Spielziel
Eschnapur – da gab es doch mal einen Tiger aus dieser Stadt; ältere Mitspieler erinnern sich noch an den Vierteiler im Fernsehen. Damit hat das vorliegende Spiel gar nichts zu tun. Vielmehr geht es um den möglichst gewinnbringenden Bau unseres Palastes. Na, dann lassen wir mal den Tiger raus!
Ablauf
8 Palastteile werden ausgelegt; diese befinden sich im Bau und jeder Spieler versucht, zu diesem Vorhaben möglichst viele Bausteine beizusteuern und gleichzeitig immer dort mitzuwirken, wo es Siegpunkte gibt. Dazu erhält jeder Spieler seine Bauplatzkarten, sein Geld – auch als Karten und im Wert von 0 bis 5 - und sein Tableau, auf dem die verschiedenen Phasen des Spiels vorbereitet und abgehandelt werden.
In jeder Runde werden nun folgende Phasen durchschritten:
• Jeder Spieler legt verdeckt 2 Baukarten und 5 Geldkarten (Bestechungsgeld!) für die hohen Beamten auf seinem Tableau aus.
• Die ersten 4 Geldkarten werden einzeln aufgedeckt; der Gewinner darf das Privileg der Karte nutzen, alle anderen Geldkarten bleiben offen
auf dem Tableau der Spieler liegen. Folgende Privilegien werden ermittelt:
- Eine verdeckte Goldkarte eines Mitspielers wird blockiert; diese Karte darf in dieser Runde nicht genutzt werden.
- Der Baustoppmarker wird auf ein Palastteil gesetzt, auf dem in dieser Runde nicht gebaut werden darf.
- Je nach Geldkarte erhält jeder Bausteine, die er auf seinem Tableau ablegt.
- Die Spielerreihenfolge wird neu festgelegt.
• Bausteine verbauen und möglicherweise Prämien kassieren
• Der Gewinner des 5. Privilegs entfernt einen letzten Stein in einem Palastteil und legt ihn in einen anderen
Grundsätzlich gilt beim Aufdecken der Geldkarten: Bei einem Gleichstand unter den Höchstbietenden gewinnt jeweils die nächstniedrigere Karte. Gibt es auch hier Gleichstand, gewinnt kein Spieler und das mögliche Privileg wird zur Seite gelegt. Bei der Verteilung der Bausteine wird die Gleichstandsregel modifiziert: Jede Goldkarte, die unter den Spielern nur einmal vorkommt, bekommt die darauf notierten Bausteine. Wird ein Wert mehrfach gespielt, wird sein Wert halbiert und aufgerundet.
Und schon sind wir bei den Wertungen:
- Prämien: Wird beim Einsetzen der Bausteine ein Feld belegt, auf dem ein Goldbeutel abgebildet ist, erhält jeder Spieler, der Bausteine in diesem Teil des Palastes hat, sofort Goldkarten im Wert von 3 (dabei kann sich jeder Spieler reihum in der Bank bedienen – solange dort Geld liegt!)
- Privilegien: Die Werte aller Goldkarten, die am Ende einer Runde vor dem Spieler liegen (also nicht zum Einsatz kamen), werden nun addiert und auf der Siegpunktleiste mit dem Privilegmarker angezeigt. Es sind dies Privilegpunkte, mit denen besondere Privilegkarten (z. B. zusätzliche Bausteine, freie Bauplatzwahl, Karten aus der Hand spielen) gekauft werden können.
- Für Palastteile, die am Ende einer Runde ganz mit Bausteinen gefüllt sind, gibt es nun Gold für jeden, der hier mit mindestens einem Baustein vertreten ist, und Siegpunkte - je nachdem, welches Feld sein letzter Baustein zudeckt. Je später der Stein gesetzt ist, um so mehr Siegpunkte gibt es. Zusätzlich gibt es noch je einen Punkt für jeden Stein der eigenen Farbe.
Das Spiel endet je nach Spieleranzahl nach der Fertigstellung des 4. bis 6. Palastteils. Alle fertigen Palastteile werden abgerechnet. Dann gibt es noch Siegpunkte für jene Spieler, die mit ihrer Privilegscheibe am weitesten vorne sind; und schon steht fest, wer diesmal gewonnen hat und als bester Baumeister ausgezeichnet wird.
