Rezension/Kritik - Online seit 23.06.2024. Dieser Artikel wurde 1219 mal aufgerufen.

Planta Nubo

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Autor: Uwe Rosenberg
Andreas Odendahl
Michael Keller (II)
Verlag: The Game Builders
Rezension: Franky Bayer
Spieler: 1 - 4
Dauer: 30 - 120 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Jahr: 2023
Bewertung: 5,0 5,0 H@LL9000
5,5 5,5 Leser
Ranking: Platz 1069
Planta Nubo

Spielziel

Jetzt ist es tatsächlich passiert! Mit grenzenloser Gier und gedankenlosem Handeln haben wir unsere Heimat, unseren ehemals schönen blauen Planeten zerstört. Als es dann fast zu spät war, haben uns die Bäume gerettet. Als wüssten sie, welche Stunde geschlagen hat, bieten sie in ihren Baumkronen, hoch über der verbrannten Erde, Platz für wolkige Gärten, in denen wir jetzt energiereiche Blumen züchten können, die uns Energie und Boden für Wälder liefern. Wenn wir es nun geschickt anstellen, können wir neuen Sauerstoff herstellen und die Erde wieder bewohnbar machen.

Ablauf

Eines müssen wir uns dabei aber bewusst sein: es ist richtig viel Arbeit, welche da auf uns wartet! Anfangs ist unsere eigene Plattform noch recht leer, nur vereinzelt ist auf einigen Feldern Kompost zu finden. Rund um die Plattform verläuft unser Energiekreislauf, der wenigstens mit zwei Startmodulen ausgestattet ist. In unserem persönlichen Werkshäuschen befinden sich noch keine Frachtcontainer, weshalb wir dort auch noch keine Blumen lagern können. Zumindest wissen wir durch zufällig zugeteilte "Voraussetzungsplättchen", was wir anstellen müssen, um unseren Arborlevel allmählich zu steigern.
Um die bevorstehenden Arbeiten zu erledigen, stehen uns vier verschiedene Werkzeuge - Schaufel, Hammer, Schraubenzieher und Schraubenschlüssel - zu Verfügung. Die Arbeiten selbst befinden sich auf sogenannten Blaupausen, welche zusammen mit den Beetaktionsplättchen in sechs Farben die Aktionsspielfläche bilden.
Jede Runde beginnt mit einer Werkzeugphase. In Schritt 1 setzen wir der Reihe nach eines unserer Werkzeuge auf einen freien Platz zwischen 2 Plättchen der Aktionsspielfläche ein, vorausgesetzt an keinem der beiden angrenzenden Plättchen liegt bereits ein Werkzeug derselben Art. Danach nutzen wir die möglichen Aktionen eines der beiden Plättchen.
Nutzen wir ein Beetaktionsplättchen, nehmen wir das dort zuoberst liegende Beet, platzieren es in unserer Plattform und stellen so viele Würfel - die "Blumen" - in der entsprechenden Farbe drauf, wie das Plättchen Felder aufweist (3 bis 5).
Ist es hingegen eine Blaupause, führen wir die darauf angegebenen Aktionen aus. Es gibt eine Menge unterschiedlicher Aktionen, weshalb wir uns hier an dieser Stelle nur mit den wichtigsten Aktionen beschäftigen wollen.
Die wichtigste Aktion ist zweifellos die Lieferung von Blumen zum Lufthafen. Das gewählte Aktionsplättchen gibt an, wie viele Lieferaktionen wir zu wie vielen unterschiedlichen Frachtcontainern des Lufthafens durchführen können. Dies beschert uns Energie, was so viel bedeutet, dass wir unseren Würfel entsprechend viele Felder auf unserem Energiekreislauf im Uhrzeigersinn bewegen dürfen. Jede Ausbaukarte, die dabei passiert wird, erhält dadurch einen neuen Marker. Bei einem Aktionsmodul ist dies ein Standby-Marker, bei einem Speichermodul hingegen ein Batteriemarker.
Die Aktion "Pflanze Wald" kann erst dann durchgeführt werden, wenn ausreichend viele Beete platziert und deren Blumen soweit entfernt wurden (entweder zum Lufthafen geliefert oder in die persönlichen Frachtcontainer verfrachtet), sodass nun Waldplättchen vollständig darauf Platz finden. Mit der Aktion "Wald wächst" kann ein Waldplättchen auf die vorteilhaftere Rückseite gedreht werden.

