwar lang vor meiner Spielerzeit und mir bis dato unbekannt – aber was in echt spannend gewesen zu sein scheint und die Welt in Atem hielt, das kann ja auch im Spiel reizvoll sein.

Wir spielen den Matchkampf zwischen beiden nach – allerdings in einer Art stilisiertem Schachspiel und ohne die Schachregeln überhaupt kennen zu müssen. Im Grunde haben die Mechanismen überhaupt nichts mit Schach zu tun – es gewinnt, wer nach spätestens 11 Matches 6 Punkte errungen hat.

Ablauf

Beide Spieler haben ein individuell unterschiedliches Kartendeck. Jede Karte weist dabei einen Wert von 1-5 in weiß und 1-5 in schwarz auf, wobei die Werte oft gegensätzlich sind (ist eine Karte „gut“ in weiß, dann ist sie meist weniger gut in schwarz und umgekehrt). Außerdem haben alle Karten neben dem Zahlenwert noch einen Effekt, welcher umso mächtiger ist, je höher der Kartenwert ist.

Die Spieler spielen mehrere Matches, wobei jedes Match eine Schachpartie des damaligen Weltmeisterschaftskampfes darstellt und aus bis zu 4 Angriffen besteht.

Spasski beginnt mit weiß, sprich es gelten die weißen Seiten seiner 6 Handkarten. Fischer startet mit 7 Karten und folglich mit deren schwarzen Seiten.
Wer die Initiative hat (zu Beginn eines Matches jeweils Spieler weiß) beginnt und führt den ersten Angriff aus. Dazu legt er eine Karte in einen der 4 Angriffsabschnitte und kann diese Karte mit bis zu 2 Bauern verstärken, welche den Kartenwert jeweils um 1 erhöhen.
Der Gegner reagiert und spielt seinerseits eine Karte in denselben Abschnitt, ebenfalls mit bis zu 2 Bauern verstärkt.
Wer nun den niedrigeren Gesamtwert hat, der darf den Effekt seiner Karte ausführen – und diese Effekte sind oftmals ziemlich mächtig. Beispielsweise erhält man neue Handkarten oder Bauern, steigert die eigene „Verfassung“ oder senkt die des Gegners - oder nervt den Mitspieler auf andere Art.
Wer den höheren Gesamtwert hat, der bewegt den Vorteilsmarker auf der Vorteilsleiste um 1-4 Felder zu sich - je nachdem, in welchem Abschnitt gespielt wurde und hat die Initiative für den nächsten Angriff.
Bei Gleichstand passiert nichts – Karten und Bauern sind „verschwendet“, aber die Initiative wechselt.

Wer nach maximal 4 Angriffen den Marker auf seiner Seite hat, gewinnt das Match und setzt seinen König um ein Feld weiter auf der Wettkampfleiste. Gleiches gilt, falls man schon vor dem vierten Angriff uneinholbar vorne liegt oder der Gegner vorher aufgibt, was bisweilen auch eine gute Option sein kann.
Bei einem ebenfalls möglichen Remis bewegen beide Spieler ihren König.

Vor dem nächsten Match werden alle gespielten Karten und Bauern abgeräumt, es wechselt der weiße König (der keine andere Funktion hat außer anzuzeigen, wer gerade mit weiß spielt) und beide Spieler erhalten gemäß ihrer körperlichen Verfassung neue Bauern, Handkarten und – bei sehr guter körperlicher Verfassung – sogar einen Startvorteil für das nächste Match.

Es gewinnt insgesamt, wer zuerst 6 Matches gewonnen hat. Sollte das Rennen eng sein und eventuell sogar im letzten und entscheidenden elften Match ein Remis das Ergebnis sein, dann gewinnt Spasski als Titelverteidiger.

Fazit

Ich muss zugeben, dass mich Match of the Century von Anfang an sehr angemacht hat. Zwar habe ich – wie eingangs beschrieben – zuvor noch nie etwas von diesem Wettkampf und die damaligen offensichtlich sehr aufregenden Ereignisse gehört, aber da ich einige andere kompakte 2-Personen-Spiele mit historischem Bezug gut (13 Minuten, 13 Tage, Hochverrat) bis extrem gut (Watergate) finde und auch die mir bekannten 2er-Spiele von Paolo Mori sehr mag, war auch mein Interesse an diesem Spiel geweckt.