Fazit
Der Palast von Eschnapur gefällt mir gut. Der Ablauf ist logisch aufgebaut und nach einer kurzen Einlernphase ohne Probleme zu meistern. Bekannte Spielzüge sind bunt und gut zusammengemischt.
Interessant finde ich die Kombination der Siegpunkt- und Privilegienleiste; eine einfache, aber auch geniale Lösung dafür, dass man auf einer Leiste zwei Dinge widerspiegeln will.
Die Privilegkarten, die es aufgrund der Punkte für die nicht eingesetzten Geldkarten gibt, können einem gute Vorteile einbringen. Nachdem man diese nur in bestimmten Phasen und auch nur einmal im Spiel einsetzen darf, muss man auf die Mitspieler achten, damit sie einem die Karten nicht vor der Nase wegschnappen. Ein Abwägen zwischen dem möglichen Vorteil einer Karte und zusätzlichen Siegpunkten am Ende des Spiels ist nicht zu vernachlässigen.
Siegpunkte gibt es hauptsächlich für die Beteiligung an den jeweiligen Bauteilen. Das Errechnen der Siegpunkte ist leicht und interessant gelöst. Überall mit dabei zu sein ist aufgrund des Spiel-Endes nicht nötig, jedoch sollte man tunlichst darauf achten, dort seine Bausteine zu setzen, wo auch gewertet wird. Dies scheint auch jedem logisch, doch springen manche Mitspieler leider einer anderen Logik hinterher als man selbst.
Den eigenen Geldvorrat und auch die Aufteilung der Karten gut im Blick zu behalten, ist ratsam. Der Geldnachschub kann ins Stocken geraten, wenn mit der Wertung eines Palastteils länger gewartet wird. Da werden die Geldkarten mit dem Wert 0 immer wieder ganz sinnvoll sein; sie bringen zwar keine direkten Vorteile, damit können aber Geldkarten „gespart“ werden.
In diesem Zusammenhang sollte auch die Spielerreihenfolge nicht außer Acht gelassen werden: Als Erster hat man einfach noch mehr Möglichkeiten, bestimmte Dinge zu tun. Manch einem ist es jedoch lieber, einfach mal abzuwarten und am Ende des Feldes reagieren zu können. So hängt es an jedem Spieler, wie er dieses Spiel taktisch angeht. Dabei entwickelt sich jedes Spiel anders und man ist gefordert, seine Taktik auch während des Spiels umzustellen.
Das Spiel wird für 2 bis 4 Spieler angeboten. Für zwei Spieler gefällt es mir weniger, am besten in Vollbesetzung. Dabei wird jeweils erst am Ende einer Partie klar, wer den Sieg davonträgt. Strategisches Denken und Handeln ist möglich, aber nicht immer zielführend. Schön bleibt das Spiel, wenn nicht gegrübelt, sondern einfach aus dem Bauch heraus gespielt wird.
Die verschiedenen Privilegien können ziemlich lästig sein; nachdem es aber unmöglich ist, alle Privilegien immer für sich zu nutzen, muss man manchmal einfach die Bosheiten der Mitspieler über sich ergehen lassen, um es bei nächster Gelegenheit in selber Manier zurückzuzahlen – immer mit dem Blick darauf, wer einem am Sieg hindern könnte.
Das 5. Privileg hat schon manchmal entschieden, welche Palastteile beendet worden sind und welche nicht. Aber nicht das 5. Privileg entscheidet das Spiel, sondern die Fähigkeit, zum richtigen Zeitpunkt das Richtige zu tun. Ein richtiger Satz – leider ist diese Vorgabe aber nur bedingt umsetzbar, weil es neben den taktischen Feinheiten auch genügend Raum für das Glück gibt.
Ich finde solche Spiele, in denen man immer wieder neu überlegen muss, was im Augenblick das Wichtigste ist, gelungen. Daraus entsteht das ständige Dilemma, sich für das eine und gegen das andere entscheiden zu dürfen bzw. zu müssen. Und am Ende gewinnt nicht unbedingt der bessere Taktiker, sondern der Spieler mit dem besten Riecher für die Situation – und das kann eben nur ein echter Tiger!
Rezension Alfons Leierseder
Anmerkung: Zur besseren Lesbarkeit der Texte verwenden wir häufig das generische Maskulinum, welches sich zugleich auf weibliche, männliche und andere Geschlechteridentitäten bezieht.