Weitere Aktionen der Blaupausen: einen persönlichen Frachtcontainer nehmen, unseren Gartenbot aufladen, eine Modulaktion einer Ausbaukarte durch Abgabe eines Standby-Markers aktivieren, eine Barriere auf unserem persönlichen Tableau entfernen (schafft mehr Platz für Beetplättchen), unseren Arbor aufwerten, wenn wir die geforderte Bedingung erfüllen, u. v. m.

In Schritt 2 dürfen wir anschließend unsere persönlichen Frachtcontainer beliefern, sofern wir welche in unserem Werkshäuschen besitzen. Und selbst wenn, ist dabei die Reihenfolge fix vorgegeben, nämlich von links nach rechts immer nur eine passende Blume pro Container. Dies bringt uns wieder Energie für unseren Energiekreislauf ein.
Schritt 3 schließlich beschert uns eine freie Modulaktion. Wir geben - falls vorhanden - einen Standby-Marker einer Ausbaukartte oder einer Ausbauwerkstatt ab, um die damit verbundene Aktion auszuführen. Besonders erwähnenswert sind an dieser Stelle jene Aktionen, mit denen wir neue Ausbaukarten erhalten, die wir an beliebiger Stelle an unserem Energiekreislauf anlegen dürfen.
Die Werkzeugphase endet, sobald wir drei unserer Werkzeuge eingesetzt haben. Das verbliebene vierte Werkzeug bestimmt in der darauffolgenden Handwerksphase durch vier ausliegende Handwerksplättchen, welche Bonusaktion wir durchführen dürfen. Auf diese Weise genutzte Handwerksplättchen weren anschließend abgeworfen und durch neue ersetzt, nicht genutzte Plättchen erhalten hingegen eine kleine Aufwertung.
In der Waldphase dürfen wir dann einen Wald pflanzen oder wachsen lassen, genau so wie bereits weiter oben beschrieben. Die Einkommensphase beschert uns schließlich - vor allem durch aufgewertete Wälder und erreichte Arbor-Level - grüne Energie und Sauerstoffpunkte.
Bevor eine neue Runde beginnt, nehmen wir unsere vier Werkzeuge zurück, verschieben den Teleskop-Marker ein Feld weiter, um die nächste Runde anzuzeigen, legen einige Ausbaukarten ab und füllen die leergewordenen Plätze in der Auslage wieder auf.
Nach der vierten Runde endet die Partie, und in einer Schlusswertung ermitteln wir unsere Sauerstoffpunkte (hier das Äquivalent für "Siegpunkte"). Nun bekommen wir Punkte für unsere ausgewachsenen Wälder, für Blumen in bestimmten Blumentöpfen, verbliebene Standby-Marker auf Ausbauwerkstätten, für jene "Oxyfarmen" (ein Typ Ausbaukarten), deren Bedingungen wir erfüllen konnten, sowie für verbliebenes Spielmaterial laut gewähltem Handwerksplättchen. Haben wir insgesamt die meisten Sauerstoffpunkte gesammelt, hat sich unsere Arbeit bezahlt gemacht, und wir werden als Retter der Menschheit gefeiert.

Fazit

Planta Nubo ist aus mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. So stellt das Spiel eine Zusammenarbeit dreier namhafter Spieleautoren dar. Mike "MiKe" Keller und Andreas "Ode" Odendahl haben schon für La Granja kooperiert und haben alleine auch schon einige Kenner- und Expertenspiele herausgebracht. Uwe Rosenberg kennen wir ohnehin, spätestens seit seinem vielfach prämierten Agricola. Alle drei kennen sich also aus mit anspruchsvollen Spielen im gehobenen Segment. Wer von ihnen was für Planta Nubo beigesteuert hat, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis, ich nehme aber mal an, dass Uwe Rosenberg für die Form der Beetplättchen ("Polyominos") verantwortlich ist.