Um mich einzustimmen, habe ich vor der ersten Partie zunächst das beigefügte Heftchen mit Hintergrundinformationen gelesen, welches umfangreicher ist als das eigentliche Regelheft und welches ich durchaus spannend fand.

Das Spiel selbst erinnerte mich dann tatsächlich etwas an Watergate: Es ist asymmetrisch, man muss in mehreren Einzelpartien Marker auf seine Seite bekommen, erhält ggf. Vorteile für die Folgepartien, und – ich nehme es vorweg – es ist insgesamt super spannend, und dies bereits von Anfang an. Dies scheint mir generell etwas zu sein, was der Autor drauf hat - auch bei Winziger Weltkrieg und Caesar - Erobere Rom in 20 Minuten ist das so.


Nicht nur, dass man nicht weiß, was der Gegner an Werten so auf der Hand hat – selbst wenn man einen Angriffsabschnitt gewinnt, kann der Effekt des Gegners schon etwas unerfreulich sein. Oder man lässt den Gegner einen Abschnitt gewinnen, um selbst den Effekt der eigenen Karte anwenden zu dürfen? Allerdings gerät man dann womöglich auf der Vorteilsleiste ins Hintertreffen, und wer weiß, ob man sich daraus nochmals befreien kann?
Die Initiative kann sehr gut sein, wenn man die entsprechenden Karten plus Bauern zur Verstärkung zur Verfügung hat – denn dann ist der Abschnitt mit seinem Vorteil gewonnen, und Schritte auf der Vorteilsleiste bringen ja den Matchsieg. Vielleicht aber hat man auch zu viel rausgehauen, Bauern verschwendet… und der Gegner unterliegt zwar an diesem Abschnitt, bekommt aber noch nen tollen Karteneffekt und hat seine "dicken" Karten für die restlichen Abschnitte des Matches gespart?
Manchmal ist es daher auch gut, zu reagieren - eine stete Ungewissheit ist da im Spiel.
Vielleicht gibt man ein Match sogar gewollt verloren – sei es, weil man dadurch Karten aufspart, die im nächsten Match aufgrund des Farbwechsels schwarz <-> weiß viel höhere Werte haben?

So ergibt sich insgesamt ein spannendes Belauern und Taktieren.
Die Spielmechanik als solche weckt zwar kein Schachfeeling in mir, aber die absolut gelungene Ausstattung mit wertigen Bauern und Königen (rein technisch hätten es da auch schnöde Holzwürfelchen getan), die Optik des Spielbretts und die Kartentexte ziehen mich in Kombination mit den beigefügten Hintergrundinformationen durchaus in die Geschichte hinein.
Dafür auf jeden Fall 2 Daumen nach oben!

Daumen hoch gilt auch für die Anleitung – knapp, präzise, keine Fragen offenlassend – sowie die Kartentexte und die Symbolik.

Somit kann ich dieses Spiel jedem wärmstens empfehlen, der Lust auf ein knackiges 2-Personenspiel mit oder ohne historisches Setting hat. Bei mir kommt es sicherlich noch ganz oft auf den Tisch und zählt – was kompakte 2er-Spiele anbetrifft – zu meinen Top 5 (die anderen sind neben dem bereits erwähnten Watergate noch Schottentotten, Ballon Cup und Caesar – Erobere Rom in 20 Minuten).

Rezension Michael Andersch

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Match of the Century: 6,0 6,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 06.06.24 von Michael Andersch - Super spannendes 2-Personen-Spiel mit toller Aufmachung. 40-60 Minuten wie angegeben dauert es aber üblicherweise nicht - eher so um die 25-30.

Leserbewertungen

Leserwertung Match of the Century: 6,0 6.0, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 28.05.24 von Koeppquist - Ein Kracher für 2 Personen, der nicht nur aufgrund des Hintergrundthemas bei eigentlich einfachem Spielablauf viele strategische Überlegungen erfordert.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.06.24 von Hans Huehnchen - Thematisch klasse, sehr gut ausgestattet und ein absolut spannendes Duell. Großartig!

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