Auch die Spielgeschichte ist nicht alltäglich. Sicher: Weltuntergangsszenarien sind gerade in letzter Zeit (warum wohl?) wieder groß in Mode. Hier wird aber eine positive Botschaft beigefügt, nämlich dass die Menschheit mit Fleiß und mit Einbeziehung der Natur noch eine Zukunft auf diesem Planeten hat. Damit wird eine neue Gattung geschaffen: der sogenannte "Solarpunk". Unterstützt wird das gesamte Projekt auch literarisch, indem mehrere Autoren in einer extra erschienenen "Solarpunk-Anthologie" Geschichten aus dieser neuen Welt - "Overgrown" genannt - erzählen.
Mich als Spieler tangiert dies allerdings nur peripher, vielmehr interessieren mich die im Spiel beinhalteten Mechanismen und deren Verzahnung. Werfen wir daher einen etwas genaueren Blick auf die wesentlichen Elemente.

Den Hauptmechanismus bildet der Arbeitereinsatz, denn in jedem Zug setzen wir eines unserer vier zur Verfügung stehenden Werkzeuge ein, um eine Aktion durchzuführen. Interessanterweise platzieren wir ein Werkzeug dabei nicht direkt auf ein Aktionsfeld, sondern zwischen zwei Aktionsfeldern und wählen eines davon aus. Einmal pro Spielrunde dürfen wir "Überstunden" machen und beide Aktionen ausführen, jedoch nur dann, wenn wir dafür unseren Gartenbot um 2 Stufen entladen.
Die Platzierung unseres Werkzeug hat dabei zwei Auswirkungen. Einerseits besetzen wir damit eines der möglichen Einsetzfelder, das unseren Mitspielern dadurch nicht mehr zur Auswahl steht. Andererseits beeinflusst auch die Art des gewählten Werkzeugs unmittelbar unsere Mitspieler, denn alle an ein Werkzeug grenzenden Aktionsplättchen sind daraufhin für Werkzeuge derselben Art tabu. Dies alles will wohlüberlegt sein, vor allem weil wir zumeist das verbliebene Werkzeug für eine passende Handwerksaktion einplanen wollen.
Die Aktionen folgen einer logischen Reihe: Wir pflanzen Blumen, indem wir Beetsplättchen platzieren. Die auf diese Weise erhaltenen Blumen wollen wir möglichst schnell abernten, indem wir sie einerseits zum Lufthafen liefern oder in einen persönlichen Frachtcontainer stecken. Beides bringt uns Energie, welches unseren Würfel auf dem Energiekreislauf vorwärtsbringt und positive Effekte aktiviert, und schaft gleichzeitig Platz auf den Beeten, um darauf Wälder - wichtige Punktelieferanten - platzieren zu können.
Dies alles bietet bereits ausreihend Raum für taktische Überlegungen, erfordert gutes Timing und geschicktes Vorgehen. Klugerweise werden uns allen in der Vorbereitung zufällig gezogene Arborlevel zugeteilt. Dies erleichtert den Einstieg, weil wir uns schon auf die von diesen geforderten Bedingungen einstellen können. Gleichzeitig sorgt dies dafür, dass sich unsere Interessen von Beginn an etwas unterscheiden.
Auch die Startmodule schaffen unterschiedliche Prioritäten. Im Laufe des Spiels erhalten wir weitere Ausbaukarten. Die meisten Ausbaukarten sind Module, die wir entweder mit einer Aktion durch Abgabe eines Standby-Markers nutzen können, oder - im Falle von Speichermodulen - einen Zusatznutzen, den wir jedes Mal dann erhalten, wenn wir die angegebene Aktion ausführen. Je mehr Batterien wir in einem Speichermodul angesammelt haben, umso öfter profitieren wir von entsprechenden Zusatznutzen.
Die zweite Art von Ausbaukarten sind die Oxyfarmen, welche uns am Spielende jede Menge Sauerstoffpunkte einbringen sollen. In der ersten Runde liegen bloß zwei Oxyfarmen auf dem Spielplan aus. Mit jeder Runde erhöht sich aber die Anzahl der Oxyfarmen, während jene der Module sinkt (die Art und Weise dafür ähnelt jener von Die verlorenen Ruinen von Arnak). Gerade die Module und Oxyfarmen bringen strategische Überlegungen ins Spiel, sodass sich unterschiedliche Vorgehensweisen, völlig verschiedene Wege zum Sieg bieten.
Wir sehen schon: Planta Nubo ist sehr verzahnt, die einzelnen Spielelemente stark miteinander verwoben. Es gibt jede Menge Details, unzählige Kleinigkeiten, die wir hier im Rahmen dieser Rezension gar nicht alle anführen können. Planta Nubo gehört mit Sicherheit zu den Expertenspielen und stellt schon eine gewisse Herausforderung dar. Auch für Erklärbären, seinen Mitspielern die etwas komplexeren Spielmechanismen einigermaßen verständlich rüberzubringen.

Das Spielmaterial meiner im Laden erhältlichen Version ist recht ansprechend, mit vielen stabilen Plättchen, diversen Holzteilen (Blumenwürfel, Marker, etc.) und einer attraktiven grafischen Gestaltung, für die Lukas Siegmon verantwortlich zeichnet. Meine allererste Partie führte ich aber bei einem Spielefest durch. Dort gab es eine aufgepimpte Version mit allerlei Plastikteilen aus dem 3D-Drucker für die praktische Unterbringung des gesamten Materials in genau dafür zugeschnittenen Schälchen und Boxen. Für den Spielspaß reicht allerdings auch die "normale" Ausgabe.
Alles in allem ist Planta Nubo ein Spiel, das ich jedem Liebhaber komplexer, verzahnter Expertenspiele nur empfehlen kann. Es lohnt sich, in die faszinierende Welt von "Overgrown" einzutauchen und zu versuchen, die Welt durch das Anlegen von Beeten, das Liefern von Blumen und das Pflanzen von Wäldern ein wenig lebenswerter zu machen.

Rezension Franky Bayer

Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.

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H@LL9000-Bewertungen

H@LL9000 Wertung Planta Nubo: 5,0 5,0, 1 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 29.04.24 von Franky Bayer - Herausforderndes Expertenspiel, das in einer postapokalyptischen Welt (Overgrown) spielt. Sehr verzahnt, für mich eine 5+, also sehr, sehr nahe an der Höchstnote.

Leserbewertungen

Leserwertung Planta Nubo: 5,5 5.5, 2 Bewertung(en)

Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 24.06.24 von Jörn - Nachdem den Zugang dazu gefunden hat,eine echte Perle mit gehörigem Gehirnschmalz.
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz Kommentar
Aufmachung Spielbarkeit Interaktion Einfluss Spielreiz 02.07.24 von Meeplestilzchen - Beim Rondellmechanismus denke ich an ode, beim Großteil an Uwe Rosenberg, aber Michael Keller suche ich tatsächlich etwas (ohne ihm zu Nahe treten zu wollen, dafür kenne ich nichts groß von ihm, man kann ja auch nicht alles kennen). Vielleicht die Kettenzüge? ich weiß es nicht... dafür, dass Uwe hier kaum Hand angelegt haben soll, spüre ich beim Spielen tatsächlich sehr viel von ihm und ich habe ausnahmslos jeden \"Großen Rosenberg\" mehrfach gespielt. Das Spiel hat viel negative Kritik einstecken müssen, ich verstehe auch warum, aber aus meiner Sicht ist es ein schöner Hirnzwirbler mit tollen Kettenreaktionen welche man immer möglichst optimal auslösen möchte. Dazu dieser originelle Aktionsauswahlmechanismus den ich so noch nicht gehen habe. Wie gestalte ich das Rondell, wie schaffe ich es, dass ich hierfür immer die Kosten bezahlen kann? Wie optimiere ich meine Blumenzucht und den Verkauf? Am besten kann ich das Spiel als einzelne Zahnräder beschreiben, die schön ineinander greifen und stimmig wirken. Für mich eines der Highlights aus dem letzten Jahrgang. Und das Thema? Nun... als (Hauptinteressengebiet) Expertenspieler suche ich Spiele nicht in erster Linie danach aus, weil es so schön aussieht oder wundervoll thematisch ist. In erster Linie interessieren mich die Mechanismen und hier orientiere ich mich mittlerweile sehr nach Autorin oder Autor. Wenn alles gut zusammen passt - umso besser, aber in erster Linie zählen für mich die Mechanismen und hier hat Planta Nubo mich voll überzeugt. Man hat versucht ein gut verzahntes Expertenspiel mit einem interessanten Thema zu erschaffen und dies ist, meiner Meinung nach, gut gelungen! Ja, ja... da spricht der Fanboy, aber es ist nun mal so.

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